Kardinal Woelki: Christlicher „Schatz an Worten und Geschichten“ dient „Herzensbildung“

Kardinal Rainer Maria Woelki
Erzbistum Köln / Reiner Diart

Bei einer Messfeier im Rahmen der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz hat der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki auf den christlichen „Schatz an Worten und Geschichten“ verwiesen, der „vor allem für eine Herzensbildung“ gut sei, „die heute notwendiger denn je scheint“.

„Ich meine, gerade wir Christen sollten niemandem unsere Geschichten vorenthalten“, betonte Woelki am Mittwochmorgen im Fuldaer Dom. „Geschichten bilden. Wenn es gute Geschichten sind, prägen sie Menschen ein Bild ein. Das Bild des barmherzigen Gottes etwa. Nach diesem Bild hat Gott die Menschen geschaffen.“

In seiner Predigt würdigte Woelki besonders die Weisheitsliteratur. „Die Weisheit, die in der Lesung so hochgepriesen und gelobt wird, sie offenbart sich in vielerlei Facetten: berufliche Fertigkeiten z. B., die in Schulen vermittelt wurden, zeitgemäße naturwissenschaftliche Erkenntnisse, Wissen, das zu einem gelungenen, Glück verheißenden Leben anleitet und noch mehr.“

Hinter all dem stehe aber „eine weisheitliche, göttliche Schöpfungsordnung, die es zu erfassen gilt. Das ist die Grundüberzeugung. Wer diese Weisheit erkennt, tritt quasi ein in ein Gespräch mit Gott. Wer in die Erforschung der Weisheit eintaucht, wer sich somit selbst Weisheit erwirbt, der vermag dadurch auch die Freundschaft Gottes zu erlangen.“

„So bezeugt das unsere Lesung heute“, sagte der Kölner Erzbischof. „Wer den Willen Gottes befolgt, bleibt in der Liebe Gottes. Der hat Gemeinschaft mit Ihm. So bezeugt es auch das Evangelium des heutigen Festtages. Denn Gott ist die Liebe – und die Weisheit schlechthin, das ist Christus selbst, der Logos.“

„Die hl. Lioba, deren Fest wir hier und heute in Fulda feiern, hat der Liebe zur göttlichen Weisheit ihr Leben gewidmet“, hielt der Kardinal fest. „Schon ihr gotischer Spitzname – die Liebende, die Geliebte – deutet auf diese tiefe Beziehung, in der sie sich mit Gott verbunden wissen wollte, hin.“

Nach ihrer Zeit in einem Kloster im heutigen England, wo sie „umfassende Bildung und Weisheit“ erworben habe, sei sie im Jahr 735 „dem Wunsch des hl. Bonifatius“ gefolgt, „gemeinsam mit ihm und seinen Gefährten im Gebiet des heutigen Deutschlands zu missionieren. In erster Linie geschah diese Art Mission durch die Ermöglichung von Bildung.“

Bildung bedeute dabei, „das Bild Gottes, das jeder Mensch sein soll, wieder zum Vorschein zu bringen“, erläuterte Woelki. „Dazu ‚muss die Seele etwas Bildliches haben‘. Etwas, woran sie sich orientieren kann. Bildung entsteht aus den Bildern, die man Menschen vor Augen stellt. Sogar mit Worten kann man Bilder malen. Geschichten erzählen.“

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Bildung erfolge also dort, „wo wir Menschen Geschichten erzählen. Geschichten, die zeigen, wie Menschen gut miteinander leben. Geschichten davon, wie Jesus mit den Menschen umgegangen ist. Aber auch Geschichten von Menschen, die gelebt haben, wie er es vorgemacht hat. Solche Geschichten bilden nicht nur den Verstand, sondern auch das Herz.“

Die Herbst-Vollversammlung der deutschen Bischöfe, die am Montagnachmittag ihren Anfang nahm und noch bis Donnerstagnachmittag andauert, steht im Zeichen der vierten Synodalversammlung des Synodalen Wegs Anfang September. Mehrere Texte, die eine Kehrtwende in der überlieferten kirchlichen Lehre fordern, wurden mit Zwei-Drittel-Mehrheiten unter den Bischöfen verabschiedet.

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