Vatikanstadt - Montag, 1. April 2019, 8:10 Uhr.
Der Dialog mit dem Islam und die Lehre der Kirche, die Aufnahme von Migranten in Europa und der Fall von Kardinal Philippe Barbarin - aber auch die Gewissensfreiheit und der Krisengipfel zu Missbrauch waren die Themen: Auf dem Rückflug seiner Visite in Marokko hat Papst Franziskus sich den Fragen einiger Journalisten gestellt.
CNA Deutsch dokumentiert den Wortlaut der "fliegenden Pressekonferenz" in deutscher Sprache in einer eigenen Übersetzung.
Papst Franziskus: Ich bin dankbar für Ihre Begleitung, die Reise, Ihre Arbeit. Es war eine Herausforderung, denn anderthalb Tage, und dann so viele Dinge, nicht wahr? Also, danke für Ihre Arbeit und jetzt stehe ich Ihnen zu Diensten.
Alessandro Gisotti, Pressesprecher des Vatikans: Wie immer fangen wir natürlich mit den lokalen Medien an. Siham Toufiki, Sie können die Frage auf Englisch stellen, wie Sie wollen!
Siham Toufiki: Ich stelle sie auf Französisch. Es gab sehr starke Momente, dieser Besuch war außergewöhnlich, historisch für das marokkanische Volk. Welche Konsequenzen hat dieser Besuch für die Zukunft, für den Frieden in der Welt, für die Koexistenz im Dialog der Kulturen?
Papst Franziskus: Ich würde sagen, es gibt jetzt schon Blüten, die Früchte aber werden später kommen, doch die Blüten sind vielversprechend. Ich bin glücklich, denn auf diesen beiden Reisen konnte ich viel darüber reden, was mir am Herzen liegt: Frieden, Einheit, Brüderlichkeit. Mit muslimischen Brüdern und Schwestern haben wir diese Bruderschaft im Dokument von Abu Dhabi und hier, in Marokko besiegelt, damit haben wir alle eine Freiheit erlebt, ein Willkommen, alle Brüder mit so großem Respekt, und das ist eine schöne Blüte der Koexistenz, eine schöne Blüte, die verspricht, Früchte zu tragen.
Wir dürfen nicht aufgeben. Es stimmt, dass es noch Schwierigkeiten geben wird. Es wird viele Schwierigkeiten geben, denn leider gibt es auch fundamentalistische Gruppen. Das möchte ich auch klar sagen: In jeder Religion gibt es immer fundamentalistische Gruppen, die nicht voranschreiten wollen und die von bitteren Erinnerungen an vergangene Kämpfe leben und mehr Krieg suchen, und auch Angst säen; und wir haben gesehen, dass es schöner ist, Hoffnung zu säen. Die Hoffnung zu säen, das bedeutet Hand in Hand zu gehen, immer vorwärts.
Wir haben auch im Dialog mit Ihnen hier in Marokko gesehen, dass Brücken gebaut werden müssen, und es schmerzt uns, wenn wir Menschen sehen, die lieber Mauern bauen. Warum schmerzt uns das? Weil diejenigen, die Mauern bauen, zu Gefangenen der Mauern werden, die sie bauen. Stattdessen werden diejenigen, die Brücken bauen, vorwärts gehen. Brücken bauen ist für mich etwas, das fast über den Menschen hinausgeht, weil es viel Mühe erfordert.
Ich war so berührt von einem Satz aus Ivo Andrics Roman "Die Brücke über die Drina": Er sagt, dass die Brücke von Gott mit den Flügeln von Engeln gemacht wurde, damit die Menschen sich verständigen können.... damit die Menschen kommunizieren können. Die Brücke ist für menschlichen Kommunikation. Und das ist schön und habe ich hier in Marokko gesehen. Es ist schön. Statt Mauern, die gegen die Kommunikation sind – die sind für Isolation und diejenigen, die sie bauen, werden Gefangene dieser Mauern werden. Also, zusammenfassend: Die Früchte sind nicht sichtbar, aber man sieht viele Blüten, die Früchte tragen werden. Lasst uns so vorwärts schreiten.
Alessandro Gisotti: Heiliger Vater, Nicolas Seneze von La Croix stellt Ihnen jetzt eine Frage, vielleicht kann ich Cristina Cabrejas bitten, in der Zwischenzeit zu uns nach vorne zu kommen, damit wir etwas Zeit gewinnen.
Nicolas Seneze: Guten Abend, Heiliger Vater. Gestern sagte der König von Marokko, er werde marokkanische Juden und Christen aus anderen Ländern, die in Marokko leben, beschützen. Da stellt sich die Frage: Und was ist mit den Muslimen, die zum Christentum konvertieren? Ich würde gerne wissen, ob Sie sich Sorgen um diese Männer und Frauen machen, die Gefahr laufen, inhaftiert zu werden, oder denen der Tod droht in einigen der muslimischen Länder, etwa die Vereinigten Arabischen Emirate - die Sie besucht haben. Und eine weitere Frage ist etwas hinterlistig, nämlich zu Kardinal [Philippe] Barbarin, der in Rabat geboren wurde, das Sie für zwei Tage besucht haben.
Papst Franziskus: Eine Frage?
Nicolas Seneze: Es ist ein wenig hinterlistig, ich weiß, aber diese Woche haben die Räte der Diözese Lyon fast einstimmig beschlossen, dass eine dauerhafte Lösung für seinen Ruhestand (seine Beurlaubung) gefunden wird (…) Ich wollte wissen, ob es für Sie möglich ist, dass Sie sehr an der Synodalität der Kirche hängen, diesen Aufruf einer Diözese zu hören, die in einer so schwierigen Lage ist. Ich danke Ihnen.
Papst Franziskus: Die erste Frage war?
Nicolas Seneze: Zu Muslimen, die sich zum Christentum bekehren.
Papst Franziskus: Ich kann sagen, dass es in Marokko die Kultusfreiheit gibt, es gibt Religionsfreiheit, es gibt die Zugehörigkeitsfreiheit. Die Freiheit entfaltet sich immer, sie wächst. Man denke an uns Christen vor 300 Jahren, ob es damals die Freiheit gab, die wir heute haben. Der Glaube wächst im Bewusstsein, in der Fähigkeit, sich selbst zu verstehen. Ein Mönch von Ihnen, ein Franzose, Vinzenz von Lérins, aus dem neunten oder achten Jahrhundert [aus dem fünften Jahrhundert, Anm.d.Red.], prägte einen schönen Ausdruck um zu erklären, wie man im Glauben wachsen, die Dinge besser erklären, auch in der Moral wachsen kann, aber immer den Wurzeln treu bleiben. Er sagte drei Worte, welche den Weg weisen, um das zu erklären, wie man im Erklären und Verständis des Glaubens und der Moral wachsen kann, "annis scilicet consolidetur, dilatetur tempore, sublimetur aetate", das heißt, es schreitet voran, konsolidiert sich mit den Jahren, entwickelt sich mit der Zeit, vertieft sich mit dem Alter, aber es ist derselbe Glaube, der mit den Jahren erweitert wurde.
So ist beispielsweise zu verstehen, dass wir heute die Todesstrafe aus dem Katechismus der Katholischen Kirche entfernt haben. Vor dreihundert Jahren wurden Ketzer bei lebendigem Leib verbrannt. Die Kirche ist in ihrem moralischen Bewusstsein gewachsen, in ihrer Achtung vor der Person, und der Freiheit der Glaubensausübung. Auch wir müssen weiter wachsen. Es gibt Menschen, Katholiken, die das, was das Zweite Vatikanische Konzil über die Religionsfreiheit, die Gewissensfreiheit gesagt hat, nicht akzeptieren. Es gibt Menschen, die das nicht akzeptieren. Wir haben dieses Problem also auch. Aber auch die muslimischen Brüder wachsen im Bewusstsein. In einigen Ländern verstehen sie das nicht so gut oder entwickeln sich nicht so wie andere.
In Marokko gibt es dieses Wachstum. Innerhalb dieses Rahmens gibt es das Problem der Bekehrung. Einige Länder sehen das immer noch nicht. Ich weiß nicht, ob es verboten ist, aber die Praxis ist verboten. Andere Länder, wie Marokko, machen keine Probleme – sie sind offener, respektvoller, und suchen mit einer gewissen Diskretion einen Weg. Andere Länder mit denen ich gesprochen habe, sagen: "Wir haben kein Problem, aber wir ziehen es vor, dass die Taufe außerhalb des Landes stattfindet und sie als Christen zurückkehren". Es gibt jedoch Mittel und Wege, in der Religionsfreiheit und der Kultusfreiheit voranzuschreiten.
Doch ich mache mir Sorgen um etwas anderes: die Herabstufung von uns Christen, wenn man die Gewissensfreiheit abschafft. Man denke an die Ärzte und christlichen Krankenhauseinrichtungen, die kein Recht auf die Verweigerung aus Gewissensgründen haben, zum Beispiel bei Euthanasie ["aktiver Sterbehilfe", Anm.d.Red.]. Wie? Die Kirche hat sich entwickelt und eure christlichen Länder gehen rückwärts? Darüber muss man nachdenken, weil das eine Wahrheit ist. Heute laufen wir Christen Gefahr, dass uns einige Regierungen die Gewissensfreiheit wegnehmen, die der erste Schritt zur Religionsfreiheit ist. Die Antwort darauf ist nicht einfach. Aber machen wir Muslimen keine Vorwürfe. Machen wir uns selber Vorwürfe in den Ländern, in denen dies geschieht. Es ist eine Schande.
Dann zu Kardinal Barbarin. Er, ein Mann der Kirche, hat seinen Rücktritt angekündigt, aber ich kann dies moralisch nicht akzeptieren, denn rechtlich, aber auch in der klassischen Jurisprudenz gibt es die Unschuldsvermutung während des laufenden Verfahrens. Er hat Berufung eingelegt und die Entscheidung ist offen. Wenn das zweite Gericht das Urteil verkündet, werden wir sehen, was passiert. Aber ihm steht immer die Unschuldsvermutung zu. Das ist wichtig, denn das steht im Widerspruch zur oberflächlichen Verurteilung durch die Medien. Was sagt die globale Jurisprudenz? [Es heißt]: "Er hat dies getan". Aber was sagt der Richter, was sagt das globale Recht? Dass, solange ein Verfahren läuft, die Unschuldsvermutung besteht. Vielleicht ist er nicht unschuldig, aber es gibt die Unschuldsvermutung.
Viele Male... Einmal habe ich über dieses Problem in einem Fall von Spanien gesprochen, wie die Verurteilung durch die Medien das Leben einiger Priester ruiniert hat, die dann als unschuldig anerkannt wurden. Bevor man sich den Medien anschließt, sollte man es sich zweimal überlegen. Ich weiß nicht, ob ich geantwortet habe. [Kardinal Barbarin] zog dies wirklich vor, er sagte: "Aber nein, ich gehe in den Ruhestand, ich nehme eine freiwillige Beurlaubung und lasse den Generalvikar die Erzdiözese leiten, bis das Gericht das endgültige Urteil gefällt hat. Verstehen Sie? Danke.
Alessandro Gisotti: Also, ich bitte Sie um Kürze und nur eine einzelne Frage, aus Achtung vor allen Sprachgruppen. Cristina Cabrejans von EFE stellt Ihnen die Frage, während Michael Schramm von der ARD sich vorbereiten kann. Bitte, Cristina.
Cristina Cabrejas: Buenas Tardes, Papa Francisco. Ich stelle die Frage auf Italienisch. In Ihrer gestrigen Rede vor den weltlichen Autoritäten betonten Sie, dass das Phänomen der Migration nicht durch physische Barrieren gelöst wird, aber hier in Marokko hat Spanien zwei Barrieren mit messerscharfem Stacheldraht gebaut, um diejenigen zu verletzen, die diesen überwinden wollen. Sie haben sich mit einigen von ihnen getroffen. [US-]Präsident [Donald] Trump sagte vor einigen Tagen, dass er die Grenzen vollständig schließen und die Entwicklungshilfe für drei mittelamerikanische Länder aussetzen wolle. Was möchten Sie diesen Herrschern, diesen Politikern, die diese Entscheidungen noch verteidigen, sagen? Danke.
Papst Franziskus: Erstens, was ich soeben gesagt habe: Die Erbauer von Mauern aus messerscharfem Stacheldraht, wie aus Ziegelsteinen, werden Gefangene der Mauern, die sie bauen. Das lehrt erst einmal die Geschichte.
Zweitens zeigte mir Jordi Evole, als er mich interviewte, ein Stück dieses messerscharfen Stacheldrahtes. Ich sage Ihnen ehrlich: Ich war bewegt und als er ging, weinte ich. Ich weinte, weil ich nicht so viel Grausamkeit in Kopf und Herz hineinbekam. Das geht mir nicht in meinen Kopf und nicht in mein Herz, wenn ich sehe, wie jemand im Mittelmeer ertrinkt, und Hafen blockiert werden. Dies ist nicht der richtige Weg, um das ernste Problem der Migration zu lösen. Was ich verstehe: Eine Regierung mit diesem Problem hat ein "heißes Eisen" in der Hand, aber sie muss dies anders lösen, menschlich.
Als ich diesen messerscharfen Stacheldraht sah, konnte ich es nicht fassen. Dann, einmal, hatte ich die Gelegenheit, einen Film über ein Gefängnis von Flüchtlingen zu sehen, die zurückkehren, die zurückgeschickt werden. Inoffizielle Gefängnisse, von vielen Schleppern. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen dieses [Video] schicken. Aber [die Schlepper] lassen leiden, lassen leiden. Da werden Frauen und Kinder verkauft, die Männer bleiben. Und die Folterungen, die man dort im Film sieht, sind unglaublich. Es war ein im Verborgenen gedrehter Film, mit den Dienststellen.
Hier lasse ich die [Migranten] nicht hinein [ins Land]: Es ist wahr, dass man keinen Platz hat, aber es gibt andere Länder, es gibt die Menschlichkeit der Europäischen Union. Man muss über die gesamte Europäische Union sprechen. Ich lasse sie nicht rein, oder ich lasse sie dort ertrinken, oder ich schicke sie weg, weil ich weiß, dass viele von ihnen in die Hände dieser Menschenhändler fallen werden, die Frauen und Kinder verkaufen, Männer töten oder foltern werden, um sie zu Sklaven zu machen. Das wurde gefilmt, man kann es sich jederzeit ansehen.
Ich habe einmal mit einem Politiker gesprochen, einem Mann, den ich respektiere, und ich werde seinen Namen sagen: mit Alexis Tsipras [Ministerpräsident Griechenlands, Anm.d.Red.]. Und als er über dies und die Vereinbarungen sprach, erklärte er die Schwierigkeiten, aber am Ende sprach er von ganzem Herzen zu mir und sagte diesen Satz: "Menschenrechte sind vor Vereinbarungen". Dieser Satz verdient den Nobelpreis.
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Gisotti: Die Frage wird nun von Michael Schramm von der ARD gestellt, und Cristiana Caricato bereitet sich vor, danke.
Michael Schramm: Eure Heiligkeit, ich muss mich entschuldigen, mein Italienisch ist nicht gut. Entschuldigen Sie. Meine Frage: Sie kämpfen seit vielen Jahren für den Schutz und die Unterstützung von Migranten, wie Sie es in den letzten Tagen in Marokko getan haben. Die europäische Politik geht genau in die entgegengesetzte Richtung. Europa wird wie ein Schlagstock gegen Migranten. Diese Politik spiegelt die Meinung der Wähler wider. Die Mehrheit dieser Wähler sind katholische Christen. Was halten Sie von dieser traurigen Situation?
Papst Franziskus: Ich sehe, dass viele Menschen guten Willens, nicht nur Katholiken, sondern auch gute Menschen, die guten Willens sind, ein wenig in der Angst gefangen sind, welche die übliche Predigt des Populismus ist: Angst. Angst wird gesät und dann werden Entscheidungen getroffen. Angst ist der Beginn von Diktaturen. Blicken wir auf das vergangene Jahrhundert, den Fall des Weimarer Reiches [eigtl. Weimarer Republik, Anm.d.Red.]. Das wiederhole ich oft. Deutschland brauchte einen Ausweg, und Hitler schritt mit Versprechungen und Ängsten voran. Wir kennen das Ergebnis. Wir lernen aus der Geschichte, das ist nichts Neues: Angst zu säen bedeutet, Grausamkeiten zu ernten, Sperren und auch Sterilität. Denken Sie an den demografischen Winter in Europa. Sogar wir, die wir in Italien leben: [Die Geburtenrate ist] unter Null.
Denken Sie an den Mangel an geschichtlichem Bewußtsein: Europa wurde durch Migrationen geschaffen, und das ist sein Reichtum. Wir denken an die Großzügigkeit so vieler Länder, die heute an die Tür Europas klopfen, gegenüber europäischen Migranten ab 1984, an die beiden Nachkriegsperioden, en masse, Nordamerika, Mittelamerika, Südamerika. Mein Vater war in der Nachkriegszeit dort, wurde begrüßt. Sogar Europa könnte etwas Dankbarkeit haben, das ist wahr. Es ist wahr.
Um das zu verstehen, werde ich zwei Dinge sagen. Es ist wahr, dass die erste Aufgabe, die wir zu erfüllen haben, darin besteht, sicherzustellen, dass Menschen, die aufgrund von Krieg oder Hunger abwandern, dazu nicht gezwungen sind. Aber wenn ein so großzügiges Europa Waffen an den Jemen verkauft, mit denen Kinder getötet werden, wie kann dann Europa glaubwürdig sein? Ich sage: Das ist ein Beispiel, aber Europa verkauft Waffen. Dann gibt es noch das Problem von Hunger und Durst. Wenn Europa Mutter Europa und nicht Großmutter Europa sein will, muss es investieren, muss es intelligent versuchen, durch Bildung, durch Investitionen zu helfen. Und das ist nicht meine Aussage, Bundeskanzlerin Merkel hat das gesagt. Das ist etwas, was sie auch selber voranbringt.
Die Verhinderung der Auswanderung nicht durch Gewalt, sondern durch Großzügigkeit, durch Investitionen in Bildung und Wirtschaft, und so weiter. Das ist sehr wichtig. Zweitens, zu diesem Thema: Wie soll man sich verhalten? Es ist wahr, dass ein Land nicht alle aufnehmen kann, aber es gibt ganz Europa, um Migranten zu verteilen, es gibt ganz Europa. Denn Aufnahme muss mit offenem Herzen erfolgen, dann muss man begleiten, fördern und integrieren. Wenn ein Land nicht integrieren kann, muss es sofort daran denken, mit anderen Ländern zu sprechen: Wieviele könnt ihr integrieren, um um den Menschen ein würdiges Leben zu ermöglichen.
Ein weiteres Beispiel dafür, dass ich am eigenen Leib erfahren habe, in der Zeit der Diktaturen, der Operation Condor in Buenos Aires, in Lateinamerika, Argentinien, Chile und Uruguay. Schweden nahm, mit einer beeindruckenden Großzügigkeit, Menschen auf. Sie lernten die Sprache sofort auf Kosten des Staates, sie fanden Arbeit, sie fanden ein Zuhause. Jetzt hat Schweden ein bisschen Schwierigkeiten mit der Integration, aber man spricht darüber und bittet um Hilfe.
Als ich vergangenes Jahr in Lund war, oder war es das andere Jahr, ich kann mich nicht erinnern, da begrüßte mich der Premierminister, aber bei der Verabschiedung war dies eine Ministerin, eine junge Ministerin, für Bildung glaube ich. Sie ist ein wenig brünett, weil sie die Tochter einer Schwedin und eines afrikanischen Migranten war. Aber das bedarf der Großzügigkeit, es bedarf des Wunschs, Fortschritte zu machen. Mit Angst werden wir nicht voranschreiten, mit Mauern werden wir in diesen Mauern verschlossen bleiben. Ich halte eine Predigt. Entschuldigen Sie.
Gisotti: Da ist jetzt die Frage von Cristiana Caricato von TV2000 und wir werden sehen, ob wir dann die letzte Frage stellen können.
Cristiana Caricato, TV2000: Heiliger Vater, Sie haben gerade die Ängste und das Risiko von Diktaturen erwähnt, die durch diese Ängste entstehen können. Erst heute hat ein italienischer Minister unter Bezugnahme auf die Konferenz von Verona gesagt, dass man mehr als die Familie, vor dem Islam Angst haben muss. Sie sagen schon seit Jahren etwas anderes. Besteht Ihrer Meinung nach die Gefahr einer Diktatur in unserem Land[Italien]? Ihrer Meinung nach ist es das Ergebnis von Vorurteilen, von Nichtwissen, was denken Sie? Und dann eine Kuriosität: Sie verurteilen oft das Handeln des Teufels, und das taten Sie auch auf dem jüngsten[Vatikanischen Gipfel über Missbrauch]. Es scheint mir, dass er in der letzten Zeit sehr aktiv war, der Teufel hat sich in letzter Zeit viel zu tun gegeben, auch in der Kirche. Was sollte Ihrer Meinung nach getan werden, um ihm entgegenzuwirken, insbesondere im Hinblick auf Pädophilie-Skandale? Sind die Gesetze ausreichend? Warum ist der Teufel gerade jetzt so aktiv?
Papst Franziskus: Sehr gut. Vielen Dank für die Frage. Eine Zeitung sagte, nach meiner Rede am Ende des Gipfels der Vorsitzenden[der Bischofskonferenzen]: Der Papst war hinterlistig. Zuerst sagte er, dass Pädophilie ein globales Problem ist, dann sagte er etwas über die Kirche, am Ende wusch er sich die Hände und gab dem Teufel die Schuld. Etwas "vereinfachend", nicht wahr? Diese Rede war eindeutig. Ein französischer Philosoph hatte in den 70er Jahren eine Unterscheidung getroffen, die mir viel Licht brachte. Er hieß[unklare Aufzeichnung]. Er gab mir ein hermeneutisches Licht. Er sagte: Um eine Situation zu verstehen, muss man alle Erklärungen geben und dann nach den Bedeutungen suchen. Was bedeutet es gesellschaftlich? Was bedeutet das persönlich oder religiös?
Ich versuche, Ihnen alle Erklärungen und auch die Grenzen dieser Erklärungen zu geben. Aber es gibt einen Punkt, der ohne das Geheimnis des Bösen nicht verstanden werden kann. Denken Sie an Folgendes: virtuelle Kinderpornographie. Es gab zwei große Treffen [zu diesem Thema], eines in Rom und das andere in Abu Dhabi. Ich frage mich: Warum ist das zum Alltag geworden? Warum, ich spreche von ernsthaften Statistiken, wie kommt es, wenn ich sexuellen Kindesmissbrauch sehen wollte, live, kann man sich mit virtueller Kinderpornographie verbinden, die machen das. Hören Sie, ich erzähle keine Lügen. Es ist in der Statistik. Ich frage mich: Können die für die öffentliche Ordnung Verantwortlichen nichts tun? Wir in der Kirche werden alles tun, um mit dieser Plage abzuschließen, wir werden alles tun. Und in dieser Rede habe ich konkrete Maßnahmen genannt. Und das waren sie bereits vor dem Gipfel, als mir die Konferenzpräsidenten diese Liste gaben, die ich Ihnen allen gegeben habe [die 21 'Vorschläge', Anm.d.R.].
Aber sind die Betreiber dieses Drecks unschuldig? Diejenigen, die damit Geld verdienen? In Buenos Aires, mit zwei Parlamentariern aus der Stadt, nicht aus der Landesregierung, haben wir einen Beschluss gefasst, es ist kein Gesetz, sondern eine unverbindliche Regelung für Luxushotels, wo es hieß: "An der Rezeption platziert: In diesem Hotel ist die Unterhaltung von Beziehungen mit Minderjährigen nicht erlaubt". Niemand wollte das aufstellen. "Nein, aber wissen Sie, das geht so nicht, das sieht dann so aus, als wären wir schmutzig, wir erlauben das nicht, aber ohne das Schild". Eine Regierung kann zum Beispiel nicht erkennen, wo das Video von diesem [Missbrauch] stattfindet, wo werden diese Dinge mit Kindern gemacht? Alle wurden live gefilmt. Das heißt, dass die globale Plage groß ist, aber auch, dass dies nicht ohne den Geist des Bösen verstanden wird. Es ist ein konkretes Problem. Wir müssen es konkret lösen, aber sagen, dass es der Geist des Bösen ist.
Und um dies zu lösen, gibt es zwei Veröffentlichungen, die ich empfehle: Ein Artikel von Gianni Valente im "Vatican Insider", in dem er über die Donatisten spricht. Über die Gefahr, dass die Kirche heute als Donatist vorgeht, indem sie alles [mit] menschlichen Bestimmungen tut, was getan werden muss, aber nur mit diesen, aber dabei die anderen Dimensionen vergisst: Gebet, Buße, die Selbstanklage, an die wir nicht mehr gewöhnt sind. [Wir brauchen] Beides! Denn den Geist des Bösen zu überwinden bedeutet nicht, sich "die Hände zu waschen", indem man sagt: "Der Teufel war's ". Nein. Auch wir müssen mit dem Teufel ringen, wie wir auch mit menschlichen Dingen ringen müssen.
Die andere Veröffentlichung ist eine, die sie gemacht haben.... ihr, "La Civilta Cattolica". Ich schrieb 1987 ein Vorwort für ein Buch, "Las Cartas de la Tribulacion", über Briefe der Generaloberen der Jesuitenpatres der Zeit, als der Orden aufgelöst werden sollte. Und diese [Leute] lasen [dieses Vorwort] und fanden eine Studie über die Briefe, die ich an den chilenischen Episkopat und an das chilenische Volk geschrieben hatte, wie man sich verhalten sollte, mit Blick auf diese beiden Aspekte, den menschlichen, wissenschaftlichen Teil, um vorwärts und dagegen anzugehen, den rechtlichen Teil ebenso, und dann den spirituellen Teil.
Dasselbe habe ich mit den Bischöfen der Vereinigten Staaten getan, weil die Vorschläge [zur Bekämpfung von Missbrauch und Vertuschung, Anm.d.R.] zu sehr die einer Organisation waren: Zu viele Methoden, ein wenig ohne Sinn, aber sie hatten diese zweite spirituelle Dimension, mit den Laien, mit allen, vernachlässigt.
Ich möchte Ihnen sagen, dass die Kirche keine Kirche von Kongregationen ist, sondern eine katholische Kirche, in der der Bischof dies als Hirte in die Hand nimmt, "der Papst muss das in die Hand nehmen", aber wie nimmt er es in die Hand? Mit disziplinären Maßnahmen, mit Gebet, Buße, der Selbstanklage. In dem Brief, den ich [den US-Bischöfen] geschrieben habe, bevor sie mit ihren geistlichen Exerzitien begannen, wurde diese Dimension auch gut erklärt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie beide Dinge studieren würden: den menschlichen Teil und auch den Teil des spirituellen Kampfes.
Gisotti: Nein, wir haben die Zeit wirklich überschritten, tut mir leid, aber es ist eine Pressekonferenz, die länger geworden ist als das.....
Caricato: Die Frage ist, ob wir auch in Italien von einer Diktatur bedroht sind.
Papst Franziskus: Wirklich, ich verstehe die italienische Politik nicht. Verstehe ich nicht. Gestern bin ich [im Flugzeug] an Franca [Giansoldati] vorbeigekommen. Ich hatte im "Espresso" über diesen Familientag gelesen. Ich sagte [zu Giansoldati], Du hast das nicht geschrieben? Was hältst du vom Familientag? Ich weiß nicht, was es ist, wirklich, ich weiß nur, dass es einer der vielen Tage ist, die [Italiener] haben. Ich weiß auch, sagte ich zu ihr, dass ich den Brief von Kardinal Parolin gelesen habe und ich stimme zu. Ein pastoraler, höflicher Brief aus dem Herzen eines Pastors. Aber fragen Sie mich nicht nach der italienischen Politik, ich verstehe die nicht.
Gisotti: Es tut mir leid, wie gesagt, wir haben wirklich, absolut keine Zeit mehr. Es bleibt nur wirklich eine Minute für eine kleine Überraschung für zwei Kollegen, die gestern Geburtstag hatten: Phil Pulella und Gerry O'Connell, zwei großartige Kollegen und dies ist ein kleines Geschenk der Gemeinschaft Ihrer Kollegen und uns allen.
Alan Holdren, der den Papst im Flieger begleitete, sowie Andrea Gagliarducci, Courtney A. Grogan und Hannah Brockhaus in Rom trugen zur Berichterstattung bei.
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