Vatikanischer Kirchenrechtler: Änderungen am neuen kirchlichen Arbeitsrecht „erforderlich“

Prälat Markus Graulich SDB
Rudolf Gehrig / CNA Deutsch

Der Untersekretär des Päpstlichen Dikasteriums für die Gesetzestexte, Prälat Markus Graulich SDB, hat mit Blick auf das neue kirchliche Arbeitsrecht in Deutschland erklärt, es „wären Änderungen an der Grundordnung erforderlich, um sie der allgemeinen Gesetzgebung der Kirche anzugleichen“. Letztlich brauche es aber gar kein eigenes kirchliches Arbeitsrecht mehr, so der Kirchenrechtler im Gespräch mit der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ (aktuelle Ausgabe).

„Bei der Gesetzgebung in ihren Diözesen sind die Bischöfe verpflichtet, ‚die gemeinsame Ordnung der ganzen Kirche zu fördern und deshalb auf die Befolgung aller kirchlichen Gesetze zu drängen‘ (can. 392 §1 CIC)“, erklärte Graulich. Daher müsse das die neue „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ an die allgemeinen Gesetze der Kirche angeglichen werden.

„Der inner- und außerkirchliche Druck auf die Bischöfe scheint mir aber so groß zu sein, dass wohl alle den Text so veröffentlichen werden, wie er verabschiedet wurde“, räumte der Prälat ein.

Tatsächlich brauche es angesichts der Schwächen der neuen Grundordnung seiner Meinung nach gar kein eigenes Arbeitsrecht innerhalb der Kirche: „Denn auch die Maßnahmen bei sogenanntem kirchenfeindlichen Verhalten – dem einzig verbliebenen Kündigungsgrund – sind so abgeschwächt angelegt, dass man sie auch über das allgemeine Arbeitsrecht regeln könnte, das allerdings auch das Streikrecht umfassen würde.“

Weltliche Unternehmen hätten sogar häufig „interne compliance-Normen und Loyalitätsobliegenheiten, die zum Beispiel zu einer sogenannten ‚verhaltensbedingten Kündigung‘ führen können, die weit über das in der Grundordnung nunmehr geforderte Maß hinausgehen. Auch für die Kirche als Arbeitgeber wäre da also mehr möglich gewesen.“

Hintergrund

Im November hatten die deutschen Bischöfe das bereits angekündigte neue kirchliche Arbeitsrecht verabschiedet, wonach die private Lebensgestaltung – etwa zivile Wiederheirat oder eine gleichgeschlechtliche Beziehung – in ihrem Kernbereich für das Arbeitsverhältnis keine Rolle mehr spielt. Der Text muss noch in diözesanes Recht umgesetzt werden, was einige Bistümer bereits für den 1. Januar 2023 angekündigt haben.

Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) betonte in einer Pressemitteilung im November, das neue Arbeitsrecht gelte „für alle Handlungsfelder des kirchlichen Dienstes und alle Beschäftigtengruppen, unabhängig von ihrem rechtlichen Status“, also auch für Kleriker und Ordensleute. Für Geistliche und Ordensbrüder bzw. -schwestern gebe es indes gleichzeitig „besondere kirchliche Anforderungen“.

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In der neuen „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ heißt es: „Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen ist eine Bereicherung. Alle Mitarbeitenden können unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihres Alters, ihrer Behinderung, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Identität und ihrer Lebensform Repräsentantinnen und Repräsentanten der unbedingten Liebe Gottes und damit einer den Menschen dienenden Kirche sein.“

Voraussetzung für alle Mitarbeiter sei grundsätzlich lediglich „eine positive Grundhaltung und Offenheit gegenüber der Botschaft des Evangeliums und die Bereitschaft, den christlichen Charakter der Einrichtung zu achten und dazu beizutragen, ihn im eigenen Aufgabenfeld zur Geltung zu bringen“.

Für pastorale und katechetische Aufgaben gelte, dass sie „nur Personen übertragen werden“ können, „die der katholischen Kirche angehören“.

„Außerdienstliches Verhalten“ sei „rechtlich nur bedeutsam, wenn es öffentlich wahrnehmbar ist, grundlegende Werte der katholischen Kirche verletzt und dadurch deren Glaubwürdigkeit beeinträchtigt wird“.

Unklar bleibt in der „Grundordnung“, wie etwa eine zivile Wiederheirat, die von der Kirche nicht als Ehe anerkannt wird, die „Glaubwürdigkeit“ der Kirche beeinträchtigt. Laut neuem Arbeitsrecht gilt jedenfalls klar: „Der Kernbereich privater Lebensgestaltung, insbesondere Beziehungsleben und Intimsphäre, bleibt rechtlichen Bewertungen entzogen.“

„Kirchenfeindliche Betätigungen“ werden als Grund beschrieben, das Dienstverhältnis zu beenden. Zu derartigen Betätigungen zähle etwa „das öffentliche Eintreten gegen tragende Grundsätze der katholischen Kirche (z.B. die Propagierung der Abtreibung oder von Fremdenhass), die Herabwürdigung von katholischen Glaubensinhalten, Riten oder Gebräuchen“ oder „die Propagierung von religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen, die im Widerspruch zu katholischen Glaubensinhalten stehen, während der Arbeitszeit oder im dienstlichen Zusammenhang, auch die Werbung für andere Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften“.

Druck durch den Synodalen Weg?

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Prälat Graulich betonte gegenüber der Zeitung „Die Tagespost“, es gebe „verschiedene Änderungen in der Grundordnung, die ich nicht nachvollziehen beziehungsweise mir nur durch den Druck erklären kann, der von Seiten des sogenannten ‚Synodalen Wegs‘ und anderer pressure groups auf die Bischöfe ausgeübt wird“.

Es gehe dabei nicht nur um den Wegfall der bislang obligatorischen Loyalitätsobliegenheiten – also eine der Lehre der Kirche gemäße private Lebensgestaltung –, sondern auch etwa die Ausweitung der Grundordnung „auf Kleriker und Kandidaten für das Weiheamt sowie Ordensangehörige, Novizen und Postulanten“. Bisher sei dies nicht der Fall gewesen, „denn Kleriker und Ordensleute sind nicht einfach kirchliche Angestellte“.

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