Bischof Bätzing spricht von „Dynamik“ statt „Sicherheit“ als Einheitsprinzip der Kirche

Bischof Georg Bätzing am 28. September 2023
Deutsche Bischofskonferenz / Marko Orlovic

Bischof Georg Bätzing hat am Donnerstagnachmittag den Pressebericht zum Abschluss der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Wiesbaden vorgestellt. In der anschließenden Fragerunde mit Journalisten erklärte er: „Wir sind in einer Phase in der Kirche, in der vielleicht nicht Sicherheit das einheitswahrende und -stiftende Element ist, sondern Dynamik in bestimmten Richtungen.“

Dem Apostolischen Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterović, warf Bätzing auf Nachfrage vor, er betreibe mit Begriffen wie „Gender-Ideologie“ oder „ideologische Kolonisierung“ einen Kulturkampf: „Und wenn sich die Kirche in einen Kulturkampf begibt, wird sie immer verlieren.“

Von EWTN-Programmdirektor Martin Rothweiler erneut nach den Irritationen gefragt, die ein Vorpreschen einzelner Bischöfe etwa in Fragen der Segnung homosexueller Verbindungen mit sich bringe, sagte Bätzing: „Viel mehr Gläubige sind irritiert, dass sich die Kirche in dieser Frage nicht bewegt. Und ich bin Bischof aller und muss in meinem Bistum auch erspüren, welche Notwendigkeit ist da.“

Es gehe nicht nur um gleichgeschlechtliche Verbindungen, sondern auch um Menschen, „die wiederverheiratet [und] geschieden sind, Menschen die aus irgendwelchen Gründen noch nicht oder nicht heiraten können [oder] wollen“.

Die Kirche hat in ihrer Geschichte stets ausschließlich die sexuelle Vereinigung eines Mannes und einer Frau in der Ehe gesegnet, keine anderen sexuellen Verbindungen. Tatsächlich führte genau diese biblisch begründete Positionierung der Kirche dazu, dass sich im 16. Jahrhundert der englische König mit seinem Land von der Kirche trennte und die „Kirche von England“ begründete, heute als „Anglikaner“ bekannt.

Für Bätzing steht fest: „Viel mehr Gläubige sind irritiert, dass diese Menschen nicht in der Weise inkludiert sind in der Kirche, wie sie es wünschen.“

„Ich weiß, dass ich damit Gläubige irritiere, die nach Sicherheit suchen“, räumte der DBK-Vorsitzende ein. „Aber: Wir sind in einer Phase in der Kirche, in der vielleicht nicht Sicherheit das einheitswahrende und -stiftende Element ist, sondern Dynamik in bestimmten Richtungen.“

Über das Grußwort von Nuntius Eterović sagte Bätzing, er habe sich am Begriff der „ideologischen Kolonisierungen“ gestoßen. Der Nuntius hatte hierbei lediglich Papst Franziskus zitiert. Auch der Begriff „Gender-Ideologie“ wurde von Bätzing als Stein des Anstoßes genannt. Wiederum handelte es sich um eine von Papst Franziskus ins Spiel gebrachte Begrifflichkeit, die Eterović zitierte und aufnahm.

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Im Pressebericht zum Abschluss der Herbst-Vollversammlung hieß es: „In einer Aussprache haben wir darauf hingewiesen, dass sowohl neue Erkenntnisse der Biowissenschaften als auch soziale Erkenntnisse in die bisher dominierenden klassischen Perspektiven zu integrieren seien, um Menschen heute erreichen zu können. Außerdem haben wir zurückgemeldet, dass die harten Sprachbilder nicht geeignet seien, um in einer sich verändernden Mitwelt gesprächsfähig zu bleiben. In diesem Sinn hatten sich die Bischöfe in der Synodalversammlung erklärt.“

Auf Nachfrage von CNA Deutsch sagte Bätzing, die von Papst Franziskus und dem Nuntius verwendeten Begriffe „erinnern an Kulturkampf. Und wenn sich die Kirche in Kulturkampf begibt, wird sie immer verlieren. Vor allem wenn sie in einen Kulturkampf mit der Gegenwartskultur eintritt, dann wird es zu einer weiteren Entkulturalisierung von Kirche kommen.“

Die Alternative zum Kulturkampf sei, so Bätzing, „nicht die Anpassungn nicht einfach sich allem beugen und alles mitmachen“, sondern „das kirchliche Prinzip“ der „Unterscheidung der Geister“.

„Das ist ja genau das, was wir im Synodalen Weg auch versucht haben“, betonte der Bischof. „Zeitgeist ist der Geist der Welt. Zeichen der Zeit sind Zeichen, die Gott über die Kultur, über eine Gegenwartsentwicklung (Bewegung) den Menschen schenkt, damit wir besser verstehen was das Evangelium will.“

„Wir müssen differenzieren“, forderte Bätzing mit Blick auf den Nuntius. „Diese holzschnittartigen Dinge – ja sogar mit solchen Begriffen, die ja schon in sich eine Aggression beinhalten – helfen uns glaube ich nicht sehr weiter.“

Eine weitere Journalistenfrage zum Marsch für das Leben beantwortete Bätzing mit dem Hinweis: „Jeder Bischof, der teilnimmt, sollte wissen, dass es keine einheitliche Klientel ist, die da unterwegs ist, und dass es durchaus Gruppierungen gibt, die eine Teilnahme von Bischöfen für ihre eigene Propaganda nutzen.“

Seine eigene Form der Unterstützung „dieser dem Lebensschutz dienenden Aktion“ sei „ein Grußwort, in dem ich differenzieren kann, was ich unterstütze und was ich nicht unterstütze“.

Zur Frage nach der Entscheidung der Bundesregierung, das Erlernen der Durchführung von Abtreibungen zu einem festen Bestandteil der Ausbildung angehender Ärzte zu machen, sagte Bätzing, die Bischofskonferenz habe sich damit nicht ausdrücklich beschäftigt. Es gelte aber der Grundsatz: „Ärzte haben Leben zu schützen.“

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Im Pressebericht angekündigt wurde die Veröffentlichung von zwei neuen eucharistischen Hochgebeten in leichter Sprache. „Das Hochgebet in Leichter Sprache soll einen sinnerschließenden Vollzug der Zeichen und Handlungen sowie die Anknüpfung an die aktuelle Lebenswelt der Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen schaffen“, hieß es. „Es soll zudem dazu dienen, gemeinsam das Geheimnis der Zuwendung Gottes zum Menschen und zur ‚communio‘ inklusiv erfahrbar zu machen und die volle, wirksame Teilhabe für alle am Gottesdienst Teilnehmenden eröffnen.“

Es gehe erstens um eine Übersetzung in leichte Sprache des zweiten Hochgebets, und zweitens um ein vollkommen neu verfasstes Hochgebet mit dem Titel „Gott liebt mich“, „das für Personen mit stärkeren kognitiven Beeinträchtigungen vorgesehen ist, die Rahmenbedingungen für die Mitfeier eines Gottesdienstes in Form von Zielgruppengottesdiensten in Einrichtungen benötigen, und die den Anschluss an Gemeinde und Kirche nicht verlieren wollen“.