Vatikanstadt - Mittwoch, 26. Oktober 2022, 9:55 Uhr.
Am Mittwochmorgen hat Papst Franziskus bei der Generalaudienz im Rahmen seiner Katechesenreihe über die Unterscheidung der Geister von der Kenntnis der eigenen Neigungen und Gefühle, konkret über den Seelenzustand der Trostlosigkeit, gesprochen.
Mit Ignatius von Loyola, dem Gründer der Jesuiten, definierte der Pontifex – selbst Jesuit – Trostlosigkeit als „Finsternis der Seele, Unruhe in ihr, Hinwendung zu niedrigen und irdischen Dingen, die Unruhe verschiedener Erregungen und Versuchungen, Hinwendung zu mangelndem Vertrauen, ohne Hoffnung, ohne Liebe, wenn man sich ganz träge, lau, traurig und wie von seinem Schöpfer und Herrn getrennt findet“.
Trotz der negativen Konnotationen habe die Trostlosigkeit den Menschen „etwas Wichtiges mitzuteilen, und wenn wir es eilig haben, uns von ihr zu befreien, laufen wir Gefahr, dies zu verlieren“. So könne „die Abkehr von einem Leben, das auf das Laster ausgerichtet ist, von einer Situation der Traurigkeit, der Reue über das, was man getan hat, ausgehen“.
„Der heilige Thomas definiert die Traurigkeit als einen Schmerz der Seele“, erläuterte das Kirchenoberhaupt. „Wie die Nerven des Körpers lenkt sie unsere Aufmerksamkeit auf eine mögliche Gefahr oder einen vernachlässigten Nutzen (vgl. Summa Theologica I-II, q. 36, a. 1). Daher ist sie für unsere Gesundheit unverzichtbar; sie schützt uns davor, uns selbst und andere zu schädigen. Es wäre viel schlimmer und gefährlicher, wenn wir dies nicht spüren würden.“
„Für diejenigen hingegen, die den Wunsch haben, Gutes zu tun, ist die Traurigkeit ein Hindernis, mit dem der Versucher versucht, uns zu entmutigen“, so Papst Franziskus weiter. „In diesem Fall muss man genau das Gegenteil von dem tun, was er vorschlägt, entschlossen, das fortzusetzen, was man sich vorgenommen hat.“
Der Pontifex sagte, wenn man „die Arbeit, das Studium, das Gebet, eine eingegangene Verpflichtung“ sofort aufgeben würde, „sobald wir Langeweile oder Traurigkeit verspüren, würden wir nie etwas vollenden.“
Es gelte indes: „Der Weg zum Guten, so erinnert uns das Evangelium, ist schmal und bergauf, er erfordert Kampf, Selbstüberwindung. Ich beginne zu beten oder mich einem guten Werk zu widmen, und seltsamerweise fallen mir gerade dann Dinge ein, die dringend getan werden müssen. Für diejenigen, die dem Herrn dienen wollen, ist es wichtig, sich nicht von der Trostlosigkeit in die Irre führen zu lassen. Leider gibt es Menschen, die, getrieben von der Verzweiflung, das Gebetsleben oder die getroffene Wahl, die Ehe oder das Ordensleben, aufgeben, ohne vorher über diesen Zustand nachzudenken, und vor allem ohne die Hilfe eines Ratgebers.“
„Eine weise Regel besagt, dass man keine Veränderungen vornehmen soll, wenn man verzweifelt ist“, betonte Franziskus. „Es wird die Zeit danach sein und nicht die Stimmung des Augenblicks, die zeigt, ob unsere Entscheidungen gut oder schlecht sind.“
„Wenn wir es verstehen, Einsamkeit und Trostlosigkeit mit Offenheit und Bewusstheit zu durchqueren, können wir menschlich und geistlich gestärkt daraus hervorgehen“, fasste der Papst abschließend zusammen. „Keine Prüfung ist unüberwindbar; der heilige Paulus erinnert uns daran, dass niemand über seine Kräfte hinaus versucht wird, weil der Herr uns nie verlässt und wir in seiner Nähe jede Versuchung überwinden können (vgl. 1 Kor 10,13).“
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