In dem ersten Band seiner Jesus-Bücher hat Papst Benedikt XVI. zu Beginn um den „Vorschuss an Sympathie“ gebeten für seine Darlegungen, ohne den jedes Verständnis unmöglich bleibt. Nach dem medialen Kreuzfeuer, den Anschuldigungen und so vielen Einlassungen von Meinungsmachern, Laienfunktionären wie Klerikern in Deutschland hat Erzbischof Dr. Georg Gänswein dem katholischen Fernsehsender EWTN ein Interview gegeben. 

Über den Fehler, der öffentlich so breit diskutiert und für den Benedikt XVI. scharf, polemisch und in jeder Weise ungnädig attackiert wurde, sagt sein Privatsekretär: „Sie kennen ja die Geschichte, dass nach der Veröffentlichung des Gutachtens von München ein Fehler unterlaufen ist. Dieser Fehler ist nicht Papst Benedikt unterlaufen, das hat er ja auch in seinem Brief angedeutet. Im Faktencheck wird eindeutig dargelegt, wie es dazu gekommen ist. Es war ein Versehen, das leider passiert ist. Das hätte nicht passieren sollen und dürfen. Aber es ist passiert.“ Zudem erläutert er: „Ich kann mich noch gut erinnern, als er die Stellungnahme, die er an die Kanzlei geschickt hat, beim letzten Durchgang „Frage/Antwort“ mit mir noch mal besprochen hat. Dann sagte er: „In dieser Sitzung, der berühmten, am 15. Januar 1980… Ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Wenn aber hier steht, dass ich abwesend war, dann ist diese Abwesenheit eben belegt oder damals belegt aufgrund eines Dokuments der Sitzung. Und da ist der Fehler passiert. „Wenn ich also abwesend war, dann nehme ich das an. Ich kann mich nicht mehr erinnern.“ Ich sagte: Heiliger Vater, das hier stammt aus den Akten, die wir digital einsehen konnten, und es ist davon auszugehen, dass das stimmt. Und es wurde nicht mehr nachgeprüft, überhaupt nicht mehr, bis zum Schluss.“

Warum – und diese Frage bleibt unbeantwortet, wohl auch unbeantwortbar im Raum stehen – wurde, da der Fehler aufgefallen sein musste, der emeritierte Papst nicht noch einmal dazu befragt? War es grundsätzlich ausgeschlossen, dass bei der Durchsicht eines solchen Textkonvolutes – das Missbrauchsgutachten hat 2.000 Seiten – überhaupt ein Fehler auftreten konnte? Erzbischof Gänswein berichtet weiter: „Erst bei der Vorstellung des Gutachtens, als dann einer der Gutachter sagte, wir haben hier den Beweis, Benedikt war anwesend und nicht abwesend, bin ich natürlich erschrocken, die anderen auch. Und dann haben wir noch einmal nachgeprüft. Und in der Tat, da ist eine Verwechslung passiert. Ich habe das dann Papst Benedikt gesagt. Da sagte er: „Das müssen wir sofort sagen, dass das ein Fehler war, unsererseits. Es war keine Absicht, also es war keine Lüge – eine Lüge geschieht nur mit Absicht –, sondern ein Fehler. Das müssen wir sagen, schnellstmöglich. Bereiten Sie eine Presseerklärung vor und besprechen Sie das mit dem Staatssekretariat.“ So kam es, dass ich dann am Nachmittag des 24. Januar eine Presseerklärung veröffentlicht und entsprechend auch in Aussicht gestellt habe, dass Papst Benedikt sich später dazu in einer Stellungnahme persönlich äußern wird.“

Wir alle wissen heute, welchen Wirbel, welche heftigen Reaktionen und polemische Attacken dieser Fehler ausgelöst hat – und das war vermutlich vorhersehbar. Ich weiß nicht, wie Sie darüber denken, liebe Schwestern und Brüder im Glauben, aber Fehler wie dieser können passieren, auch in ganz alltäglichen Dingen. Vermutlich würde die eine oder der andere von Ihnen so reagieren wie ich und nachfragen: In Anbetracht des hohen Alters, der Person und des umfangreichen Materials, das vorgelegt wurde, scheint ein Missverständnis vorzuliegen in dem einen Fall, mit Blick auf die Faktenlage, die ja nachweisbar ist. Warum wurde nicht noch einmal nachgefragt – ich begreife das nicht. Warum nur? Bei der Vorstellung des Gutachtens wurde zu den Ausführungen Benedikts gesagt: „Wir halten die Aussage oder die Angabe des Papstes Benedikt, er sei in dieser Sitzung nicht anwesend gewesen, als wenig glaubwürdig.“ Eine präzise Nachfrage im Vatikan vorab hätte zur Aufklärung beigetragen, wie wir heute wissen. Ich hätte mir das sehr gewünscht. Denn so unfehlbar ist kein Papst, kein Anwalt, kein helfender Freund, dass ein solches wichtiges Detail nicht auch übersehen werden könnte. In der medialen Öffentlichkeit und in der Kirche brach sodann ein Empörungsrausch aus, dessen Nachwehen bis heute spürbar sind. So betone ich: Lieber Vater Benedikt, seien Sie des Gebetes versichert. Und seien Sie gewiss, dass viele treue Katholiken in ganz Deutschland für Sie beten.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Autoren wider. CNA Deutsch macht sich diese nicht zu eigen.

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