Vatikanstadt - Mittwoch, 6. März 2024, 15:00 Uhr.
Am Montag hat Frankreich als erstes Land der Welt das Recht auf Abtreibung in der Verfassung verankert – ein Schritt, der von den französischen Bischöfen und dem Vatikan entschieden abgelehnt wird.
„Die Päpstliche Akademie für das Leben bekräftigt, dass es gerade im Zeitalter der universellen Menschenrechte kein ‚Recht‘ auf die Tötung eines menschlichen Lebens geben kann“, hieß es in einer Erklärung, die am 4. März von der französischen Bischofskonferenz nach der historischen Abstimmung veröffentlicht wurde.
Die Päpstliche Akademie für das Leben (PAV) appellierte weiter an „alle Regierungen und alle religiösen Traditionen, ihr Bestes zu tun, damit in dieser Phase der Geschichte der Schutz des Lebens zu einer absoluten Priorität wird, mit konkreten Schritten zugunsten von Frieden und sozialer Gerechtigkeit, mit wirksamen Maßnahmen für den allgemeinen Zugang zu Ressourcen, Bildung und Gesundheit“.
Die Vatikan-Akademie stellte fest, dass „der Schutz des menschlichen Lebens das erste Ziel der Menschheit“ ist, erkannte aber auch die unzähligen sozioökonomischen und persönlichen Schwierigkeiten an, mit denen manche Familien und Frauen konfrontiert sind. Diese „Lebenssituationen und schwierigen und dramatischen Kontexte unserer Zeit“ müssten von den Regierungen und der Zivilgesellschaft angegangen werden, aber in einer Weise, die „im Dienst der menschlichen Person und der Brüderlichkeit“ stehe und „die Schwächsten und Verletzlichsten“ schütze, so die Erklärung der PAV weiter.
Vor der Abstimmung am Montag drückte der Bischof von Versailles, Luc Crepy, seine „Traurigkeit“ und „tiefe Ablehnung“ gegenüber dieser Entwicklung aus.
Der Bischof wiederholte den Aufruf zur Achtung des Lebens „von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod“, das, wie er hinzufügte, „als Teil des gemeinsamen Fundaments, auf dem unsere Gesellschaft beruht, anerkannt werden sollte“.
„Ich möchte die in Versailles versammelten Parlamentarier ermutigen, jeglichem medialen oder politischen Druck zu widerstehen, gewissenhaft und ernsthaft abzustimmen, und Mut zu zeigen, wie es einige – denen ich danke – bereits getan haben“, so der Bischof in seiner Erklärung vom 2. März weiter.
Frankreich hat eine Zweikammer-Legislative, die aus einem Unterhaus, der Nationalversammlung, und einem Oberhaus, dem Senat, besteht. Im Januar stimmte die Nationalversammlung für eine Verfassungsänderung, die „das Recht der Frauen auf einen Schwangerschaftsabbruch, das garantiert ist“, betrifft. Der Senat stimmte am 1. März für eine ähnliche Maßnahme.
Am Montag, dem 4. März, verabschiedete das Parlament in einer gemeinsamen Sitzung die Gesetzesvorlage mit 780 zu 72 Stimmen, woraufhin es zu lang anhaltenden stehenden Ovationen kam.
Später am Abend wurde der Eiffelturm mit den Worten „Mein Körper, meine Entscheidung“ beleuchtet, während jubelnde Schaulustige feierten – eine Szene, die sich im ganzen Land wiederholte.
Die Änderung wurde von Präsident Emmanuel Macron im Jahr 2023 befürwortet und spiegelt einen breiten Konsens in der französischen Öffentlichkeit wider.
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Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov von Ende Februar sprachen sich 66 Prozent der Franzosen für eine Verfassungsänderung zum Schutz der Abtreibung aus, wobei die größten Gruppen der Befürworter unter den 18- bis 34-Jährigen (76 Prozent) und den Frauen (71 Prozent) zu finden waren.
Während einige der Meinung sind, dass Macrons Unterstützung für die Gesetzesänderung politisch motiviert war, haben andere geäußert, die Abstimmung habe aufgrund eines gemeinsamen Gefühls der „Panik“ französischer Frauen stattgefunden, wobei sie die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA vom Juni 2022 zur Aufhebung des Abtreibungsurteils Roe v. Wade als Beispiel anführten.
„Wir haben eine Debatte importiert, die nicht französisch ist, denn die Vereinigten Staaten waren die ersten, die das Gesetz mit der Aufhebung von Roe v. Wade abgeschafft haben … Es gab einen Panikeffekt durch die feministischen Bewegungen, die dies in den Marmor der Verfassung eingravieren wollten“, sagte Pascale Moriniere, Präsidentin der Vereinigung katholischer Familien.
Mathilde Panot, die Vorsitzende der linken Partei „La France insoumise“ und eine wichtige Kraft hinter dem Gesetzentwurf, teilte diese Ansicht in einer Erklärung gegenüber „Politico“.
„Es ist unmöglich zu sagen, ob das Recht auf Abtreibung in Frankreich in Zukunft nicht in Frage gestellt werden wird“, sagte sie. „Es ist wichtig, daraus Kapital zu schlagen, wenn wir die Öffentlichkeit auf unserer Seite haben.“
Frankreich hat die Abtreibung 1975 entkriminalisiert, und 2022 wurde die Grenze für Abtreibungen auf 14 Schwangerschaftswochen erweitert.
Papst Franziskus ist seit langem ein entschiedener Gegner der Abtreibung, bezeichnete sie als „Mord“ und sagte, sie sei gleichbedeutend mit der „Beauftragung eines Auftragskillers“. Das Schreiben der PAV vom 4. März zitierte die Worte des Papstes aus einer Generalaudienz vom 25. März 2020, als er feststellte: „Der Schutz des Lebens ist keine Ideologie, sondern eine Realität, eine menschliche Realität, die alle Christen betrifft, gerade weil sie Christen sind und weil sie Menschen sind.“
Obwohl Frankreich seit langem den Beinamen „älteste Tochter der Kirche“ trägt, hat der Glaube in den letzten Jahrzehnten einen starken Rückgang erfahren.
Laut einer Umfrage des Nationalen Instituts für Statistik und Wirtschaftsstudien Frankreichs bezeichnen sich nur 29 Prozent der Franzosen im Alter von 18 bis 59 Jahren als katholisch, während von den Gläubigen nur schätzungsweise 8 Prozent regelmäßig die Messe besuchen.
Übersetzt und redigiert aus dem Original von Catholic News Agency (CNA), der englischsprachigen Partneragentur von CNA Deutsch.