Bonn - Dienstag, 21. Mai 2024, 11:00 Uhr.
Die von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Auftrag gegebene Priesterstudie mit dem offiziellen Titel „Wer wird Priester?“ hat unter anderem ergeben, dass Priester „mit den Anliegen von Kirchenreform“ „fremdeln“, wie der Bochumer Pastoraltheologe Matthias Sellmann es ausdrückte. Sellmann war federführend für die Erarbeitung der Studie verantwortlich und stellte sie am Freitag mit dem Vorsitzenden der Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste der DBK, Bischof Michael Gerber, vor.
„Ich sehe in den Ergebnissen eine starke Notwendigkeit zum Umsteuern in Berufungspastoral und Priesterausbildung“, sagte Sellmann. So gelte etwa mit Blick auf die Herkunft von Priesterberufungen, dass sie „genau in jenen Konstellationen die größte Wahrscheinlichkeit“ hätten, „die demografisch, gesellschaftlich und innerkirchlich austrocknen“.
Die Priester, die sich an der Studie beteiligt hatten, „sehen sich selbst in der Mehrzahl nicht als gestalterische Führungskräfte“, sondern „scheinen sie in der Mehrzahl mit den Settings und Werten der modernen Gesellschaft zu fremdeln“. „Die Priester sind erkennbar auch nicht Mitträger des Synodalen Weges in Deutschland“, so Sellmann.
„Die Priester streben ein Kompetenzprofil an, das auf ‚Person‘ und ‚Spiritualität‘ setzt“, führte der Pastoraltheologe aus. „Die meisten Aspekte rund um ‚Organisation‘ und ‚Rolle‘ werden ausgeblendet. Viele wollen Seelsorger sein, aber nicht Chef und schon gar nicht Manager.“
„Die jungen Priester laufen in das ‚offene Messer‘ normaler Gemeindesituationen in Deutschland“, zeigte sich Sellmann überzeugt.
Bischof Gerber zeigte sich offener gegenüber der Tatsache, dass viele Priester auf Spiritualität setzen, gaben doch mehr als 70 Prozent der Studienteilnehmer an, „dass das stille Gebet der Ort war, an dem sie ihre Berufung erfahren haben. Wo schaffen wir folglich solche Orte des stillen Gebets in unserer pastoralen Landschaft? Wo ermöglichen wir den Raum für solche Erfahrungen der Stille? Wo befähigen wir insbesondere jüngere Menschen, die es als ‚Digital Natives‘ gewohnt sind, permanent über digitale Endgeräte online und erreichbar zu sein, Zeiten der wirklichen Stille und Konzentration auszuhalten, um aus dieser heraus zu Erfahrungen mit Christus zu gelangen, die zu Lebensentscheidungen führen?“
„Der starke Wunsch der Befragten etwa nach der Förderung der Persönlichkeitsentwicklung (71 Prozent) und einer Einübung in die eigene Spiritualität (63 Prozent)“ könne „vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt und Geistlichem Missbrauch in unserer Kirche nur nachdrücklich begrüßt und gefördert werden“.