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Papst Franziskus: Migranten muss man aufnehmen

Papst Franziskus bei der Generalaudienz am 18. April 2018

In einem exklusiven, weitreichenden Interview mit der Nachrichtenagentur "Reuters" hat Papst Franziskus unter anderem die Einwanderung nach Europa als notwendiges Mittel gegen den "demographischen Winter" bezeichnet und vor Populisten gewarnt, die "Psychosen schaffen". 

Das zweistündige Interview wurde am vergangenen Sonntag in der Residenz des Papstes im Domus Sanctae Marthae aufgezeichnet. Bis dato sind nur Auszüge daraus veröffentlicht worden. Der volle Text liegt derzeit nicht vor.

Neben der Migrationspolitik behandelt das Gespräch die Annäherungsversuche des Vatikans an die Volksrepublik China, die Kurienreform, den Missbrauchskandal in Chile - und die bis heute nicht beantworteten Dubia zu offenen Fragen zu Amoris Laetitia, von denen Franziskus gegenüber Reuters offenbar behauptet, erst "aus der Zeitung" erfahren zu haben.

Warnung vor Populisten, die "Psychosen schaffen"

Den brodelnden europäischen Asylstreit und Änderungen in der Migrationspolitik kommentiert der Papst mit der Aussage, Populisten würden dazu "Psychosen schaffen". Europa werde jedoch "leer sein", wenn es keine Einwanderung gib, so Franziskus weiter: Alternde Gesellschaften wie denen Europas drohe ein "demographischer Winter", und brauchten daher mehr Migranten.

Zudem betont der Papst, er glaube, "dass man Menschen, die ankommen, nicht zurückweisen kann".

"Man muss sie aufnehmen, ihnen helfen, sich um sie kümmern, sie begleiten und dann sehen, wo man sie hinverteilen kann, aber in ganz Europa". 

Einige Regierungen arbeiteten daran, so der Pontifex. Doch "das Schaffen von Psychosen ist nicht das Heilmittel", fährt Franziskus fort und warnt, dass Populismus die Dinge nicht löse.

Mit Blick auf den Widerstand der US-amerikanischen Bischöfe gegen die Trennung von Migrantenkinden von ihren Eltern an der mexikanischen Grenze betont der Pontifex, dass er dies unterstützt. Mehr noch: Er verurteilt die Maßnahmen der US-Regierung als "unmoralisch" und "gegen die katholischen Werte" verstoßend.

"Ich bin auf der Seite der Bischofskonferenz", so der Papst gegenüber Reuters in Bezug auf Aussagen von US-Bischöfen zur "Null-Toleranz"-Politik der Trump-Regierung, die im Mai eingeführt wurde und unter anderem die Trennung von Kindern und Eltern erzwingt.

Umgang mit Kritikern und Dubia 

Angesprochen auf die Kritik, der sich Franziskus seit Beginn seines Pontifikates ausgesetzt sehe, sagt der Papst, er "bete" für diejenigen die "böse Dinge" über ihn gesagt hätten.

Mit Blick auf die Fragen und Kontroversen um Amoris Laetitia und dessen Interpretationen behauptet der Pontifex dabei offenbar gegenüber Reuters, er habe von dem Schreiben der vier Kardinäle mit der Bitte um Klärung offener Fragen zu Amoris Laetitia "aus der Zeitung erfahren".

Tatsächlich erhielten sowohl Papst Franziskus als auch der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, direkt und privat das Schreiben, in dem die Kardinäle Walter Brandmüller, Leo Burke, Carlo Caffara und Joachim Meisner fünf Fragen stellen, mit der Bitte um eine Beantwortung. 

Papst Franziskus hat die Fragen bekanntlich bis heute aus Sicht der Kritiker nicht beantwortet. Auch eine Bitte um Audienz der vier Kardinäle blieb ohne Antwort. 

Im neuen Interview sagt nun der Pontifex über seine Kritiker, diese hätten "eine Art, Dinge zu tun, die, sagen wir, nicht kirchlich sind, aber wir alle machen Fehler". Er bete für sie.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Kurienreform und Finanzen

Die Reform der Strukturen des Vatikans laufe gut, so der Papst im Interview, "aber wir haben mehr Arbeit".

Mit dem jüngsten Reformschritt hat der Kardinalsrat in seiner Sitzung Anfang dieses Monats den ersten Entwurf einer neuen apostolischen Konstitution mit dem Titel Predicatae Evangelium fertiggestellt, die die Rolle und Struktur der Römischen Kurie beschreibt.

Franziskus äußerte sich auch zufrieden über den Stand der Finanzreform des Vatikans und sagte, dass die vatikanische Bank, die in der Vergangenheit keine ordnungsgemäße Aufsicht gehabt habe  und nun mehrere verdächtige Konten und Transaktionen markiert und abgeschlossen habe, "gut funktioniert".

Chile und China

Zum Missbrauchsskandal in Chile, bei dem der Papst persönlich einräumte "schwere Fehler" begangen zu haben, sagt Franziskus gegenüber Reuters, er könne in Zukunft noch weitere Rücktritte von Bischöfen annehmen.

Optimistisch spricht der Pontifex über die laufenden Verhandlungen des Vatikans mit China: Die Gespräche mit dem kommunistischen Regime seien "an einem guten Punkt".

Mit Blick auf die Kritik an den Verhandlungen - auch aus Reihen chinesischer Katholiken, die in China massiv drangsaliert und unterdrückt werden - sagt Franziskus: "Der Dialog ist ein Risiko, aber ich bevorzuge das Risiko und nicht die gewisse Niederlage, die damit einhergeht, keinen Dialog zu führen".

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