Katholische Investoren fordern Brasiliens Regierung auf, Amazonas zu erhalten

Amazonas-Ufer
Andrea Deak (CC0)

Es ist das wohl erste weltweite Engagement katholischer Investitoren dieser Art: Die Bank für Kirche und Caritas im Erzbistum Paderborn (BKC) hat gemeinsam mit der brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB) und dem katholischen Klimaschutznetzwerk "Global Catholic Climate Movement" (GCCM) eine internationale Gruppe von knapp 100 katholischen Institutionen aus 18 Ländern zusammengebracht, um die brasilianische Regierung zu einem stärkeren Schutz des Amazonas-Regenwaldes und der dort lebenden indigenen Bevölkerung zu bewegen.

In einem schriftlichen Interview mit CNA Deutsch erklärte Tommy Piemonte, Leiter Nachhaltigkeitsresearch bei der BKC, das Anliegen der katholischen Institutionen.

Herr Piemonte, Sie haben am 29. März einen klaren Appell – gemeinsam mit Vertretern der brasilianischen Bischofskonferenz – an die brasilianische Regierung gerichtet, mit Unterschriften von knapp 100 Institutionen. Haben Sie mittlerweile eine Reaktion von der Regierung erhalten? Und wenn ja, in welcher Form? 

Es ist nicht ungewöhnlich innerhalb der ersten drei-vier Wochen keine Antwort auf einen Engagement-Brief zu erhalten - vor allem wenn es sich um einen Staat handelt. Das hat mehrere Gründe: Investoren sind nicht die wichtigsten Stakeholder eines Landes, sondern die Wähler; Fühlt sich die angeschriebene staatliche Stelle verantwortlich für das Anliegen; Staatliche Stellen haben eine kompliziertere hierarchisch-bürokratische Struktur als Unternehmen um solche Investoren-Anliegen zu bearbeiten bzw. zu beantworten. Dennoch können wir von einer ersten Reaktion berichten. Wir erhielten ein offizielles Schreiben vom persönlichen Büro des Präsidenten, in dem bestätigt worden ist, dass unser Schreiben aufgrund der Zuständigkeit unseres Anliegens "Schutz des Amazonas und der indigenen Bevölkerung" an das Justiz- und Umweltministerium eitergeleitet wurde. Diese Reaktion kann vielleicht für sich allein genommen als nicht sehr bedeutend bewertet werden. Allerdings bestätigten mir Vertreter der brasilianischen Bischofskonferenz, dass es in der Regel keinerlei Reaktion auf ähnliche Dialogversuche gibt. Somit ist diese erste Reaktion als positiv zu bewerten und wir hoffen auf eine Dialogbereitschaft.

Wie kam die Kooperation mit Brasilien zustande?

Persönlich verantworte ich das Engagement der BKC und treibe hier seit Jahren verschiedenste Engagement-Aktivitäten voran. Als katholische Bank wenden wir bereits seit fast 20 Jahren Nachhaltigkeitskriterien in allen unseren Investitionen an. Dieser Nachhaltigkeitsfilter gibt uns die Möglichkeit unsere Anlagen gemäß unserer christlichen Wertorientierung zu gestalten und damit auch einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Neben dem Einsatz eines Nachhaltigkeitsfilters versuchen wir stellenweise, einen Dialog mit Unternehmen und Ländern unseres Anlageuniversums zu beginnen, um sie zu Verbesserungen in ihren jeweiligen Nachhaltigkeitsbemühungen zu motivieren oder bestehende kontroverse Vorfälle abzustellen. Wir führen diesen Engagment-Dialog dabei nicht nur mit dem Ziel, die Nachhaltigkeitsrisiken unserer Investitionen zu reduzieren, sondern auch, wenn unsere Verantwortung als katholische Investoren dies erfordert. In einigen Fällen wissen wir, dass wir kaum eine Chance haben, etwas bei den Unternehmen oder Staaten zu bewirken, wenn wir einen Engagement-Dialog allein beginnen. Deshalb schließen wir uns öfters mit anderen Investoren, Organisationen oder Nichtregierungsorganisationen zusammen, um ein Engagement durchzuführen. Im vorliegenden Fall sind wir von der Notwendigkeit überzeugt, unsere Möglichkeiten als katholische Finanzmarktteilnehmer voll auszuschöpfen und unsere "Stimme" zu erheben, indem wir einen Engagement-Dialog mit der brasilianischen Regierung aufnehmen und sie versuchen zu motivieren, endlich die Menschen- und Umweltrechte im Amazonas zu respektieren.

In einem katholischen Land wie Brasilien könnte eine solche gemeinsame katholische Investorenstimme "gehört" werden und den Druck auf die Regierung erhöhen. Nach intensiven vorbereitenden Gesprächen ist es gelungen eine fabelhafte Allianz für diese Engagement-Aktivität zu schmieden. Gemeinsam mit der brasilianischen Bischofskonferenz und dem Global Catholic Climate Movement (GCCM) führen wir als BKC das Engagement an und vereinen darin katholische Organisationen aus aller Welt. Diese Allianz gibt uns sowohl die nötige Expertise und Vernetzung vor Ort in Brasilien, als auch das internationale Gewicht, unsere Forderungen mit Nachdruck und Detaillwissen voranzubringen.

Wenn es keine Reaktion gibt – oder eine Zurückweisung – was können Sie konkret tun? Wieviel haben Sie bzw. Kunden in der Region investiert? 

Wir sind davon überzeugt, dass wir als „katholische Stimme“ einen hilfreichen Beitrag zur Diskussion des Schutzes des Amazonas Regenwaldes und der indigenen Bevölkerung leisten können. Zu den Unterstützern unseres gemeinsamen Engagements gehören mit uns insgesamt vier katholische Kirchenbanken, die unter anderem für die Vermögensverwaltung hunderter kirchlicher und caritativer Organisationen und Einrichtungen verantwortlich sind. Auch eine der finanzstärksten deutschen Diözesen und mehrere Caritasverbände gehören zu den Unterzeichnern des Briefes. Ebenso sind große international tätige Hilfsorganisationen wie Adveniat und Misereor bei den Unterstützern dabei. "Natürlich sind wir nicht so groß wie der größte Vermögensverwalter BlackRock, aber über die Hälfte der brasilianischen Bevölkerung ist katholisch. Unsere Stimme als erste internationale Engagement-Allianz katholischer Organisationen dieser Größenordnung hat eine Chance gehört zu werden. Ihre Wirkung kann stärker sein als die Milliarden der größten Vermögensverwalter."

Mittlerweile haben bereits auch traditionelle Investoren Engagement-Dialoge mit Brasilien gestartet [hier und hier etwa]. Wir sind bereits dabei zu versuchen uns mit den entsprechenden Investorengruppen zu vernetzen und so den Investorendruck noch weiter zu erhöhen. 

Sollten Unternehmen oder Nationen nach dem ausschöpfen aller Engagement-Eskalationsstufen keinerlei Nachhaltigkeitsverbesserungen vornehmen entscheiden wir dann nicht selten, unsere dortigen Investitionen zu veräußern oder nicht (mehr) zu tätigen.

Papst Franziskus hat in Querida Amazonia die Lage der Umwelt und Bevölkerung in Amazonien zum Anlass genommen, einen "wirklich ökologischen Ansatz", der auch notwendigerweise sozial sein muss, einzufordern. Selbst globale "Player" wie "Black Rock" und "Vanguard" schließen sich mittlerweile einer "Net Zero"-Allianz an – wie sehen Sie da den Zusammenhang? Ist die Kirche da Partner, Vorreiter oder Nachzügler eines nachhaltigen, gerechten Finanzwesens? Wie wichtig ist das Ihren Kunden?

Ohne intakte Natur und ohne ein gerechtes soziales Miteinander, ist kein langfristiges lebenswertes und friedliches Miteinander und Leben möglich. Diesen Zusammenhang verstehen nach und nach auch immer mehr Investoren. Ist die Motivation in der Regel, die Sicherung eines attraktiven Rendite-Risiko-Profils der getätigten und potenziellen Investments und nicht die Abstellung der Missstände um ihrer selbst willen, so ist der Zweck d.h. die Nachhaltigkeitsverbesserung doch der Gleiche. Kirchliche Investoren befinden sich dabei überall auf der von Ihnen beschriebenen Skala verteilt. In der Regel sind kirchliche Investoren auch an einer nachhaltigen Geldanlage interessiert und berücksichtigen meißt gewisse ethisch-nachhaltige Ausschlusskriterien.

Dass katholische Investoren allerdings selbst oder über Dienstleister Engagement betreiben und damit auch ihre "Macht" und Verantwortung als Investoren wahrnehmen, ist noch sehr selten. Dies zeigt auch der Umstand, dass dieses von der brasilianischen Bischofskonferenz, dem Global Catholic Climate Movement (GCCM) und der BKC angeführten Engagement die erste internationale Engagement-Aktivität katholischer Organisationen dieser Größenordnung ist.

Amazonien ist sicher ein Brennpunkt, aber bei weitem nicht der einzige; wo und wie können katholische Kredit-Institute und andere Institutionen ein ethisch sinnvollen Beitrag leisten? Haben Sie da schon konkrete Pläne?

Wir führen unsere Engagementaktivitäten nicht nur bei Aktienunternehmen durch, sondern auch bei Anleihen ausgebenden Unternehmen oder anderen Investitionsobjekten wie Staaten oder Fonds. Darüber hinaus betreiben wir auf einer übergeordneten Ebene, bei Branchenverbänden oder Finanzmarktakteuren etwa bei Ratingagenturen oder Stimmrechtsberatern, eine aktive Einflussnahme für eine bessere Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in ihren Geschäftsfeldern. Um unserer aktiven Einflussnahme die größtmögliche und flächendeckende Schlagkraft und Effizienz zu verleihen, betreiben wir Engagement vornehmlich über zwei Kanäle. Zum einen haben wir für einen Teil unserer Eigenanlagen die Engagementaktivitäten an einen externen Dienstleister ausgelagert, der eine weitreichende Expertise in Nachhaltigkeitsbelangen hat. Zum anderen führen wir Unternehmensdialoge oder Stimmrechtsausübungen gemeinsam mit anderen institutionellen Investoren über das von uns mitgegründete internationale Engagement-Netzwerk Shareholders for Change (SfC) aus. Zusätzlich kooperieren wir bei einzelnen Engagementaktivitäten auch mit anderen Nachhaltigkeitsinvestoren oder führen punktuell selbstständig Engagementaktivitäten durch. Wir sind davon überzeugt, dass wir durch ein zielgerichtetes Engagement sowohl negative Nachhaltigkeitswirkungen von Investitionsobjekten verringern oder sogar verhindern können als auch positive Nachhaltigkeitswirkungen fördern.

Auf unserer Website erhalten Sie weitere Informationen zu unseren Engagement-Aktivitäten. Allen Investoren, die bisher noch kein Engagement betreiben, möchte ich zurufen "Einfach machen". Es Bedarf zwar eines gewissen Zeit- und Ressourcenaufwandes, aber jede Stimme zählt um Veränderung und eine Transformation anzustoßen. 

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