Hildesheim - Freitag, 19. November 2021, 11:40 Uhr.
Die Stadt will keinen Kirchenmann mit einem Straßennamen ehren, der des Missbrauchs und der Vertuschung bezichtigt wird: Der Ortsrat Stadtmitte / Neustadt in Hildesheim hat beschlossen, die Bischof-Janssen-Straße in der Innenstadt umzubenennen. Dies berichtete die KNA am Donnerstag.
Offizieller Grund für den Beschluss: Das Ausmaß der gegen den früheren Bischof des Bistums Hildesheim, Bischof Heinrich Maria Janssen, erhobenen Verschungsvorwürfe. Janssen soll in seiner langen Amtszeit von 1957 bis 1982 den sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch Mitarbeiter der katholischen Kirche systematisch vertuscht haben. Die Umbenennung soll nach Angaben des Ortsrats "zeitnah" geschehen.
Betroffeneninitiative forderte Umbenennung
Wie CNA Deutsch berichtete, veröffentlichte das Bistum Hildesheim im September ein umfangreiches Missbrauchsgutachten, welches Bischof Janssen schwer belastet. Das Gutachten stellte "eklatante Missstände im Umgang mit sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch während der Amtszeit von Bischof Janssen" fest.
Ungeklärt bleibt jedoch weiterhin, ob der Bischof selbst ein Missbrauchstäter war. Die im Raum stehenden Vorwürfe gegen den Geistlichen konnten weder bestätigt noch entkräftet werden, so die Diözese.
Eine Betroffeneninitiative hatte nach Veröffentlichung des Gutachtens bereits eine Umbenennung der Bischof-Janssen-Straßen in Hildesheim und in Duderstadt gefordert. Wie die KNA berichtet, werde dort aktuell ebenfalls über eine Umbenennung diskutiert. Auch im Marienwallfahrtsort Kevelaer gibt es eine Bischof-Janssen-Straße.
Die Vorwürfe gegen Bischof Janssen
Die Vorwürfe gegen Bischof Heinrich Maria Janssen (geboren 1907, verstorben 1988) wiegen schwer. In der im September veröffentlichen Pressemitteilung des Bistums heißt es wörtlich:
"Die Experten haben festgestellt, dass unter der Verantwortung Janssens keine Schutzmaßnahmen getroffen wurden, um nach bekannt gewordenen Missbrauchsvorwürfen gegen Geistliche weitere Straftaten durch diese Priester zu verhindern. Die Taten wurden verschwiegen und vertuscht. Die Studie zeigt auch, dass während der Amtszeit Bischof Janssens die Personalakten ohne inhaltliche Ordnung geführt wurden und gravierende Mängel aufweisen."
Zudem war Janssen der erste katholische Bischof in Deutschland, der des sexuellen Missbrauchs bezichtigt wurde. Bereits 2015 und 2018 wurden die angeblichen Missbrauchsvorwürfe zweier Betroffener dokumentiert. Was an den Vorwürfen dran ist, konnte das Gutachten noch nicht abschließend klären.
"Die Gruppe der Fachleute hat keine weiteren, zusätzlichen Hinweise für durch Bischof Janssen selbst verübte sexualisierte Gewalt gefunden", teilte das Bistum mit. Ebenso habe man "keine Hinweise auf Kooperationen mutmaßlicher Missbrauchstäter" gefunden.
"Offenkundig massives Unrecht" wurde laut der Studie an Kindern in katholischen Heimen im Bistum Hildesheim verübt.
Insbesondere in Bezug auf den Bernwardshof in Hildesheim-Himmelsthür gebe es Berichte über "physische, psychische und sexualisierte Gewalt". Der verantwortliche Kleriker, Bischof Janssen, habe diese "erzieherische Verantwortungslosigkeit" über viele Jahre geduldet und mitgetragen.
Der derzeit amtierende Bischof des Bistums Hildesheim, Heiner Wilmer SCJ, räumte damals ein, das Gutachten konfrontiere das Bistum und ihn "mit einem Systemversagen, mit Mängeln in der Leitung, der Personalführung, der theologischen Reflexion und der Zusammenarbeit mit einem Rechtsstaat".
Sein Vorgänger Janssen war unter anderem Ehrenbürger der Stadt Hildesheim und anderer Gemeinden und empfing 1983 das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland.
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