Woelki nimmt Auszeit: Bischof Bätzing und ZdK hadern mit der Entscheidung des Papstes

Bätzing: "Entscheidungen aus Rom werden sehr kontrovers diskutiert werden" – Weihbischof Ansgar Puff: "Für mich ist das kein 'Weiter so!'" – Weihbischof Schwaderlapp: "Will ein Jahr lang als Priester und Seelsorger in Kenia wirken"

Thomas Sternberg (links) und Bischof Georg Bätzing
Thomas Sternberg (links) und Bischof Georg Bätzing
Rudolf Gehrig / CNA Deutsch // Bistum Limburg
Kardinal Woelki weiht Georg Bätzing zum Bischof am 13. September 2016.
Kardinal Woelki weiht Georg Bätzing zum Bischof am 13. September 2016.
Bistum Limburg
Die Kopfbedeckung in der Hand: Bischof Georg Bätzing bei seiner Audienz bei Papst Franziskus am 24. Juni 2021
Die Kopfbedeckung in der Hand: Bischof Georg Bätzing bei seiner Audienz bei Papst Franziskus am 24. Juni 2021
Vatican Media
Kardinal Rainer Maria Woelki
Kardinal Rainer Maria Woelki
Jochen Rolfes / Erzbistum Köln

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat sich am Freitagnachmittag zur Entscheidung des Papstes, Kardinal Rainer Maria Woelki im Amt des Erzbischofs von Köln zu belassen, verärgert zu Wort gemeldet und angekündigt, dass die päpstliche Entschiedung "sehr kontrovers diskutiert" werde. Woelki hatte außerdem erklärt, von Mitte Oktober bis März 2022 eine "geistliche Auszeit" zu nehmen.

Deutliche Kritik übte der Präsident des "Zentralkomitee der deutschen Katholiken" (ZdK), Thomas Sternberg. "Das Instrument einer Auszeit ist nicht genug", befand der CDU-Politiker. Papst Franziskus habe mit seiner Entscheidung einen "Erneuerungsprozess" verhindert, behauptete der Funktionär. 

Dagegen erklärte der Sprecher des Kölner Betroffenenbeirats, dass die Entscheidung zeige, "dass der Weg der Aufarbeitung der Richtige ist". 

Auch die Kölner Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominik Schwaderlapp, die heute ebenfalls durch den Vatikan rehabilitiert wurden, haben mittlerweile Erklärungen veröffentlicht.

Bischof Bätzing: Situation in Köln belastet die Kirche im ganzen Land

Bischof Georg Bätzing (Bistum Limburg) hatte noch am Donnerstag als Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz auf dem Pressetreffen am Rande der Herbstvollversammlung in Fulda erklärt, dass es bezüglich der römischen Untersuchungen im Erzbistum Köln noch keine Ergebnisse gäbe. Heute morgen habe ihm die Nuntiatur schließlich mitgeteilt, dass Papst Franziskus entschieden hat, ihn im Amt zu belassen.

In einer heute veröffentlichten Mitteilung (hier in voller Länge) lässt Bätzing mitteilen, er bringe zwar seine Hoffnung zum Ausdruck, "dass der Prozess einer Aussöhnung im Erzbistum Köln anlaufen wird". Der Limburger Prälat fügt dann jedoch hinzu: "Ob dies innerhalb weniger Monate zu einer grundlegend veränderten Situation führen kann, vermag ich nicht zu beurteilen."

Eine These, der viele Beobachter zustimmen dürften.

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Bischof Bätzing lässt weiter mitteilen, Rom sei "sichtlich darum bemüht", das Vertrauen in das Bischofsamt an sich zu stärken. Dieses, befindet Bätzing, sei im Erzbistum Köln "schwer belastet". So sehr gar, dass dies "weit darüber hinaus auf die Kirche in unserem Land" ausstrahle.

Dann zieht der Vorsitzende der Bischofskonferenz einen gewagten Vergleich, der nicht nur Insider überraschen dürfte: "Die Entscheidung zu Kardinal Woelki erinnert mich in manchem an das römische Vorgehen im Blick auf meinen Amtsvorgänger in Limburg", behauptet Bätzing, und schreibt wörtlich weiter:

"Was in der Note zur Entschiedenheit des Aufarbeitungswillens von Kardinal Woelki gesagt wird, trifft einerseits zu, andererseits lässt es angesichts der entstandenen Lage viele Betroffene ratlos und verletzt zurück. Es trifft zudem andere Bistümer, die bereits eine Aufarbeitung so begonnen haben, dass sie zu einem guten Teil zur Erneuerung und Versöhnung beitragen konnten."

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz lässt auch mitteilen, dass diese Entscheidungen aus Rom auch künftig "sehr kontrovers diskutiert werden". Bätzing sagt, er begrüße zwar, dass Woelki nun "Freiräume eröffnet werden, in dem die laufenden Geschäfte durch den Apostolischen Administrator geregelt werden". Dennoch seien aus seiner Sicht nun "Gesprächs- und Mediationsangebote" nötig, "um Chancen und Perspektiven zu finden". Auch für den Kardinal hat der Limburger Bischof eine Art Ratschlag anzubieten: "Vieles hängt jetzt davon ab, wie Kardinal Woelki die Auszeit gestalten wird."

Der Tonfall wie die Wortwahl von Bätzings Reaktion wurden heute in Rom aufmerksam verfolgt, wie Quellen aus dem Vatikan gegenüber CNA Deutsch kommentierten. 

ZdK: "Causa Woelki ist noch nicht erledigt"

Obwohl die heutigen Entscheidungen Papstes das Ergebnis einer Apostolischen Visitation im Erzbistum Köln sind, die im Juni zu Ende ging und auch das im März vorgestellte Missbrauchsgutachten Kardinal Woelki entlastet hatte, stellte der Präsident des ZdK, Thomas Sternberg, am heutigen Freitag in Aussicht, dass die "Causa Woelki noch nicht erledigt" sein könnte. 

Der Funktionär bedauerte öffentlicht die vatikanische Entscheidung, die er "nicht verstehen" könne. "Das Instrument einer Auszeit ist nicht genug", befand Sternberg. "Es ist völlig unklar, was am Ende einer solchen Auszeit stehen kann und sie ist nicht geeignet, um verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen."

Der CDU-Politiker zog eine Parallele zur Politik, in der Rücktritte oft ein Ausdruck von Verantwortungsübernahme bedeuteten. Wörtlich sagte er: "In der Politik und in demokratischen Strukturen kann ein Amtsverzicht dazu beitragen, Verantwortung zu übernehmen und Veränderungen einzuleiten. Mit der römischen Entscheidung wird ein solcher Erneuerungsprozess, der bitter nötig ist, verhindert."

Neben Kardinal Woelki haben auch Kardinal Reinhard Marx und Erzbischof Stefan Heße dem Papst einen Rücktritt angeboten, wie CNA Deutsch berichtete. Beide bleiben vorerst in ihren Ämtern.

Kölner Betroffenenbeirat: "Der richtige Weg"

Auch der Kölner Betroffenenbeirat hat heute auf die Entscheidung aus Rom reagiert. In der kurzen Erklärung, die CNA Deutsch vorliegt, heißt es wörtlich:

"Die Entscheidung zeigt, dass der Weg der Aufarbeitung der Richtige ist. Wichtig bei allem ist, dass die Aufarbeitung weitergeht und bisherige Vorschläge des Betroffenenbeirates, sowie der '8-Punkte-Plan' konsequent umgesetzt wird. Wir werden auch weiterhin darauf drängen, dass Maßnahmen zügig umgesetzt werden, damit die Fehler der Vergangenheit nicht wieder passieren und sexualisierte Gewalt verhindert wird."

Erklärung von Weihbischof Ansgar Puff: "Für mich ist das kein 'Weiter so!'"

Der bislang freigestellte Weihbischof Ansgar Puff, der mit der heutigen Mitteilung des Heiligen Stuhls mit sofortiger Wirkung wieder in den Dienst des Erzbistums Köln tritt, veröffentlichte heute Nachmittag zeitgleich mit dem ebenfalls rehabilitierten Weihbischof Dominikus Schwaderlapp eine Presseerklärung.

"Für mich ist das kein 'Weiter so'!", bekräftigt darin Weihbischof Puff. Die letzten Monate, in denen er in einem Altenzentrum und in der Obdachlosenseelsorge gearbeitet hatte, hätten ihn "innerlich verändert". Wörtlich: "Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe und mache und bitte dafür um Vergebung. Bei manchen Menschen habe ich durch meine Pflichtverletzung Vertrauen zerstört; ich möchte in Zukunft so arbeiten und leben, dass Menschen mir wieder Vertrauen schenken können." 

Er biete nun allen Gruppen das persönliche Gespräch an und kündigte an "einen Teil meines Gehalts" an einen Fond zu unterstützen, der Betroffene sexueller Gewalt unterstützt.

Puff nimmt in seiner Erklärung auch ausführlich zu dem Fall Stellung, der ihm als Pflichtverletzung angelastet wurde. Der Weihbischof schreibt:

"Das Gercke Gutachten hatte am Tag zuvor festgestellt, dass ich im Jahr 2013 als Personalverantwortlicher eine 'Pflichtverletzung in der Aufklärungspflicht' begangen habe. Über eine Mittelsperson hatte ich einen Hinweis über einen sexuellen Missbrauch durch einen Priester erhalten. Der Betroffene teilte mir über diese Mittelsperson auf meine Gesprächsbitte hin mit, dass er sich für meine Fürsorge bedanke, dass er aber weder ein Gespräch in der Sache noch einen Kontakt wünsche. Nach Rücksprache mit der Justitiarin und dem Generalvikar habe ich deswegen den beschuldigten Priester, der inzwischen verstorben ist, nicht befragt. Was ich damals für richtig hielt, sehe ich heute als einen schweren Fehler an, für den ich Verantwortung übernehmen wollte und will. Darum habe ich mich, auch wenn mein Name im Gercke Gutachten nicht genannt wird, öffentlich zu dieser Pflichtverletzung bekannt und Papst Franziskus gebeten, zu entscheiden, ob ich meinen Dienst im Erzbistum Köln in Zukunft als Weihbischof oder als einfacher Priester ausüben soll. Im Juni 2021 haben die Apostolischen Visitatoren auch mit mir ein ausführliches Gespräch geführt. Nun hat Papst Franziskus entschieden, dass ich trotz meiner Pflichtverletzung meinen Dienst als Weihbischof wieder aufnehmen soll. Ich habe im Gespräch mit Kardinal Ouellet, dem Präfekten der Kongregation für die Bischöfe, dazu meine Bereitschaft erklärt."

Erklärung von Weihbischof Schwaderlapp: "Will als Priester und Seelsorger in Kenia wirken"

In der Stellungnahme von Weihbischof Dominik Schwaderlapp erklärt der Geistliche, dass der Papst seinem Wunsch entsprochen habe, für ein Jahr als Priester und Seelsorger in Kenia zu arbeiten.

Die vergangenen Monate hätten für ihn "einen tiefen Einschnitt" bedeutet, in der er viele seelsorgliche Gespräche geführt habe, auch mit Menschen, die von sexuellem Missbrauch betroffen sind. "Diese Gespräche bewegen mich weiterhin sehr", so Schwaderlapp. Wörtlich schreibt er:

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"Mir ist klar geworden: ein einfaches 'Weiter wie bisher' kann es nicht geben. Vor diesem Hintergrund ist der Wunsch in mir gewachsen, für eine Zeit in einer Diözese im Ausland als einfacher Priester mitzuwirken, näherhin in Afrika in der Erzdiözese Mombasa/Kenia, mit der wir schon lange freundschaftliche Beziehungen pflegen. So bin ich dankbar, dass der Heilige Vater diesen Wunsch ausdrücklich begrüßt und befürwortet. Der Erzbischof von Mombasa, Martin Kivuva Musonde, hat bereits zugesagt, dass er mich gerne in seinem Erzbistum als Priester einsetzt. Auch wenn ich Bischof bin und bleibe, ist es mir wichtig, dort einfach als Priester und Seelsorger wirken zu können."

Bereits Mitte Oktober werde er nach Kenia reisen, erklärt Schwaderlapp, zum Schuljahresbeginn 2022/23 möchte er dann "mit neuer Kraft und ganzem Herzen meinen Dienst im Erzbistum Köln wieder aufnehmen".

Hintergrund

Der Vatikan hat am 24. September 2021 den Kölner Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, in seinem Amt bestätigt (CNA Deutsch hat berichtet). Dies teilte der Apostolische Nuntius von Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, am Freitagmittag mit.

Auf "eigenen Wunsch" wird sich Kardinal Woelki jedoch eine mehrmonatige "geistliche Auszeit" nehmen, bevor er zurück in den aktiven Dienst kehren wird. Der Erzbischof trat anschließend vor die Presse und bat darum, "in den kommenden Wochen für das Erzbistum und für mich zu beten".

Auch der jeweilige Amtsverzicht der beiden Kölner Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominik Schwaderlapp wird nicht angenommen.

Dieser Entscheidung des Papstes war eine Apostolische Visitation im Erzbistum Köln vorangegangen, die im Juni zu Ende ging. Zuvor hatte ein im März vorgestelltes Missbrauchsgutachten Kardinal Woelki entlastet (CNA Deutsch hat berichtet), wohingegen die Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominik Schwaderlapp vorläufig freigestellt wurden. 

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