Kardinal Müller kritisiert Segnung homosexueller Verbindungen in deutschen Bistümern

Kardinal Gerhard Ludwig Müller
Daniel Ibáñez / CNA Deutsch

Der frühere Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, hat die Einführung von Segnungsriten auch für homosexuelle Verbindungen in deutschen Bistümern scharf kritisiert. Mit Limburg und Rottenburg-Stuttgart haben die ersten beiden deutschen Diözesen den „Segen für alle“ eingeführt, was Müller als „frommen Betrug“ bezeichnete und mit dem historischen Ablasshandel verglich.

Der Kardinal bezog sich in seinem Gastbeitrag für die katholische Wochenzeitung „Die Tagespost“ sowohl auf die neue Praxis in Deutschland als auch auf das vatikanische Dokument Fiducia supplicans, das im Dezember 2023 mit Gutheißung von Papst Franziskus veröffentlicht wurde.

Müllers theologische Argumentation

Müller argumentierte, dass nach biblischem Verständnis eine Ehe nur zwischen Mann und Frau bestehe und kirchliche Segnungsriten zur Legitimierung irregulärer Lebensverhältnisse sowohl unwirksam bei Gott als auch gegenüber den Beteiligten ein „frommer Betrug“ seien.

Er verglich die aktuelle Situation mit dem Ablasshandel des Mittelalters, der „das ewige Heil der Betrüger und Betrogenen gefährdete und uns die bis heute andauernde Spaltung der Christenheit einbrachte“.

Der Kardinal sah in dieser Praxis keinen Fortschritt, sondern einen „Kompromiss mit dem atheistischen Menschenbild“, das aus dem philosophischen Materialismus seit der Aufklärung resultiere. Er warf den deutschen Bischöfen vor, ihre bei der Weihe geleistete Treue zum katholischen Glauben zu vergessen.

„Manche Bischöfe in Deutschland und anderswo sollten sich erinnern, dass sie bei ihrer Weihe, in der sie Christus zu Nachfolgern der Apostel macht, die Treue zum ganzen katholischen Glauben versprochen haben“, mahnte Müller eindringlich.

Kritik an Fiducia supplicans

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Besonders scharf kritisierte Müller das vatikanische Dokument Fiducia supplicans. Den Text bezeichnete er als „in sich selbst schon konfus“ und im Widerspruch zu vorangegangenen Dokumenten der Glaubenskongregation.

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Das von Papst Franziskus ausdrücklich gebilligte Dokument erlaubte es Priestern erstmals, unter bestimmten Umständen auch Verbindungen in „irregulären Situationen“, einschließlich homosexueller Verbindungen, zu segnen. In der Erklärung wird zwischen liturgischen Segnungen und spontanen pastoralen Segnungen unterschieden, die nicht Teil der offiziellen Kirchenriten sind.

In einem früheren Aufsatz für das amerikanische Magazin First Things führte Müller aus, dass Fiducia supplicans zwar nicht unmittelbar häretisch sei, aber logisch zur Häresie führe. Er kritisierte, dass das Dokument eine neue Kategorie von Segnungen einführe, die weder in der Heiligen Schrift noch in der Tradition der Kirche begründet sei.

Deutsche Bistümer führen Segen für alle ein

Die Bistümer Limburg und Rottenburg-Stuttgart haben als erste deutsche Diözesen die Empfehlung der Handreichung „Segen gibt der Liebe Kraft“ umgesetzt. Die Handreichung, die von der Gemeinsamen Konferenz der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken im April 2025 verabschiedet wurde, sieht Segensfeiern für alle Paare vor – unabhängig von Lebensform, Familienstand und sexueller Orientierung.

Bischof Georg Bätzing von Limburg betonte dazu, dass mit der Umsetzung der Handreichung Menschen in Partnerschaften gestärkt werden sollen, die „in Liebe und Verantwortung miteinander leben“. Der Segen sei „Ausdruck von Nähe, Respekt und Hoffnung“.

Das Bistum Rottenburg-Stuttgart hatte eine Materialsammlung mit dem Titel „Wir lieben uns – welch ein Segen!“ veröffentlicht. Die Sammlung richtet sich an Seelsorger, die Paare begleiten, „die nicht kirchlich verheiratet oder geschieden und wiederverheiratet sind sowie Paare in der ganzen Vielfalt sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identitäten“.

Dabei berief sich die deutsche Handreichung auf die Beschlüsse des Synodalen Weges und das vatikanische Dokument Fiducia supplicans. Kritiker wie die Initiative „Neuer Anfang“ sehen darin einen Widerspruch zur ursprünglichen Intention des Vatikandokuments. Sie werfen der Handreichung vor, „das Gegenteil der erklärten Absichten“ des Papstes zu fördern, wie CNA Deutsch berichtete.

Müller sieht das Zweite Vatikanische Konzil als Gegenargument zur aktuellen Praxis: Er zitierte dazu die Dogmatische Konstitution über die Göttliche Offenbarung, die besagt, dass das Lehramt nur das lehren dürfe, was überliefert ist.