München - Freitag, 10. Juli 2020, 17:21 Uhr.
Zehn Ordensfrauen aus dem Großraum München fordern unter anderem, dass Frauen die sakramentale Priesterweihe erhalten sollen. Unter dem Titel "Ordensfrauen für Menschenwürde" erheben die Schwestern aus unterschiedlichen Orden zudem mehrere Vorwürfe und Ansprüche mit Blick auf eine Änderung der gängigen Kirchenpraxis sowie grundsätzlich der Lehre der Katholischen Kirche.
Neben der sakramentalen Weihe von Männern zur Priestern kritisiert der "Aufruf" auch das katholische Eucharistieverständnis und die Liturgie.
Auf einer Webseite hat die Gruppe dazu ein Positionspapier veröffentlicht. Darin heißt es wörtlich über die Coronavirus-Pandemie: "Mit dem Bruch und dem Wegfall des Vertrauten - manchmal auch Eingefahrenen - entstand zunächst Leere und dann Raum für einen Diskurs und ein gemeinsames Suchen".
Ihre Forderungen seien somit als Konsequenz der Erfahrung der COVID-19-Pandemie entstanden.
Daran, dass Ordensoberinnen beziehungsweise Priorinnen zwar die geistliche Leitung einer Gemeinschaft übernehmen, aber nicht der Eucharistiefeier "vorstehen" dürften, zeige sich eine "Schieflage" der Katholischen Kirche und "eine extreme Abhängigkeit der (Ordens-)Frauen von einem geweihten Mann", schreiben die Schwestern. Für sie stelle sich "dadurch" die Frage, ob "die korrekt gefeierte Form wichtiger als der Inhalt" sei.
Sie zitieren dabei auch den Befreiungstheologen – und mittlerweile laisierten Priester – Leonardo Boff:
"Fassen die Regeln und Vorschriften das Sakramentsverständnis nicht zu eng? Kann nicht 'alles zum wirksamen Zeichen der Gegenwart Gottes werden' (Leonardo Boff), wenn es in mir - oder uns - auf Resonanz trifft?"
Es sei für sie unverständlich, dass das gültig gefeierte Sakrament noch immer "an der kirchengeschichtlich gewachsenen Entscheidung" hängt, und "dass nur ein ehelos lebender Mann zum Priester geweiht werden kann".
Die Ordensfrauen gehen einen Schritt weiter: Die Katholische Kirche zementiere "ungute Machtverhältnisse", und zwar "auf Kosten des Heilsgeschehens für alle Menschen".
Bei vielen Orden wird täglich die heilige Messe gefeiert. Das soll nicht mehr die Regel sein, fordert die Gruppe. Durch die erzwungene "eucharistiefreie" Zeit während der Corona-Pandemie hätten einige von ihnen die Heilige Messe "nicht einmal vermisst." Stattdessen sei Gott auch außerhalb der Realpräsenz Christi in der Eucharistie zu "spüren" gewesen, so die Unterzeichnerinnen.
"Wir haben in unseren Gemeinschaften in den vergangenen Wochen dennoch Mahlfeiern erlebt, die jede Engführung auf die Eucharistie gesprengt haben. Wir haben Brot und Wein geteilt und vielfältige Erfahrungen zeigen, dass darin Jesus Christus als präsent erlebt wurde."
Im Forderungskatalog der Ordensfrauen steht auch eine - so wörtlich - "Verheutigung der liturgischen Sprache". Schwestern, die mit der Vorbereitung der liturgischen Feiern betraut waren, hätten manche Texte umformuliert, damit sie - so wörtlich - "selbst ehrlich beten" konnten.
"Manche Orationen sind so formuliert, dass viele von uns diese Texte kaum ertragen können", heißt es in dem Papier. Es sei daher nötig, eine "alltagstaugliche Begegnung mit Gott" zu ermöglichen, in dem die Texte überarbeitet werden.
Schulterschluss mit anderen Gruppen
Die Initiative weist auf der Homepage auch auf die Internetpräsenzen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), des Katholischen Deutschen Frauenbundes, der Gruppen "Wir sind Kirche" und "Maria 2.0" hin.
In der Stellungnahme fassen die "Ordensfrauen für Menschenwürde" ihre Intention folgendermaßen zusammen:
"Gemeinsam Auf-dem-Weg-sein, zuhörend, nachfragend, ausdeutend - Christusbegegnung mitten unter uns. Dieser Dienst der Martyria wurde von Frauen selbstverständlich geleistet. Wir wünschen, dass diesem kirchlich-vernachlässigten, aber wichtigen Bereich mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird."
In einem Interview mit der "KNA" bekräftigte Schwester Susanne Schneider, die den Aufruf mit unterschrieben hatte, noch einmal die Forderungen der Initiative, und das sie nicht aus der Kirche austreten wollen, sondern diese sich ihren Wünschen gemäß ändern müsse.
"Wir sind römisch-katholisch und wollen das auch bleiben. Wir wollen – wenn das überhaupt möglich ist – die Kirche von innen verändern. Wir sind gut vernetzt mit dem Frauenbund, mit der Frauengemeinschaft und mit Maria 2.0 und wollen zu den vielen Reformvorschlägen jetzt unsere Erfahrungen beitragen".
Bisher hätten sich Ordensfrauen "bei vielen Themen relativ demütig zurückgehalten und geschwiegen". Diese Zeit sei aber "jetzt vorbei", so Schneider weiter.
Erst vor Kurzem hatte der Benediktinerpater Anselm Grün in einem Interview mitgeteilt, dass es aus seiner Sicht "keine theologischen Gründe" gegen die Weihe von Frauen gebe (CNA Deutsch hat berichtet).
Kirche: Keine Priesterweihe für Frauen
Tatsächlich hat der heilige Papst Johannes Paul II. aus theologischen Gründen das Priestertum der Frau in seinem Apostolischen Schreiben Ordinatio Sacerdotalis für unmöglich erklärt und dann "endgültig" ausgeschlossen.
"Obwohl die Lehre über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe sowohl von der beständigen und umfassenden Überlieferung der Kirche bewahrt als auch vom Lehramt in den Dokumenten der jüngeren Vergangenheit mit Beständigkeit gelehrt worden ist, hält man sie in unserer Zeit dennoch verschiedenenorts für diskutierbar, oder man schreibt der Entscheidung der Kirche, Frauen nicht zu dieser Weihe zuzulassen, lediglich eine disziplinäre Bedeutung zu.
Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), daß die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben", so St. Johannes Paul II. im Jahr 1994.
Papst Franziskus hat ebenfals wiederholt ein Priestertum der Frau ausgeschlossen. Im Februar 2020 begründete der Pontifex dies theologisch in "Querida Amazonia", dem Nachsynodalen Schreiben der Amazonas-Synode.
"Jesus Christus zeigt sich als der Bräutigam der Eucharistie feiernden Gemeinschaft in der Gestalt eines Mannes, der ihr vorsteht als Zeichen des einen Priesters. Dieser Dialog zwischen Bräutigam und Braut, der sich in der Anbetung vollzieht und die Gemeinschaft heiligt, sollte nicht auf einseitige Fragestellungen hinsichtlich der Macht in der Kirche verengt werden", betonte der Papst, und erklärt weiter das katholische Verständnis – und christliche Menschenbild – einer Komplementarität der beiden Geschlechter von Mann und Frau.
"Der Herr wollte seine Macht und seine Liebe in zwei menschlichen Gesichtern kundtun: das seines göttlichen menschgewordenen Sohnes und das eines weiblichen Geschöpfes, Maria. Die Frauen leisten ihren Beitrag zur Kirche auf ihre eigene Weise und indem sie die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria weitergeben", so der Papst weiter.
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Auf diese Weise bleibe man auch nicht bei einem "funktionalen Ansatz" stehen, sondern trete ein "in die innere Struktur der Kirche", unterstrich der Pontifex in Querida Amazonia.
Nach der Lehre des Katechismus der Katholischen Kirche (KKK) wird durch das geweihte Amt, "vor allem durch das der Bischöfe und Priester sichtbar gemacht, dass Christus als Haupt der Kirche inmitten der Gemeinschaft der Gläubigen gegenwärtig ist". Die Ausübung dieses Dienstes habe sich nach dem Vorbild Christi zu richten. Nach dem Kirchenrecht "Codex Iuris Canonici" darf deshalb nur ein "getaufter Mann" die Weihe empfangen (CIC, can. 1024).
Das biologische Geschlecht ist jedoch nicht alleine ausschlaggebend für die Eignung zur Priesterweihe. Der Katechismus betont in der Nummer 1678, dass jede Berufung intensiv geprüft werden müsse:
"Niemand hat ein Recht darauf, das Sakrament der Weihe zu empfangen. Keiner maßt sich dieses Amt selbst an. Man muss dazu von Gott berufen sein (...). Wie jede Gnade kann auch dieses Sakrament nur als ein unverdientes Geschenk empfangen werden."
Eucharistieverständnis
Der Katechismus beschreibt die Eucharistiefeier als "die bleibende Mitte des Lebens der Kirche" (KKK, 1343). Dort wird ebenfalls festgestellt, dass seit dem Zeugnis des heiligen Justin aus dem 2. Jahrhundert die "wesentlichen Elemente im Ablauf der Eucharistiefeier" bis heute "in allen großen liturgischen Familien die gleichen geblieben" sind. Der Katechismus erklärt dazu im Punkt 1356:
"Die Christen feiern von Anfang an die Eucharistie, und zwar in einer Form, die sich trotz Verscheidenheit der Zeiten und der Liturgien im Wesentlichen nicht geändert hat. Sie tun dies, weil sie sich durch den Auftrag verpflichtet fühlen, den der Herr am Abend vor seinem Leiden gegeben hat: 'Tut dies zu meinem Gedächtnis!' (1 Kor 11,24-25)."
Die Gegenwart Christi ist bei der Heiligen Messe demnach nicht von einem "Gefühl" der Anwesenden abhängig, auch wenn es deutsche Ordensfrauen sind, sondern in den gewandelten Gaben von Brot und Wein realpräsent, das heißt wirklich gegenwärtig. Kirchenväter wie Thomas von Aquin haben dieses "heilige Geheimnis" immer wieder bekräftigt:
"Dass der wahre Leib und das wahre Blut Christi in diesem Sakrament seien, lässt sich nicht mit den Sinnen erfassen (...), sondern nur durch den Glauben, der sich auf die göttliche Autorität stützt. Deshalb sagt Cyrill zur Schriftstelle 'Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird' (Lk 22,19): 'Zweifle nicht, ob das wahr sei. Nimm vielmehr die Worte des Erlösers im Glauben auf. Da er die Wahrheit ist, lügt er nicht'."
Der Eucharistiefeier steht der geweihte Priester vor, der gleichzeitig Christus repräsentiert und in persona Jesu Christi handelt.
Der heilige Ignatius von Antiochien schrieb dazu: "Jene Eucharistiefeier gelte als zuverlässig, die unter dem Bischof oder einem von ihm Beauftragten stattfindet."
Dies ist in der 2000-jährigen Geschichte der Kirche biblisch begründet: Der Priester lebt ehelos "um des Himmelreiches willen" (Mt 19,12), um sich "ungeteilt dem Herrn und seiner 'Sache' zu widmen" (KKK, Nr. 1579).
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