Redaktion, 14 November, 2025 / 4:30 PM
Bischof Rudolf Voderholzer hat sich der nachdrücklichen Kritik von Bischof Stefan Oster SDB am Papier der Kommission für Erziehung und Schule der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) über die „Vielfalt sexueller Identitäten“ angeschlossen.
In einer kurzen Notiz auf der Internetseite der Diözese Regensburg hieß es am Freitag: „Unter dem Titel ‚Glauben wir noch das, was wir glauben?‘ wirft der Passauer Bischof Stefan Oster einen kritischen Blick auf das Papier ‚Geschaffen, erlöst, geliebt‘ der Deutschen Bischofskonferenz. Bischof Rudolf Voderholzer schließt sich der Einschätzung von Bischof Oster an.“
Der Bischof von Regensburg kommentierte das Papier nicht weiter. Stattdessen veröffentlichte das Bistum den Text der Analyse von Oster im Wortlaut.
Der Bischof von Passau hatte in einem am Montag auf seiner persönlichen Internetseite veröffentlichten Aufsatz geschrieben: „Wenn auch auf dem Umschlag der Broschüre steht: ‚Die deutschen Bischöfe‘, dann spricht der Text trotzdem nicht in meinem Namen.“
Er wolle sich von den „inhaltlichen Voraussetzungen“ und dem „theologischen, philosophischen, pädagogischen und entwicklungspsychologischen Gehalt“ des Textes in aller Form „distanzieren“, stellte Oster klar.
In seinem Aufsatz ging der Bischof, der sich mit drei anderen Diözesanbischöfen, darunter Voderholzer, aus dem deutschen Synodalen Weg mit seinen teils drastischen Änderungsbestrebungen an der überlieferten kirchlichen Lehre zurückgezogen hatte, systematisch die Schwachpunkte des von der DBK veröffentlichten Dokuments durch, das den Titel „Geschaffen, erlöst und geliebt. Sichtbarkeit und Anerkennung der Vielfalt sexueller Identitäten in der Schule“ trägt.
Zunächst kritisierte Oster, der Begriff „Identität“ – gewöhnlich im Sinne der sogenannten sexuellen Identität – werde von der DBK „beinahe inflationär verwendet“, wobei „die komplexen Sachverhalte, die mit den genannten Begriffspaaren gemeint sind, an keiner Stelle des Textes ausführlicher diskutiert oder gar problematisiert werden“.
„Sie sind gesetzt und setzen damit ein Menschenbild der Vielfalt voraus, das fortwährend insinuiert, dass in jungen Menschen ihre sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten wie naturhaft zugrunde lägen – und dass es dann auch im Schulkontext vor allem darum gehe, diese zu entdecken und in gelingender Weise zur guten Entfaltung zu bringen“, fuhr Oster fort. „Von dem viel umfassenderen Verständnis von Identität aus christlicher Sicht: kein Wort.“
Oster nahm Bezug auf den Begriff der ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung: „Die Ironie dabei ist, dass wir es immerhin mit einem Papier zu tun haben, das auf dem Titel ‚Die deutschen Bischöfe‘ stehen hat – ohne dass unser christliches Verständnis von ‚ganzheitlichem‘ Personsein und Personwerden in irgendeiner Form zur Sprache käme.“ Vielmehr sei die überlieferte katholische Sittenlehre im Religionsunterricht als „umstritten“ zu präsentieren.
Die „Zielrichtung des Textes“, so Oster, „scheint mir damit klar vor Augen zu liegen: Insgeheim wird suggeriert, dass das eigentliche Ziel der jugendlichen Identitätsfindung schon in ihnen selbst vorliegt – und die pädagogische Begleitung eine Art sensiblen Geburtshelferdienst leisten soll. Daher werden die sehr wenigen Bemerkungen zur Lehre der Kirche in diesem Feld in einer Weise problematisiert, dass klar ist, dass sie im Grunde nicht für diesen Dienst taugen, sondern den Prozess der Identitätsfindung eher mit dem Verdacht belegen, diesen zu behindern, statt zu befördern. Sie taugen eher dazu, Fremdbestimmung durch veraltete Moral zu fördern, statt Selbstbestimmung durch moderne Pädagogik zu erreichen.“
Zur Erlösung, wie der Begriff schon im Titel des Dokuments „Geschaffen, erlöst und geliebt“ auftaucht, nahm Oster Stellung mit den Worten, dass das Wort nirgends erläutert, sondern einfach vorausgesetzt werde: „Im Grunde sind alle Menschen in all ihrer Diversität, so kann man das lesen und so zieht es sich auch durch den Text, je schon erlöst.“
Zwar werde im Text „der ‚Primat der Liebe Gottes‘ stark betont (S. 11), aber zugleich wird er von dem abgelöst, was als Wahrheit und Lehre über den Menschen tradiert ist. Mit diesem Kniff kann dieser ‚Primat der Liebe Gottes‘ dann unterschiedslos über alles an ‚Vielfalt‘ ausgegossen werden, was sich so zeigt. Gemeint ist selbstverständlich die Vielfalt in der Diversität der sexuellen Identitäten. Diese müssen – eben, weil Gott sie so liebt und mutmaßlich so geschaffen hat (siehe Titel) – eben auch anerkannt werden. Der Mensch in seiner Vorfindlichkeit ist das Maß der Dinge. Die Deutung der Offenbarung hat sich offensichtlich danach zu richten, was sich als angebliches ‚Faktum‘ neu zeigt.“
Dass der Mensch aber „keineswegs schon erlöst, sondern als ganzer Mensch dringend erlösungsbedürftig ist“, werde „mit keinem Wort erwähnt“.
Der Bischof von Passau erklärte: „Denn eine Problematisierung von ‚Erlösung‘ würde ja den Grundansatz: ‚Ich bin, wie Gott mich schuf‘ zunichte machen. Es braucht also in der Begründung die unausgesprochene Zurückverlegung aller queeren und sexuellen Identitäten schon in den Schöpfungswillen Gottes. Eine solche Rückverlegung erreicht damit auch die Eliminierung kritischer Anfragen, die aber tatsächlich aus der Offenbarung kommen. Wenn es die Erlösung durch Christus nicht mehr braucht, weil der Mensch ja schon kraft Schöpfung in jeder Art seines Soseins schon in Ordnung ist, dann hätte es das Drama des Kreuzes auch nicht gebraucht.“
„Der Mensch, ausnahmslos jeder Mensch, ist – nicht nur aber auch – ein gebrochenes, desintegriertes Wesen“, stellte Oster klar. „Jeder Mensch braucht daher die Begegnung mit Christus für sein Heil, für sein Mehr-ganz-werden. Christus ist der Erlöser aller Menschen.“
(Die Geschichte geht unten weiter)
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„Wenn das die Logik wäre, würde sich auch ein solcher Gedanke nicht in die gläubige katholische Tradition einfügen, denn menschliches Person-sein bedeutet in dieser großen Tradition hier immer die Einheit von Leib und Seele, die das Sein des ganzen Menschen ausmacht“, so der Bischof zu den Konsequenzen einer solchen Position. „Vielmehr wäre eine solche Deutung längst auf dem Pfad der Gnosis, dem die Kirche aber seit zweitausend Jahren widerspricht.“
Zusammenfassend schrieb Oster, der Text drehe „unter dem Schein des Glaubens oder des ‚christlichen Ethos‘ diese Perspektive genau um. Er verwendet innerweltlich aufgefundene menschliche Zustände, lädt sie normativ auf – als von Gott geliebte und gewollte Vielfalt, die zugleich ‚Identitäten‘ sind – und versucht dann die Glaubensperspektive so weit wie möglich draußen zu halten – vor allem, wenn sie mit einem vermeintlich veralteten Wahrheitsanspruch daherkommt. Oder er verkürzt die Glaubensperspektive derart, dass sie in ein neues, vor allem ideologisch geprägtes Menschenbild hineinpasst: Menschwerdung heißt dann, die eigene queere Identität finden und die Offenbarung so deuten dürfen, dass sie mich darin vor allem bestätigt.“
Wie die Zeitschrift Communio im Juli berichtete, war der Text im Juli „nicht wie geplant verabschiedet“ worden. Ende Oktober wurde er trotzdem von der DBK veröffentlicht, auch wenn auf dem Titelblatt unter „Die deutschen Bischöfe“ in kleinerer Schrift „Kommission für Erziehung und Schule“ steht.
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