Plagiatsvorwürfe: Union will Wahl von Brosius-Gersdorf wohl blockieren

Frauke Brosius-Gersdorf
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UPDATE, 11. Juli 2025, 13:01 Uhr: Die Wahl von drei neuen Richtern für das Bundesverfassungsgericht wurde von der Tagesordnung genommen und verschoben. Ein neuer Termin steht noch nicht fest.

Die Union will die für heute geplante Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin im Bundestag verhindern, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtete. Hintergrund sind Vorbehalte gegen die von der SPD nominierte Rechtsprofessorin, die auf kurzfristig aufgekommene Plagiatsvorwürfe gegen ihre Doktorarbeit zurückzuführen sind.

Die Abtreibungspositionen von Brosius-Gersdorf hatte CDU und CSU nicht dazu bewegt, die Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht abzulehnen. Trotz erheblicher katholischer Kritik hatte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zunächst erklärt, er könne die Wahl von Brosius-Gersdorf vor seinem Gewissen verantworten, wie CNA Deutsch berichtete. Der Applaus in der eigenen Fraktion war daraufhin indes eher verhalten.

Insbesondere aus der Union gab es anfangs starken Widerstand gegen Brosius-Gersdorf, da sie eine Legalisierung von Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen für verfassungsrechtlich möglich hält. Die Nominierung von Brosius-Gersdorf steht im Widerspruch zum aktuellen Wahlprogramm der CDU. Darin heißt es: „Paragraf 218 bleibt.“

In Deutschland werden bereits nach aktueller Rechtslage jährlich mehr als 100.000 ungeborene Kinder im Mutterleib getötet. Von 1996 bis 2023 wurden ungefähr 1,8 Millionen Kinder abgetrieben.

Ultimatum der Union

Bei einer Sonderfraktionssitzung am Freitagmorgen stellte die Union der SPD ein Ultimatum: Entweder die Abstimmung über Brosius-Gersdorf wird abgesetzt, oder die Union wird sich bei der Abstimmung enthalten. Dies teilten Bundeskanzler Friedrich Merz und Unionsfraktionschef Jens Spahn der SPD-Fraktion mit. Als Begründung führten sie neben den politischen Vorbehalten auch die Plagiatsvorwürfe an, die zunächst aufgeklärt werden müssten.

Für die drei vakanten Richterstellen am Bundesverfassungsgericht hatte die Union den Arbeitsrichter Günter Spinner nominiert, die SPD die Professorinnen Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold. Bei der geheimen Wahl ist eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Abgeordneten erforderlich. Union, SPD und Grüne fehlen bei voller Besetzung des Bundestags sieben Stimmen zur Zweidrittelmehrheit.

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Die Weigerung der Union, Brosius-Gersdorf zu wählen, könnte zu einer Koalitionskrise führen. Sollte die Wahl im Bundestag scheitern, könnte das Wahlrecht an den Bundesrat übergehen. Dies wäre für die schwarz-rote Koalition äußerst blamabel, da sie wichtige Entscheidungen aus der Hand geben müsste.

Plagiatsvorwürfe als neuer Streitpunkt

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Kurz vor der geplanten Wahl kamen Plagiatsvorwürfe gegen Brosius-Gersdorf auf. Der österreichische Plagiatsgutachter Stefan Weber wirft der Kandidatin vor, in ihrer Dissertation 23 Textparallelen zur Habilitationsschrift ihres Ehemannes Hubertus Gersdorf zu haben.

Weber dokumentierte „Verdachtsstellen auf Collusion und Quellenplagiate“ zwischen beiden Arbeiten. Auch die Zitierfehler seien in beiden Werken identisch. Die Arbeit von Brosius-Gersdorf wurde indes vor jener ihres Ehemannes eingereicht, weshalb es auch sein könnte, dass Gersdorf Vorwürfe gemacht werden sollten, nicht aber Brosius-Gersdorf.

Der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch forderte den Rückzug der Kandidatin: „Jetzt kommen auch noch Zweifel an ihrer akademischen Redlichkeit hinzu.“ Er kritisierte die SPD: „Jetzt reicht es. Die SPD sollte die Kandidatur von Frau Brosius-Gersdorf endlich zurückziehen und damit weiteren Schaden vom Verfassungsgericht abwenden“.

Die Position der katholischen Kirche

Die katholische Kirche hat sich unmissverständlich gegen die Nominierung Brosius-Gersdorfs positioniert.

Besonders deutlich wurden die bayerischen Bischöfe Stefan Oster SDB (Passau) und Rudolf Voderholzer (Regensburg), die von einem „radikalen Angriff auf die Fundamente unserer Verfassung“ sprachen, wie CNA Deutsch berichtete.

In ihrer gemeinsamen Stellungnahme betonten sie: „Unser Grundgesetz ist maximal inklusiv. Jedem Menschen wird unabhängig von seiner Lebenssituation Menschenwürde und das Recht auf Leben zugesprochen“.

Wer die Ansicht vertrete, dass der Embryo oder Fötus im Mutterleib keine Würde und nur ein geringeres Lebensrecht habe, dem dürfe „nicht die verbindliche Auslegung des Grundgesetzes anvertraut werden“. Ihre Warnung war eindeutig: „Es darf in Deutschland nie wieder Menschen zweiter Klasse geben.“

Der Leiter des Katholischen Büros, Prälat Karl Jüsten, betonte zudem, dass die Kirche verfassungsrechtliche Positionen für ein abgestuftes Lebensschutzkonzept nicht teile und die Menschenwürde des ungeborenen Lebens nicht infrage stelle.

Laut der katholischen Kirche ist Abtreibung in all ihren Formen ein schweres sittliches Vergehen, das gegen das göttliche und natürliche Gesetz verstößt. Im Katechismus der Katholischen Kirche heißt es dazu: „Das menschliche Leben ist vom Augenblick der Empfängnis an absolut zu achten und zu schützen.“