Gutachten des Bistums Hildesheim zu Bischof Janssen

Der Dom zu Hildesheim im Juli 2021
Thorsten Paprotny

Hat der frühere Bischof des Bistums Hildesheim, Bischof Heinrich Maria Janssen, Kinder missbraucht? Eine am 14. September vorgestellte Studie, die auch die Missbrauchsfälle innerhalb von Bischof Janssens Amtszeit (1957 bis 1982) untersuchte, stellte "eklatante Missstände im Umgang mit sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch während der Amtszeit von Bischof Janssen" fest.

Ungeklärt bleibt jedoch weiterhin, ob der Bischof selbst ein Missbrauchstäter war. Die im Raum stehenden Vorwürfe gegen den Geistlichen konnten weder bestätigt noch entkräftet werden, so die Diözese.

Wie das Bistum Hildesheim mitteilte, hat eine Gruppe externer Fachleute um die ehemalige niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz die zweibändige, mehr als 400 Seiten umfassende Studie erarbeitet. Bei der gestrigen Vorstellung des Gutachtens erklärte die Gruppe, die Diözese habe damals die Täter geschützt, während die Betroffenen keinerlei Hilfsangebote erhielten und mit ihrem Leid allein gelassen worden sind.

Der amtierende Bischof des Bistums Hildesheim, Heiner Wilmer SCJ, räumte ein, das Gutachten konfrontiere das Bistum und ihn "mit einem Systemversagen, mit Mängeln in der Leitung, der Personalführung, der theologischen Reflexion und der Zusammenarbeit mit einem Rechtsstaat". Wörtlich sagte er:

"Der Bericht zeigt auf, wie die damalige Bistumsleitung bei diesen in den Heimen verübten Verbrechen, aber auch bei denen, die in den Pfarrhäusern und Pfarreien geschahen, wegschaute. Es ging vor allem um den Schutz der Institution und der Priester. Die Geschädigten tauchten nicht auf. Priester als Täter wurden verschont."

Wilmer kündigte an, dass er nach einer umfassenden Lektüre "Konsequenzen ziehen" werde. Das Bistum Hildesheim werde zudem den Bereich der Aufarbeitung, Intervention und Prävention umbauen und personell aufstocken wird, so der Bischof.

Die Vorwürfe gegen Bischof Janssen

Schwerwiegend sind dabei auch die Vorwürfe gegen den früheren Bischof der Diözese, Heinrich Maria Janssen (geboren 1907, verstorben 1988). In der gestern veröffentlichen Pressemitteilung des Bistums heißt es wörtlich:

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"Die Experten haben festgestellt, dass unter der Verantwortung Janssens keine Schutzmaßnahmen getroffen wurden, um nach bekannt gewordenen Missbrauchsvorwürfen gegen Geistliche weitere Straftaten durch diese Priester zu verhindern. Die Taten wurden verschwiegen und vertuscht. Die Studie zeigt auch, dass während der Amtszeit Bischof Janssens die Personalakten ohne inhaltliche Ordnung geführt wurden und gravierende Mängel aufweisen."

Zudem war Janssen der erste katholische Bischof in Deutschland, der des sexuellen Missbrauchs bezichtigt wurde. Bereits 2015 und 2018 wurden die angeblichen Missbrauchsvorwürfe zweier Betroffener dokumentiert. Was an den Vorwürfen dran ist, konnte das Gutachten noch nicht abschließend klären.

"Die Gruppe der Fachleute hat keine weiteren, zusätzlichen Hinweise für durch Bischof Janssen selbst verübte sexualisierte Gewalt gefunden", teilte das Bistum mit. Ebenso habe man "keine Hinweise auf Kooperationen mutmaßlicher Missbrauchstäter" gefunden.

"Offenkundig massives Unrecht" habe es laut der Studie jedoch gegenüber Minderjährigen in katholischen Heim-Einrichtungen im Bistum Hildesheim gegeben. Insbesondere in Bezug auf den Bernwardshof in Hildesheim-Himmelsthür gebe es Berichte über "physische, psychische und sexualisierte Gewalt". Bischof Janssen habe diese "erzieherische Verantwortungslosigkeit" über viele Jahre geduldet und mitgetragen.

Neue Rahmenordnung der deutschen Bischofskonferenz

Um künftige Missbrauchsfälle zu vermeiden, erarbeitet die deutsche Bischofskonferenz derzeit eine Rahmenordnung für die Führung der Personalakten von Klerikern. 

Medienberichten zufolge soll diese Rahmenordnung bei der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz (20. bis 23. September) beschlossen werden. Künftig sollen die Führung der Personalakten verbindlichen Regeln unterlegen, zudem sollen sie nun "vollständig und fälschungssicher" geführt werden.

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