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Kardinal George Pell im EWTN-Interview: Warum ich wieder in Rom bin

Kardinal George Pell am 20. Dezember 2020 in Rom bei einem Interview mit Colm Flynn / EWTN News Nightly.

Sein Fall gilt als "Dreyfus-Affäre" und beispielloser Skandal: Kardinal George Pell hat im Interview mit dem katholischen Fernsehsender EWTN.TV über seine Verurteilung wegen angeblichen sexuellen Missbrauchs gesprochen, seine Zeit im Gefängnis bis zur Aufhebung des Urteils – und warum er nach Rom zurückgekehrt ist.

"Nun, ich nehme an, ich wollte damit meine innere Unschuld bekräftigen", so der australische Prälat gegenüber Vatikan-Korrespondent Colm Flynn, "und ich wollte auch unbedingt den Heiligen Vater sehen, ihm für seine Unterstützung danken".

Am 13. März 2019 war der prominente Prälat und ehemalige Wirtschaftspräfekt des Vatikans zu sechs Jahren Haft in einem Prozess verurteilt worden, den selbst entschiedene Gegner Pells und der Kirche als skandalös bezeichnet hatten.

Eine Jury hatte entschieden, dass der Kleriker in der Kathedrale von Melbourne 1996 zwei Chorknaben sexuell missbraucht habe – bei offener Tür in der Sakristei, direkt nach der heiligen Messe, entgegen der Aussagen von 20 Augenzeugen und ohne einen einzigen Beweis. Die Geschworenen schenkten den – sich teilweise widersprechenden – Aussagen eines der beiden vermeintlichen Opfer Glauben, und das, obwohl selbst das zweite vermeintliche Opfer, mittlerweile verstorben, die angebliche Tat vor seinem Tod bestritten hatte.

Ein Berufungsgericht in Melbourne bestätigte dieses Urteil am 21. August 2019 – gegen die Stimme eines der drei Richter, dem renommierten Juristen Mark Weinberg. Am 7. April 2020 kam Pell frei, nachdem die obersten Richter Australiens einstimmig und mit sofortiger Wirkung den Schuldspruch aufgehoben hatte – so wie es unter anderem Mark Weinberg und eine Petition von über 100.000 Unterschriften gefordert hatte.

Der Fall erschütterte die Weltkirche wie die australische Justiz, wie CNA Deutsch berichtete.

"Eines der interessanten Dinge in Rom war, dass sogar meine 'ideologischen Feinde' nicht glaubten, dass ich schuldig sei: Sie wussten ja, wie es Sonntags in einer großen Kathedrale nach der Messe zugeht", so Pell nun im Interview.

"Viele Menschen in Australien, sogar einige von denen, die mir geholfen haben, stellen sich Kirchen klein und leer vor; meinen, dass da nach der Messe niemand mehr ist.  Aber in einer Kathedrale sind am Sonntag bei der Messe Hunderte von Menschen: 50 im Chor, 15 Messdiener, ein halbes Dutzend in der Sakristei – und dann noch die Mess-Besucher... Der Vorwurf, dass ich unter diesen Umständen zwei Jugendliche, die ich nicht kannte - und von denen auch niemand gesagt hat, dass ich sie gekannt hätte -  belästigt haben soll, ist vollkommen absurd."

Ein Sündenbock für die Kirchenkrise?

 

Er habe "wirklich das Gefühl, dass bei den Verbrechen, die die Missbrauchskrise ans Licht gebracht hat, der Teufel am Werk war", so Pell im Interview weiter.

"Und ich denke, der Hass auf die Kirche, die echte Empörung, die die Menschen angesichts dieser Verbrechen empfunden haben, ist dann soweit gegangen, dass die Menschen einen Sündenbock brauchten. Meine Freunde haben mir erzählt, dass Gegner von mir sogar im Gerichtssaal gesagt haben: 'Vielleicht ist er ja sogar unschuldig - aber die Kirche verdient es, bestraft zu werden für die schrecklichen Dinge, die getan wurden und die Art und Weise, wie man damit umgegangen ist.'"

Auf die Frage, wie er die Nachricht aufgenommen habe, dass Papst Franziskus Kardinal Angelo Becciu seiner Ämter enthoben hatte, antwortete Pell: 

"Ich habe dazu eine kleine Erklärung abgegeben: Ich sagte, dass ich hoffe, dass der 'Säuberungsprozess' sowohl in meinem Bundesstaat Victoria als auch im Vatikan weitergeht. Aber ich muss dazu auch sagen: Ich denke, Becciu hat ein Recht auf einen Prozess. Wie jeder andere auch, hat er ein Recht auf ein ordentliches Verfahren.  Wir werden also sehen, wie es weitergeht."

Mit Blick auf die Kirchenkrise, in Irland wie weiten Teilen der Welt – fordert Pell eine rücksichtslose Aufklärung – und zeigt große Zuversicht.

"Wir müssen uns den beschämenden Tatsachen stellen. Und wir dürfen nicht vergessen, dass wir die Botschaft Christi, die Lehre Christi predigen. Man darf nicht nur auf das schauen, was Schlagzeilen macht, was die antireligiöse Presse sagt. Man muss das Ganze in den Blick nehmen, also auch das sehen, was wir in der Geschichte getan haben: Man darf nicht vergessen, wieviel die Kirche zum Wohl der Menschheit geleistet hat – es ist enorm viel." 

(Die Geschichte geht unten weiter)

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"Wir haben auch eine glorreiche Geschichte, das darf man nicht vergessen. Ich würde den jungen Leuten sagen: Schaut auf das, was Christus gesagt hat. Lest im  Evangelium. Denn Christus ist der, dem sie folgen müssen – nicht der Ex-Erzbischof von Melbourne oder Sydney".

Das ganze Interview – in dem er über seine Gefängnistagebücher, den Finanzskandal und abschließend auch seinen australischen Sinn für Humor spricht – sehen Sie hier.

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