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Besorgter Brief: Kardinal Zen äußert sich zur Synodalitätssynode

Kardinal Joseph Zen Ze-Kiun

Kurz vor dem Auftakt der Synode über die Synodalität in Rom hat ein amerikanisches Portal einen Brief von Kardinal Joseph Zen veröffentlicht, in dem dieser schwere Bedenken anmeldet.

Der emeritierte Erzbischof von Hong Kong plädiert in seinem Schreiben an Kardinäle und Bischöfe für Änderungen der Verfahrensregeln der Synode — sowie für beherzte Diskussionen über die eigentlichen Themen des Treffens.

Der Brief, der auf den 21. September datiert ist, das Fest des Apostels Matthäus, wirft den Organisatoren der Synode Manipulation und das Vorantreiben einer Agenda vor, anstatt einen authentischen kirchlichen Diskurs zu ermöglichen.

CNA hat das Schreiben von einer Quelle erhalten, über das der "Pillar" am heutigen Mittwoch berichtete.

Das Framing der Synodalität

Kardinal Zen untersucht den theologischen Rahmen der Synodalität, indem er sich auf ein kürzlich veröffentlichtes Dokument der Internationalen Theologischen Kommission "Synodalität in Leben und Sendung der Kirche" stützt, in dem betont wird, dass Synodalität sich im Kern auf die Gemeinschaft und die Teilhabe aller Glieder der Kirche an der Sendung der Evangelisierung bezieht. 

Der Kardinal äußert seine Bedenken darüber, dass in den Vorbereitungsunterlagen für die Synode kaum auf dieses wichtige, vom Vatikan genehmigte Dokument Bezug genommen wird.

Auf dem Spiel stehe nichts weniger als die Frage des Amtes der Bischöfe, so Zen, der sich dabei auf die theologischen Grundlagen des Zweiten Vatikanischen Konzils beruft.

"Es verwirrt mich, dass man mir einerseits sagt, dass die Synodalität ein konstitutives Element der Kirche ist, mir aber andererseits sagt, dass dies das ist, was Gott von uns für dieses Jahrhundert erwartet (als Neuheit?)." 

Der Kardinal, der die Dubia im Vorfeld der Synode mitunterzeichnet hat, fügt pointiert hinzu: "Wie kann Gott vergessen haben, seine Kirche in den 20 Jahrhunderten ihres Bestehens dieses konstitutive Element leben zu lassen?" 

Kardinal Zen ist "noch mehr verwirrt und besorgt" über "die Andeutung, dass endlich der Tag gekommen ist, an dem die Pyramide auf den Kopf wird, d.h. die Hierarchie von den Laien überragt wird."

Papst Franziskus hat das Bild einer "auf den Kopf gestellten Pyramide" in einer wichtigen Rede im Jahr 2015 verwendet, anlässlich der 50-Jahr-Feier der Errichtung der Bischofssynode.

Der Heilige Vater beschrieb die Rolle des Apostels Petrus als den "Felsen", auf dem die Kirche gegründet ist, und sagte: "[I]n dieser Kirche befindet sich der Gipfel wie bei einer auf den Kopf gestellten Pyramide unterhalb der Basis."

Ein Teilnehmer der Synodalitätssynode, der australische Priester und Professor Ormond Rush, plädiert aufgrund dieser Äußerungen für eine neue Ekklesiologie und Hierarchie in der Kirche.

Die Lektion des deutschen Synodalen Weges

Im Mittelpunkt der Kritik des Kardinals steht der deutsche Synodale Weg, der weltweit für Kritik gesorgt hat. Nicht nur Papst Franziskus und der Vatikan, sondern Kirchenvertreter deutscher Nachbarländer, etwa aus Polen, den nordischen Ländern haben öffentlich ihre Besorgnis über die deutsche Veranstaltung geäußert. 

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Dennoch, so stellt Kardinal Zen fest, habe der Papst "nie angeordnet, dass dieser Prozess in Deutschland zu stoppen sei". Seine Rede an die deutschen Bischöfe während ihres Ad-Limina-Besuchs 2022 — typischerweise in der Vatikanzeitung L'Osservatore Romano veröffentlicht — sei zudem nicht publiziert worden.  

Kardinal Zen warnt vor diesem Hintergrund in seinem Brief vor Versuchen, von der traditionellen kirchlichen Ordnung abzuweichen, und weist darauf hin, dass jede scheinbar demokratische Neuorientierung mit möglicherweise revolutionären Änderungen einhergehen könnte.

Zen stellt außerdem fest, dass die Zahl der katholischen Gläubigen in Deutschland seit Beginn des Synodalen Weges rapide zurückgegangen ist: "Die Kirche in Deutschland liegt im Sterben." 

Dabei zieht der chinesische Prälat nicht nur Parallelen zum Niedergang des Katholizismus in den Niederlanden. 

Anglikanische Streitigkeiten vermeiden  

Kardinal Zen zieht in seinem Brief eine weitere Parallele: "Ich denke, es ist nicht unangebracht, hier das große Schisma zu erwähnen, das die anglikanische Gemeinschaft bedroht." 

Die Anglikanische Gemeinschaft ist eine weltweite Gemeinschaft von 85 Millionen Christen, die historisch der Church of England  verbunden sind. Im Streit über Themen wie “gleichgeschlechtliche Ehe” und die Weihe von Frauen und Männern, die sich als LGBTQ+ identifizieren, droht diese Gemeinschaft jedoch zu zersplittern.

Kardinal Zen stellt fest, dass dies dazu geführt hat, dass einige Anglikaner ihr Oberhaupt, den anglikanischen Erzbischof von Canterbury, zur Umkehr und Buße auffordern. Andernfalls werden sie "seine Führung nicht länger akzeptieren", schreibt Zen weiter.

Der Kardinal verweist also auf die Entwicklung bei den Anglikanern als klare Lektion für die Katholische Kirche.

Eine Agenda und vorweggenommene Schlussfolgerungen?

In diesem Zusammenhang wirft der Kardinal in seinem Brief dem Synoden-Sekretariat — also der Behörde im Vatikan, die für die Organisation der Synode verantwortlich ist — fragwürdiges Verhalten vor. 

Das Sekretariat der Synode sei ein “Meister der Kunst der Manipulation”, behauptet Zen. Er fügt hinzu: "Oft wird behauptet, dass man keine Agenda verfolge. Das ist wirklich eine Beleidigung unserer Intelligenz. Jeder kann sehen, auf welche Schlussfolgerungen abgezielt wird.”

Zen zieht biblische Beispiele heran, um zu verdeutlichen, dass Veränderungen in der Kirche eher aus die Betrachtung eines größeren göttlichen Schemas als aus willkürliche Veränderungen erfolgen sollten. Er betont eine kontinuierliche, harmonische Entwicklung der Lehre, ganz im Sinne von St. John Henry Newman, und nicht eine fragwürdige Veränderung der Darstellung der Lehre, insbesondere in Fragen der Sexualmoral. 

Zen schreibt, dass die Organisatoren zwar die Notwendigkeit betonen, "allen zuzuhören", sich dabei aber auf eine bestimmte Gruppe konzentrieren würden: "Nach und nach machen sie uns klar, dass es unter diesen 'allen' vor allem diejenigen gibt, die wir 'ausgeschlossen' haben. Schließlich wird uns zu verstehen gegeben, dass damit Menschen gemeint sind, die sich für eine Sexualmoral entscheiden, die sich von der der katholischen Tradition unterscheidet."

Eine radikal veränderte Synode

Zu der Entscheidung, ausgewählten Laien ein Stimmrecht einzuräumen, schreibt der Kardinal: "Wäre ich eines der Mitglieder der Synode, würde ich heftig widersprechen, denn diese Entscheidung verändert radikal den Charakter der Synode, die Papst Paul VI. als Instrument der bischöflichen Kollegialität vorgesehen hatte, auch wenn im Geiste der Synodalität Laien als Beobachter zugelassen werden — mit der Möglichkeit, sich zu äußern." 

"Laien das Wahlrecht zu geben, könnte den Anschein erwecken, dass der sensus fidelium respektiert wird, aber sind sie sicher, dass diese eingeladenen Laien fideles sind? Dass diese Laien zumindest noch in die Kirche gehen? Tatsächlich sind diese Laien ja nicht vom Volk Gottes als Teilnehmer gewählt worden", schreibt Zen.

Der Kardinal versichert den Kardinälen und Bischöfen, er schlage nicht einfach Protest vor. Sinnvoll aber wäre ein Hinweis mit der Bitte, dass wenigstens die Stimmen der Bischöfe und die Stimmen der Laien getrennt gezählt werden. Schließlich leiste dies sogar der deutsche Synodale Weg. 

Der Prälat bemängelt auch den Zeitplan der Synode in Rom. "Es gibt keinerlei Erklärung für die Hinzufügung (auf halber Strecke) einer weiteren Sitzung der Synode im Jahr 2024", schreibt Zen. Er fragt sich, ob "die Organisatoren, die sich nicht sicher sind, ob sie ihre Ziele im Lauf dieser ersten Sitzung erreichen können, sich für mehr Zeit zum Manövrieren entscheiden. Aber wenn das, was der Heilige Geist sagen wollte, durch die Abstimmung der Bischöfe geklärt ist, wozu dann noch eine weitere Sitzung?" 

Die Notwendigkeit eines beherzten Dialogs

Der Kardinal wirft den Organisatoren auch vor, ehrliche, offene Diskussionen zu vermeiden. Er betont, dass der Heilige Geist erst durch einen solchen robusten Dialog — ähnlich derer des Zweiten Vatikanischen Konzils — wirklich wirken kann. 

"Mir scheint, dass man im Zweiten Vatikanum, bevor man zu einer fast einmütigen Schlussfolgerung kam, viel Zeit für lebhafte Diskussionen aufbrachte. Dort war der Heilige Geist am Werk. Wer Diskussionen vermeidet, geht der Wahrheit aus dem Weg,” schreibt Zen.

Sein Brief ruft die Bischöfe dazu auf, nicht nur unhinterfragt Verfahrensanweisungen zu befolgen, sondern bereits im Vorfeld der Synode Gebete zu verrichten und so die geistlichen Vorbereitungen zu leisten, die Papst Johannes XXIII. vor dem Zweiten Vatikanum verrichtete.

"Ich weiß, dass der Heilige Vater bei der Synode über die Familie die Vorschläge mehrerer Kardinäle und Bischöfe gerade in Bezug auf das Verfahren abgelehnt hat. Wenn Sie jedoch respektvoll eine Petition vorlegen, die von zahlreichen Unterzeichnern unterstützt wird, wird diese vielleicht angenommen werden. In jedem Fall haben Sie Ihre Pflicht getan. Ein unvernünftiges Verfahren zu akzeptieren, hieße, die Synode zum Scheitern zu verurteilen."

Der 91-jährige Kardinal schließt mit einem weiteren Appell an seine Mitbrüder unter den Bischöfen und Kardinälen zum Gebet — und einem Aufruf, sich für eine Änderung des Ablaufs der Synode einzusetzen.

"Dieser Brief, den ich schreibe, ist vertraulich, aber es wird nicht einfach sein, ihn vor den Massenmedien geheim zu halten. Alt wie ich bin, habe ich nichts zu gewinnen und nichts zu verlieren. Ich werde froh sein, das getan zu haben, was ich für meine Pflicht halte."  

 
 
 
 
 

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