Vatikanstadt - Samstag, 12. Oktober 2019, 15:33 Uhr.
Ein hochrangiger Kirchenrechtler des Vatikans hat der Annahme widersprochen, dass der geplante "synodale Prozess" in Deutschland "verbindlich" sein kann.
Die Bischöfe müssten auch in Deutschland ihre Autorität in Einheit und Gehorsam gegenüber dem Amt des Papstes ausüben, so Bischof Juan Ignacio Arrieta Ochoa, Sekretär des Päpstlichen Rates für Gesetzestexte.
Die Idee, dass ein synodaler Prozess in einem bestimmten Land die universale Lehre und Disziplin der Kirche verändern könnte, sei schlichtweg "keine mögliche Denkweise" in der Katholischen Kirche, so der Experte für Kirchenrecht.
"Es ist sinnlos, so zu tun, als sei die deutsche Synode verbindlich, denn niemand hat der deutschen Synode diese Autorität gegeben", sagte Arrieta am gestrigen 11. Oktober.
Arrieta war eine der Autoren und Unterzeichner des Rechtsgutachtenszum Satzungsentwurf des "Synodalen Wegs", den die deutsche Bischofskonferenz zusammen mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) vorbereitet.
Das Gutachten kam zu dem Schluss, dass der Entwurf "ekklesiologisch ungültig" war, wie Kardinal Reinhard Marx als Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, am 4. September in einem Schreiben von Kardinal Marc Ouellet, dem Präfekten der Bischofskongregationdes Vatikans, mitgeteilt wurde.
In einem Gespräch mit Alejandro Bermudez, dem Exekutivdirektor der ACI-Gruppe von Nachrichtenagenturen, zu der auch CNA Deutschgehört, erklärte Arrieta, dass Bischofskonferenzen keine autonomen Organe sind, sondern wegen ihrer Verpflichtung zum Gehorsam gegenüber dem Papst der Autorität der Bischofskongregation unterstehen.
"Die Bischöfe und ihre Synoden und Bischofskonferenzen fallen unter die Autorität der Kongregation für die Bischöfe", sagte Arrieta wörtlich.
"Die Beziehung ist direkt; sie unterstehen dem Papst, aber durch die Kongregation für die Bischöfe. Stellvertretend für ihn, dauerhaft delegiert hat der Papst der Kongregation diese Leitungsfunktion anvertraut."
Im März dieses Jahres kündigte Kardinal Marx an, dass die Kirche in Deutschland einen "verbindlichen Synodalen Weg" einschlagen werde, um über Themenbereiche abzustimmen, die sich aus Sicht der Bischofskonferenz aus der Krise sexuellen Missbrauchs und Vertuschung ergeben hätten. So sollen eingeladene Laien und Geistliche über Fragen der Sexualmoral wie des Zölibats der Priester abstimmen, sowie über Fragen von Macht und Struktur, darunter auch mit Blick auf die Rollen von Frauen in der Kirche.
Diesen Prozess werde die Kirche in Deutschland gemeinsam mit dem ZdK gehen – einer von Parteipolitikern geprägten Laienorganisation, deren Vertreter sich öffentlich wiederholt für eine Abkehr von der Lehre der Kirche ausgesprochen haben, etwas was den Umgang mit Homosexualität betrifft, aber auch die Weihe von Frauen zu Priestern gefordert hat.
Nach Angaben des ZdK soll der "Synodale Weg" auf jeden Fall verbindlich über Fragen abstimmen, welche die Lehre der universalen Kirche betreffen – was laut Einschätzung des Kirchenrechtlers Arrieta weit über die Autorität der Bischöfe eines Landes hinausgehen würde.
"Die Philosophie des Rechtspositivismus ist nicht der Weg der Kirche", sagte Arrieta. "Für die Kirche ist dieser keine möglicher Denkansatz. Was die Kirche und die Gläubigen wirklich verbindet, sind die Sakramente, das Wort Christi. Keine Autorität ist bindend, welche die Sakramente ablehnt; das ist nicht möglich – so zu handeln wäre nicht möglich, auch wenn einige behaupten, dass es so sein könnte."
Der Bischof und Kirchenrechtler bekräftige auch, dass nur der Papst die Autorität hat, Entscheidungen einer Synode verbindlich zu machen.
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Als Reaktion auf den Brief aus dem Vatikan und das Gutachten der Päpstlichen Kommission flog Marx im vergangenen Monat nach Rom zu Gesprächen mit Kardinal Ouellet und Papst Franziskus.
Vertreter der Bischofskongregation sagten gegenüber CNA, der deutsche Kardinal habe bei den Treffen die Bedeutung des geplanten Prozesses "minimiert" und darauf bestanden, dass die Bedenken und Kritik aus dem Vatikan unbegründet seien.
Vor Marx' Ankunft in Rom sagte Matthias Kopp, Sprecher der deutschen Bischofskonferenz, gegenüber CNA, dass der Begriff"verbindlich" nicht bedeuten sollte, dass eine kirchliche Figur an die synodalen Schlussfolgerungen gebunden wäre. "Verbindlich bedeutet, dass es eine Abstimmung ist", nicht nur eine Diskussion, so Kopp.
Die Bischöfe in Deutschland beschlossen daraufhin, die Satzung mit 51-12 Stimmen bei 1 Enthaltung in ihrer Vollversammlung am 25. September anzunehmen.
Die Satzung liegt nun beim Zentralkomitee zur Prüfung. Der synodale Prozess in Deutschland soll am Ersten Advent beginnen.
Übersetzt und redigiert aus dem englischen Original.
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