Theologe Biesinger: Kirche verliert „Eucharistiefähigkeit“ durch Zölibat

Albert Biesinger
screenshot / YouTube / KiP-TV Alpha & Omega

Der emeritierte Tübinger Religionspädagoge Albert Biesinger hat gewarnt, die Kirche verliere ihre „Eucharistiefähigkeit vor Ort“, indem sie durch den Zölibat daran Schuld sei, dass nicht genügend Priester geweiht werden.

„Die Kirche verliert die Fähigkeit, eucharistische Erfahrungen mit den Menschen in ihrem Umfeld zu feiern und macht sich so schuldig“, sagte Biesinger am Samstag gegenüber katholisch.de. „Die Kirche beraubt quasi die nächsten Generationen. Sie ‚tötet‘ die Eucharistiefeier, weil sie den Zölibat höher einschätzt als die Ermöglichung der regelmäßigen Eucharistie vor Ort in den jetzt schon ‚verwaisten‘ Dörfern und Stadtquartieren. Es ist ein Versagen des Lehramtes, den Zölibat höher als die Eucharistie einzuschätzen.“

„Die Kirche verliert weiter an Ausstrahlung und einen Teil ihrer Sendung“, ergänzte der Religionspädagoge. „Es wird zur Bedeutungslosigkeit der Eucharistie kommen, weil man sie verlernen wird. Und dann wird klammheimlich die Eucharistie, die ja nun eine sehr zentrale und kostbare Gabe und Aufgabe ist, verloren gehen.“

„Mein Vorschlag ist ja eigentlich ‚konservativ‘ und geht zurück auf viele Jahrhunderte mit verheirateten Priestern“, zeigte sich Biesinger überzeugt. „Wer die Eucharistie bewahren will, bewahrt ja einen Grundvollzug unserer Kirche. Der Zölibat ist ein solcher nicht.“

Konkret schlug er vor: „Im ländlichen Gebiet, da gibt es vielleicht einen Landwirt, der sehr anerkannt ist und den bilden wir zum Priester im Zivilberuf aus, so wie ich ja Diakon im Zivilberuf bin und bleibe. Oder wir hätten in dem anderen Dorf einen IT-Spezialisten, einen Lehrer, einen Arzt oder einen Menschen, der in der Industrie arbeitet, die dann vor Ort als geweihte Priester mit kleinen überschaubaren Einheiten Eucharistie feiern. So könnten wir die Präsenz der Eucharistiefeier retten.“

„Man hätte schon vor vierzig Jahren anfangen können, verheiratete Männer dafür anzusprechen“, sagte Biesinger und erwähnte dann auch die Frauenordination: „Heute wäre es auch an der Zeit, die Frauen in den Blick zu nehmen, auch wenn das für manche undenkbar ist. Das widerspricht keineswegs der kirchlichen Tradition, die immer auch in Weiterentwicklung sein muss.“

Noch 1994 hatte Papst Johannes Paul II. erklärt, „daß die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“.

Biesinger ist ständiger Diakon, wurde 2013 als Tübinger Professor emeritiert und war jahrelang Mitherausgeber der Theologischen Quartalschrift. Der Theologe unterzeichnete kirchenkritische Manifeste wie die Kölner Erklärung von 1989.

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