Sarah: "Der Verzicht auf den Zölibat würde die Krise der Kirche weiter verschärfen"

Kardinal Robert Sarah, Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, am 10. Februar 2015 im Vatikan.
Bohumil Petrik / CNA Deutsch

Kardinal Robert Sarah hat in einem neuen Interview das päpstliche Primat und das priesterliche Zölibat verteidigt und die Einheit der Katholiken angesichts der Skandale der Kirche und der moralischen Krise in der westlichen Welt gefordert.

Gleichzeitig warnte der Kurienkardinal auch vor einem falschen Verständnis von Synodalität und der Rolle der Bischofskonferenzen: "Eine Bischofskonferenz hat keine rechtliche Autorität oder Kompetenz auf dem Gebiet der Lehre", so Sarah in dem am 27. März veröffentlichten Artikel.

"Heute ist alles dunkel, schwierig, aber egal welche Schwierigkeiten wir haben, es gibt nur eine Person, die uns helfen kann", sagte Sarah in einem langen Interview mit der weltlichen französischen Wochenzeitung "Valeurs actuelles".

"Es ist die Auferstehung des Sohnes Gottes, die Hoffnung in der Dunkelheit gibt".

Sarah, Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, betonte, dass die "große göttliche Mission" der Kirche darin besteht, "die Menschen zu Christus zu bringen, der unsere Hoffnung ist".

Der aus Guinea stammende Kardinal hat mit Nicolas Diat ein neues Buch über die "tiefe spirituelle, moralische und politische Krise in der heutigen Welt" geschrieben, das auf Französisch unter dem Titel "Es wird bald Abend werden, der Tag hat sich schon geneigt" veröffentlicht wurde.

Der Titel des Buches stammt aus einer Zeile im Lukasevangelium, in welcher der auferstandene Christus seinen Jüngern auf dem Weg nach Emmaus begegnet: "Bleib doch bei uns; denn es wird bald Abend, der Tag hat sich schon geneigt."

So sehr der Kardinal die moralische Verwirrung zum Ausdruck brachte, welche die westlichen Gesellschaften plagt, wies er gleichzeitig auch auf Gottes Vorsehung hin, Päpste zur Führung der Kirche in schwierigen Zeiten zu stellen.

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Päpste und Synodalität

"Gott sah, dass die Welt in eine tödliche Verwirrung verfällt.... Um uns auf diese Situation vorzubereiten, hat Gott uns solide Päpste gegeben", erklärte Sarah. Er führte die besonderen Gaben auf, welche die vier jüngsten Päpste der Kirche und der Welt gegeben haben.

Gott "gab uns Paul VI., der das Leben und die wahre Liebe trotz sehr starker Opposition verteidigt hat, mit der Enzyklika Humanae vitae", sagte der Kardinal.

Gott gab uns Johannes Paul II., dessen Leben selbst "ein lebendiges Evangelium war", und der lehrte, dass die Vereinigung von Glauben und Vernunft zusammen "ein Licht ist, das die Welt zu einer wahren Vision des Menschen führt", sagte er.

Benedikt XVI. wiederum beschenkte die Welt, indem er mit "beispielloser Klarheit, Tiefe und Präzision" lehrte, so Sarah.

"Heute gibt Er uns Franziskus, der buchstäblich den christlichen Humanismus retten will", erklärte Sarah und fügte hinzu: "Gott verlässt nie seine Kirche".

Der Kardinal sagte, dass "wir diese Hauptverantwortung des Papstes und jedes Bischofs wiederentdecken müssen".

"Christus gründete eine Kirche, deren Regierungsform hierarchisch ist. Der erste Verantwortliche der Kirche ist der Papst. Der erste Verantwortliche der Ortskirche ist der Bischof in seiner Diözese und nicht die Bischofskonferenz, die für den Austausch (der Ansichten), nicht für die Durchsetzung einer Richtung nützlich ist", sagte er auf die Frage nach der Synodalität.

Der Kardinal warnte davor, dass Widersprüche zwischen verschiedenen Bischofskonferenzen über moralische Lehren nicht der katholischen Einheit und dem Glauben dienen. "Eine Bischofskonferenz hat keine rechtliche Autorität oder Kompetenz auf dem Gebiet der Lehre", sagte er.

Die großen Bischöfe der Geschichte, Ambrosius und Augustinus, verbrachten ihre Zeit nicht mit Treffen, Kommissionen und ständigen Reisen, sagte er. "Der Bischof muss bei seinem Volk sein, sein Volk unterweisen und sein Volk lieben."

"Bei einer echten Reform geht es um unsere eigene Bekehrung. Wenn wir uns nicht selbst ändern, werden alle Strukturreformen nutzlos sein. Laien, Priester, Kardinäle, wir alle müssen zu Gott zurückkehren", so Sarah.

Er hob das Leben des heiligen Franziskus und der Mutter Theresa, der heutigen Heiligen Theresa von Kalkutta, als Beispiele für Reformen hervor, die "die Kirche verändert haben, indem sie das Evangelium radikal gelebt haben".

Sarah sagte, dass die Hauptverantwortung für den Zusammenbruch des Glaubens im Westen "von den Priestern geschultert werden muss". Jahrzehntelang, so sagte er, waren die Beichtstühle leer, die Liturgie entheiligt, und die Lehre nicht an katholischen Universitäten und Seminaren unterrichtet worden.

"Es ist klar, dass es eine große Mehrheit von Priestern gibt, die ihrer Mission der Lehre, Heiligung und Leitung treu bleiben. Aber es gibt auch eine kleine Zahl, die der krankhaften und niederträchtigen Versuchung nachgibt, die Kirche mit den Werten der heutigen westlichen Gesellschaften auszurichten".

"Sie wollen vor allem sagen, dass die Kirche offen, einladend, aufmerksam, modern ist. Aber die Kirche ist nicht dazu bestimmt, zuzuhören, sondern zu lehren: Sie ist Mater und Magistra, Mutter und Erzieherin", fügte er hinzu.

Kardinal Sarah verteidigte das Zölibat im Priestertum und nannte es einen der "größten Schätze der Kirche".

"Der Verzicht auf den Zölibat würde die Krise der Kirche weiter verschärfen und die Position des Priesters schwächen, der berufen ist, nicht nur ein anderer Christus, sondern Christus selbst zu sein, arm, demütig und einsam".

Der Kardinal betonte auch die Bedeutung einer vereinten Gemeinschaft zur Bewältigung der Herausforderungen in der säkularisierten Welt, die oft gegen "den Weg Christi" ist.

"In Hemingways Roman 'Der alte Mann und das Meer' sehen wir den Helden, der versucht, einen großen Fisch, den er gefangen hat, in den Hafen zu schleppen. Aber er kann ihn nicht allein aus dem Wasser heben; als er am Hafen ankommt, haben die Haie die Fische verschlungen", erklärte er.

"Wenn du heute allein bist, gibt es viele Haie, die deinen Glauben, deine christlichen Werte, deine Hoffnung verschlingen werden. Jesus schuf eine Gemeinschaft von zwölf Aposteln, und als es notwendig war, sie in die Mission zu schicken, sandte er sie zu zweit".

"Von nun an müssen wir uns gegenseitig im Glauben unterstützen, als eine vereinte Gemeinschaft um Christus, um unseren Glauben zu verteidigen, um standhaft zu sein", sagte er.

Übersetzt und redigiert aus dem englischen Original.

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