Kardinal Reinhard Marx erlaubte sich, jüngst auf exponierte Weise „in Zweifel zu ziehen“, was im Katechismus steht – und manche einfach gläubigen Katholiken erlauben sich, begründet an den Weisungen des Erzbischofs von München und Freising zweifeln zu dürfen, im Bistum des heiligen Korbinian und weit darüber hinaus. Wir sind, so scheint es, von Unfehlbarkeitsmeinungen aller Art umflutet. Was Kardinal Marx kundtat, bestätigt die Kritik des Regensburger Bischofs Dr. Rudolf Voderholzer. Er sieht das „Lehramt in der Zerreißprobe“. Sein wertvoller Beitrag, in „Die Tagespost“ publiziert, ist kostenfrei einsehbar und unbedingt lesenswert.

Fast jeder scheint nicht nur irgendeine Meinung haben zu wollen – so wie auch Kardinal Marx –, sondern glaubt zudem im Recht zu sein. Das zeigt ja auch der Deutschkatholizismus, der auf dem „Synodalen Weg“ sehr präsent ist. Bischof Voderholzer erinnert an die Aufgabe der Kirche: „Das kirchliche Lehramt hingegen legt, auch im Licht der Erkenntnisse der theologischen Forschung, den Glauben je neu als zu glauben vor und wacht darüber, dass dieser Glaube in Treue zum Ursprung und in seiner Substanz gewahrt bleibt.“ Heute konstatieren wir oft einen Substanzverlust sowie kunterbunte Formen einer Treulosigkeit gegenüber Schrift und Tradition. So neu ist das alles nicht. Die Nachkonzilszeit bietet mannigfache Beispiele dafür. Illustre Gestalten, wie der Kirchenkritiker Eugen Drewermann, sorgen stets für Aufsehen. Studenten der Theologie berichten bis heute über Häretisches an Theologischen Fakultäten, das dann mitunter von manchen postmodernistischen Aposteln des Zeitgeistes als katholisch ausgegeben wird. Wir mögen denken: Selig, wer alles Mögliche glaubt? Selig, wer die eigene Meinung mit der absolut gültigen Wahrheit identifiziert? Selig, wer gegen die Gebote der Kirche verstößt? Wehe dem Studenten, der an solchen Privatmeinungen zu zweifeln wagt? Wehe dem, der unverbrüchlich und treu zur Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte steht? Wehe dem, der das Credo spricht? 

Bischof Voderholzer erinnert darum an das Wesentliche: „Die wissenschaftliche Theologie muss also immer eingebettet sein in einen kirchlichen Gesamtvollzug des Glaubens, Lebens und Betens.“ Er kritisiert begründet den „Synodalen Weg“: „Der von der Vollversammlung des Synodalen Weges in zweiter Lesung verabschiedete Orientierungstext nimmt demgegenüber eine deutliche Kompetenzverschiebung vor, wenn nicht nur behauptet wird, das bischöfliche Lehramt sei „nicht die letzte Instanz in Detailfragen der Exegese oder in Zweifelsfragen der Anwendung“, sondern die Aufgabe des Lehramtes dann auf den formalen Aspekt beschränkt wird, die Verbindlichkeit der Heiligen Schrift zu bezeugen, den „Tisch des Wortes“ reicher zu decken und dafür einzutreten, dass „in der Deutung der Heiligen Schrift das Wort Gottes zur Geltung“ komme. Damit wird dem bischöflichen Lehramt seine Bedeutung als Auslegungsinstanz und das Recht und die Pflicht bestritten, seine Auslegungsvollmacht im Namen der Kirche wahrzunehmen, wenn Theologen die Schrift gegen das Glaubensbekenntnis und die Kirche interpretieren.“ Das ist dezidiert konzilswidrig. Manche Theologen können sich noch oft auf das Zweite Vatikanische Konzil berufen und über dessen Geist räsonieren. Voderholzer schreibt: „Der Eindruck einer Theologie im Singular wird allerdings dadurch hervorgerufen, dass in den entsprechenden Foren des Synodalen Weges eine nur sehr einseitige Auswahl von Theologinnen und Theologen vertreten ist und anderslautende Stimmen von vornherein nicht berufen wurden beziehungsweise abweichenden theologischen Stimmen die wissenschaftliche Dignität abgesprochen wird. Es zeichnet sich ab, dass das Lehramt der Bischöfe durch das Lehramt einer rationalistischen deutschen Universitätstheologie abgelöst wird.“ So werde eine „Immunisierung gegen anderslautende theologische Positionen“ betrieben.

Bischof Voderholzer verweist auf die Wahrheit: „Auf Konzilien wurde stets darauf Wert gelegt, dass nicht über die Wahrheit abgestimmt, sondern der gemeinsam erkannten Wahrheit in Einmütigkeit die Ehre gegeben wurde.“ Katholiken vertrauen, hoffen auf und glauben an die anstößige Wahrheit des Glaubens. Sie wünschen sich auf keine Gefolgsleute des Zeitgeistes, sondern mutige Hirten. Allen Klerikern und Weltchristen sei abschließend darum noch eine wichtige und wertvolle Predigt von Pater Engelbert Recktenwald über den „Synodalen Weg“ empfohlen.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.  

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