24. Januar 2021
Im Wesentlichen sind sich Christen aller Konfessionen hoffentlich einig: Die Trennung am Tisch des Herrn tut sehr weh. Auf die "Lehrmäßigen Anmerkungen" der Glaubenskongregation zum Papier "Gemeinsam Tisch des Herrn" haben nun Prof. Dorothee Sattler und Prof. Volker Leppin für den "Ökumenischen Arbeitskreis" eine ausführliche Stellungnahme vorgelegt, die bedacht, beachtet und diskutiert werden sollte.
Gesprochen wird dort von "evangelischen Christen", die mit ihrem Amen zum Hochgebet der Kirche aller Zeiten und Orte den "lebendigen Zusammenklang von Katholizität, Ökumenizität und Einheit der einen, heiligen Kirche Jesu Christi" bekunden. Dies sei eine "Gewissensentscheidung, die Respekt verdient", die nicht in Abrede werden solle – und die auch niemand in Abrede stellt, weder in Rom noch anderswo. Die Christgläubigen handeln aus dem protestantischen Verständnis heraus und treffen subjektiv eine Gewissensentscheidung. Sattler und Leppin fahren fort: "Die wechselseitige Teilnahme an den Feiern von Abendmahl und Eucharistie lässt sich beim heutigen Stand der Dinge überhaupt nur als Ausdruck einer individuellen Gewissensentscheidung begründen." Sodann postulieren sie: "Aber eine solche Gewissensentscheidung sollte – schon aus seelsorglichen Gründen – in der einen oder anderen Richtung mit Achtung und Respekt behandelt werden." (ebd., S. 22) Der hier verwendete Begriff des Gewissens weicht aber von der Lehre der Kirche ab. Kann oder darf ein Seelsorger aus scheinbar "seelsorglichen Gründen" eine bloß "individuelle Gewissensentscheidung" empfehlen? Die Not des Individuums ist verständlich, und die Einzelnen bedürfen der pastoralen Begleitung. Die Gewissensbildung des Subjekts genügt aber nicht, es bedarf der kirchlichen Gewissensbildung. In Abschnitt 1782 des Katechismus der Katholischen Kirche heißt es: "Das Gewissen muß geformt und das sittliche Urteil erhellt werden. Ein gut gebildetes Gewissen urteilt richtig und wahrhaftig. Es folgt bei seinen Urteilen der Vernunft und richtet sich nach dem wahren Gut, das durch die Weisheit des Schöpfers gewollt ist. Für uns Menschen, die schlechten Einflüssen unterworfen und stets versucht sind, dem eigenen Urteil den Vorzug zu geben und die Lehren der kirchlichen Autorität zurückzuweisen, ist die Gewissenserziehung unerläßlich." Hinzuweisen ist hier weiter auf den Abschnitt 1792: "Unkenntnis über Christus und sein Evangelium, schlechte Beispiele anderer Leute, Verstrickung in Leidenschaften, Anspruch auf eine falsch verstandene Gewissensautonomie, Zurückweisung der Autorität der Kirche und ihrer Lehre, Mangel an Umkehrwillen und christlicher Liebe können der Grund für Fehlurteile im sittlichen Verhalten sein." Die "Zurückweisung der Autorität der Kirche und ihrer Lehre" wird verbindlich und verpflichtend ausgeschlossen – und die Lehre der Kirche ist eindeutig. Jeder Seelsorger ist daran gebunden, dies zu beachten und auf die verbindliche Gültigkeit der Lehre der Kirche zu verweisen, in diesem Fall also zur Gewissensbildung anzuleiten.
In dem neuen ÖAK-Papier wird ausgeführt, dass die "wechselseitige, gastweise Öffnung der Mahlfeiern für Christinnen und Christen der anderen Konfession ein kleiner, erster und in Demut vollzogener Schritt [sei], der das Bemühen um die volle Wiederherstellung der Gemeinschaft im Glauben nicht ersetzen, wohl aber beflügeln kann" (ebd., S. 25). Wir Christen leiden sehr daran, getrennt am Tisch des Herrn zu sein. Wenn die konfessionellen Spaltungen irgendwelche Vorzüge hätten, dann sollte der "Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen" vielleicht in "Päpstlicher Rat zur Förderung der Vielfalt der Christen" umbenannt werden. Die Trennung schmerzt das verkennt doch niemand. Das inständige Gebet für die Einheit der Christen ist sehr nötig, aber wir können sie nicht selbst herstellen oder säkular beschleunigen. Darum habe ich den begründeten Zweifel, dass aus katholischer Sicht ein subjektives Gewissensurteil je einem kirchlich geformten Gewissensurteil vorgezogen werden sollte.
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