Kardinal Eijk an Bischöfe: „Machen Sie nicht diesen Fehler, machen Sie nicht unseren Fehler“

Kardinal Willem Jacobus Eijk
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Der niederländische Kardinal Willem Jacobus Eijk hat in einem Interview mit der Zeitschrift Communio die Bischöfe gewarnt: „Machen Sie nicht diesen Fehler, machen Sie nicht unseren Fehler. In Pfarreien, in denen der Glaube gut verkündet und die Liturgie mit Würde gefeiert wird, sind die Kirchen voll.“

Eijk, geboren 1953, ist Erzbischof von Utrecht und wurde 2012 von Papst Benedikt XVI. ins Kardinalskollegium aufgenommen. In seinen Ausführungen bezog er sich immer wieder auf das niederländische Pastoralkonzil (1966–1970).

Unter der Leitung von Kardinal Bernard Jan Alfrink brachte die Veranstaltung Impulse wie die Forderung nach Aufhebung des priesterlichen Zölibats. Diese Forderungen und andere „Reformen“ führten jedoch zu Spannungen mit dem Vatikan und trugen langfristig zur Entfremdung vieler niederländischer Katholiken von der Kirche bei.

„In meiner Kindheit, in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren, war das noch ganz anders. In unserem kleinen Dorf am Stadtrand von Amsterdam ging sonntags fast jeder in die Kirche. Es gab vier Messen: drei stille Messen und ein Hochamt mit Orgel und Chor. Die Kirche war voller Kinder und junger Leute. Damals gab es noch diese großen katholischen Familien; in unserer Straße lebte eine Familie mit siebzehn Kindern. Aber nach 1965 änderte sich das sehr schnell. Zwischen 1965 und 1975 halbierte sich die Zahl der Kirchenbesucher“, erzählte Eijk über die Zeit vor dem Pastoralkonzil.

In den letzten Jahrzehnten hat die katholische Kirche in den Niederlanden einen noch deutlicheren Rückgang an Mitgliedern und Kirchgängern zu verzeichnen. War 1970 noch 40 Prozent der Bevölkerung katholisch, so sank dieser Anteil bis 2022 auf rund 18 Prozent. Im Jahr 2014 besuchten durchschnittlich nur noch 214.000 Katholiken die Sonntagsmesse, was etwa 1,2 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht.

Eijk kommentierte diese Entwicklung wie folgt: „Die Säkularisierung begann mit dem wachsenden Wohlstand. Er ermöglichte es den Menschen, individuell zu leben, losgelöst von der Gemeinschaft. Individuen stellen sich selbst in den Mittelpunkt und werden sozusagen ihr eigener Papst: Sie wählen ihre eigene religiöse Auslegung und ihre eigenen ethischen Werte.“

Dennoch tue die Kirche etwas dagegen, so der Kardinal: „Mehrere Diözesen sind dabei, missionarische Projekte in den Pfarreien einzurichten.“ Ein Beispiel sei der Alpha-Kurs, der von einem anglikanischen Geistlichen entwickelt wurde, aber auch in katholischen Gemeinden Anwendung findet. Der Kurs erkläre „auf einfache Weise, wer Jesus ist, wie wir ihn kennenlernen können und was die Bibel ist“.

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„In allen Pfarreien sehen wir immer mehr junge Menschen, die um die Taufe oder Firmung bitten, Menschen zwischen 20 und 50, die sozusagen aus dem Nichts auftauchen. Das sind keine riesigen Zahlen, aber es ist ein positives Zeichen. Es ist etwas am Werk. […] Auch bei den Berufungen zum Priestertum und zum Diakonat sehen wir positive Zeichen“, sagte Eijk.

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Für diese Generation gebe es „keine Kriterien (mehr), um zwischen richtig und falsch zu unterscheiden“. Sie habe „keinen festen Punkt im Leben“ und wisse nicht, was ihre „Bestimmung“ sei.

Der Kardinal ging auch auf die Bedürfnisse der Gläubigen ein: „Die Menschen, ob jung oder alt, betonten, dass wir gute liturgische Feiern und Katechese brauchen. Es wurde auch gesagt, dass wir mehr missionarisch aktiv sein müssen. […] Die Leute haben gesagt: Wir reden immer über die Schließung einer Kirche oder die Fusion einer Pfarrei und eigentlich viel zu wenig über den Glauben.“

Außerdem sehe er durchaus „Ähnlichkeiten“ zwischen dem Pastoralkonzil der niederländischen Kirchenprovinz und dem deutschen Synodalen Weg. Befürworter des Synodalen Weges argumentieren beispielsweise, dass die Kirche sich zu lange gegen Veränderungen in zentralen Themen wie der Sexualmoral, dem Umgang mit Machtstrukturen oder der Rolle der Frauen gewehrt hat. Diese Blockade, so die Argumentation, habe zu einer Entfremdung vieler Gläubiger geführt.

Dazu sagte Eijk wörtlich: „Von der Kirche in den Niederlanden können Sie lernen, dass dies ein Irrtum ist. Wer Verwirrung stiftet, entfremdet die Menschen von der Kirche. Auf diese Weise werden Sie niemanden zurückholen. Ich möchte den Bischöfen anderer Länder sagen: Machen Sie nicht diesen Fehler, machen Sie nicht unseren Fehler. In Pfarreien, in denen der Glaube gut verkündet und die Liturgie mit Würde gefeiert wird, sind die Kirchen voll. Es geht darum, Christus in den Mittelpunkt zu stellen. Wenn die Menschen Christus entdeckt haben und die Heilige Schrift besser verstehen, werden sie auch die Lehren der Kirche besser verstehen.“

Für ihn bedeute weitere Säkularisierung, „dass die menschliche Person nicht mehr im Mittelpunkt steht und der Staat zunehmend die Entscheidungen über Grundrechte trifft“.

„Wo früher die Vorstellung vorherrschte, dass der Mensch nach Gottes Ebenbild geschaffen wurde und daher unveräußerliche Rechte hat, übernimmt jetzt der Staat diese Rolle. Ein Beispiel dafür ist die Legalisierung und breite Anwendung der Abtreibung. Das Leben scheint weniger wertvoll geworden zu sein. Die Zahl der Euthanasiefälle steigt rapide an, von 1.500 im Jahr 1991 auf möglicherweise 10.000 in diesem Jahr. Fast 40 Prozent der Ehen enden mit einer Scheidung, was für die Beteiligten und ihre Kinder oft eine große emotionale Belastung darstellt“, so Eijk.