Mehrere deutsche Bischöfe ordnen Ergebnisse der Europawahl ein

Symbol der Europäischen Union
Maximalfocus / Unsplash

Mehrere deutsche Bischöfe haben bereits am Sonntag bzw. am Montag die Ergebnisse der Europawahl eingeordnet und kommentiert. Auch die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, meldete sich zu Wort.

Bei der Wahl zum Europäischen Parlament war am Sonntag die Union, bestehend aus CDU und CSU, mit 30 Prozent der Stimmen stärkste Kraft geworden. Mit 15,9 Prozent lag die AfD, die von den Bischöfen zuletzt extrem scharf kritisiert und als für Christen „nicht wählbar“ charakterisiert worden war, auf dem zweiten Platz. Erst dann folgten SPD, Grüne und FDP, die derzeit die Bundesregierung stellen, zusammen aber nur auf 31 Prozent kamen.

Bischof Franz-Josef Overbeck von Essen erklärte, das Wahlergebnis zeige, „dass die demokratischen und europaverlässlichen Kräfte als Gesamt gestärkt wurden“. Das „Erstarken rechtspopulistischer Kräfte“ müsse aber eine Mahnung sein: „Wir müssen mit allen Kräften unsere Demokratie verteidigen. Demokratie ist nicht selbstverständlich, sondern braucht ein engagiertes Bekenntnis!“

In einer ersten Reaktion betonte der Hamburger Erzbischof Stefan Heße: „Wir sind mehr denn je herausgefordert, uns für die demokratische Kultur und für Europa zu engagieren.“ Es bleibe nun, nach der Europawahl, „Tag für Tag die Aufgabe, für die europäische Idee zu werben und sie erlebbar zu machen“.

Bischof Stephan Ackermann von Trier zeigte sich zurückhaltend: „Ich blicke mit gemischten Gefühlen auf das Ergebnis der Europawahl hier in Deutschland.“

Zwar sei einerseits „sehr erfreulich, dass die Wahlbeteiligung mit rund 65 Prozent hoch ist und im Vergleich zur letzten Europawahl gestiegen ist“. Aber: „Was mich erschreckt, ist die Analyse, dass viele der unter 30-Jährigen die AfD gewählt haben. Ich sehe nicht, dass diese Partei eine echte Antwort gibt auf die Sorgen junger Menschen um unseren Planeten oder um ihre Perspektiven für Ausbildung, Studium und Arbeits- und Familienleben.“

Man müsse sich nun „fragen, was diese Wahlentscheidung ausgelöst hat, ob es Unzufriedenheit ist oder ein Sicherheitsbedürfnis, und wie wir dem begegnen können“.

ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp gab zu Protokoll: „Es stimmt mich zuversichtlich, dass so viele Menschen ihr Wahlrecht genutzt und somit mitbestimmt haben, welche Politik in den nächsten fünf Jahren in der Europäischen Union gemacht wird.“

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Mit Blick auf die Tatsache, dass Erstwähler „zu 17 Prozent ihr Kreuz bei der AfD gemacht haben“, zeigte Stetter-Karp sich „bestürzt“. Sie forderte: „Wir müssen die demokratische Bildung an den Schulen stärken und alles tun, um ein dauerhaftes Netzwerk für Zivilcourage und gegen Rechtsextremismus zu knüpfen.“

Zur Arbeit der EU in den nächsten Jahren sagte Stetter-Karp, man müsse „die Beitrittskandidaten weiterhin unterstützen. Ob Georgien, Moldau, die Länder des Westbalkans oder die Ukraine: Es ist Zeit für Erweiterungen und institutionelle Reformen. Die Antwort auf die geopolitischen Herausforderungen ist eine gestärkte europäische Handlungsfähigkeit. Dazu gehören insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik mehr qualifizierte Mehrheitsentscheidungen.“

Im Gespräch mit dem Kölner Domradio sagte der Priester Antonius Hamers in seiner Funktion als Leiter des Katholischen Büros Nordrhein-Westfalen: „Beim Ergebnis der AfD in Deutschland muss man auch das Bündnis Sahra Wagenknecht dazurechnen, weil die natürlich in ähnlichen Milieus und in ähnlichen Wählerschichten fischen. Das ist schon besorgniserregend, wenn diese Europaskepsis oder die Parteien, die sehr europaskeptisch sind, so große Ergebnisse sowohl in Deutschland wie aber auch in anderen europäischen Ländern erzielen. Das macht das europäische Zusammenwirken sicherlich schwieriger.“

„Es ist offensichtlich nicht gelungen, allen Menschen deutlich zu machen, welch große Errungenschaft Europa ist“, so die Analyse von Hamers. „Bei aller Komplexität, die wir gerade beleuchtet haben, überwiegen die Vorteile der europäischen Einigung und auch der gemeinsamen europäischen Politik und der gemeinsamen europäischen Entscheidung bei weitem, auch wenn es kompliziert, manchmal vielleicht auch schwierig oder langwierig ist und manche Leute den Eindruck haben, dass die Bürokratie überwiegt.“

AKTUALISIERUNG am 11. Juni 2024 um 10:26 Uhr:

Kardinal Reinhard Marx, der Erzbischof von München und Freising, sagte am Dienstagmorgen: „Um die Demokratie, die Freiheit und unsere Lebensgrundlagen zu bewahren, brauchen wir Projekte der Verständigung wie die Europäische Union.“ Daher müsse die Kirche „klar gegen jeden Nationalismus sein“.

Trotz des Stimmenzuwachses der Parteien, die häufig als europaskeptisch bezeichnet werden, sei es „bei Weitem nicht so, dass eine Mehrheit für extreme Parteien und somit gegen die Europäische Union gestimmt hat. Im Gegenteil haben mehr als zwei Drittel der Wählenden mit ihrer Stimme für diese Union und für die Verständigung gestimmt.“

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