Abgesetzter Bischof behauptet: "Wurde aus Rache aus meinem Amt entfernt"

Bischof Martin Holley
Mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt

Einen Tag nach seiner Absetzung durch Papst Franziskus hat Bischof Martin Holley von Memphis gegenüber CNA gesagt, dass er nichts zu verbergen hat und transparent sein möchte über die Gründe seiner Amtsenthebung.

Holley sagt, er habe sein Amt weder wegen Misswirtschaft verloren, noch gebe es gegen ihn Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens. 

Stattdessen glaubt er, dass er auf Geheiß von Kardinal Donald Wuerl abgesetzt wurde, dem ehemaligen Erzbischof von Washington. Wuerl habe den Apostolischen Nuntius, Erzbischof Christophe Pierre, beeinflusst oder mit ihm zusammengearbeitet, um ihn aus dem bischöflichen Dienst zu entfernen.

Bischof Holley betont, dass er nichts zu verbergen hat.

Der Bischof wurde von Papst Franziskus aus der Rolle des Diözesanbischofs am 24. Oktober entlassen, nachdem im Juni der Vatikan Holleys Amtsführung der Diözese untersucht hatte.

Anlass für diese Untersuchung wiederum war die Kritik an der Entscheidung von Holley, im Jahr 2017 bis zu zwei Drittel der 60 aktiven Priester in der Diözese neu einzusetzen sowie seine Ernennung eines kanadischen Priesters, Pater Clement Machado, zum Generalvikar und Kanzler der Diözese Memphis.

Vatikansprecher Greg Burke sagte Reportern am Mittwoch, Holley sei wegen seines "Managements der Diözese" entlassen worden.

Burke fügte hinzu, dass es gegen Holley keine Vorwürfe von Missbrauch oder Vertuschung gebe, die zu seiner Enthebung geführt hätten. Auch Holley selber sagte gegenüber CNA, dass eine vor Jahrzehnten gemachte Behauptung über sexuelles Fehlverhalten, die in einigen Medien erwähnt wird, nicht der Grund für seine Entlassung sei.

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Kardinal Donald Wuerl

Was also ist geschehen? Holley erzählte CNA, dass im Jahr 2012 Wuerl für den hochrangigen Posten des Staatssekretärs des Vatikans in Betracht gezogen wurde. Holley war damals Weihbischof in der Erzdiözese Washington, die Wuerl leitete.

Papst Benedikt XVI. habe Holley gebeten, sich zur möglichen Ernennung von Wuerl zu äußern - und Holley habe Bedenken über die Eignung Wuerls für die Rolle angemeldet.

Wuerl wurde nicht in das Amt im Vatikan berufen, und Holley sagte, dass seine Entlassung aus der Diözese Memphis die "Rache" des Kardinals dafür sei.

Holley sagte CNA, dass Wuerl seit dieser Zeit "Verachtung" für ihn empfinde: "Er wollte etwas, und ich stand ihm dabei im Weg".

Wuerl wurde 2013 von Papst Franziskus zum Mitglied der Vatikanischen Bischofskongregation ernannt, noch bevor Holley Bischof von Memphis wurde. Die Kongregation ist für die Aufsicht der Bischöfe weltweit verantwortlich.

Wuerl und Kardinal Blase Cupich von Chicago sind die einzigen amerikanischen Mitglieder der Kongregation.

Laut Artikel 79 der Apostolischen Konstitution Pastor Bonus obliegt der Kongregation für die Bischöfe alles, "was die rechte Ausübung des pastoralen Dienstes der Bischöfe betrifft, wobei sie ihnen jedwede Unterstützung gewährt; es ist nämlich ihre Aufgabe, wenn es der Fall ist, in gemeinsamer Abstimmung mit den betreffenden Dikasterien allgemeine apostolische Visitationen anzusetzen und, gleichermaßen vorgehend, deren Ergebnisse auszuwerten sowie dem Papst vorzuschlagen, was demzufolge zweckmäßig zu entscheiden ist."

Als Antwort auf Fragen zum Bericht von Holley und zur Beteiligung von Wuerl an der apostolischen Visitation sagte der Sprecher von Wuerl, Ed McFadden, gegenüber CNA lediglich, dass "es den Anschein hat, dass eine Apostolische Visitation, die in der Diözese Memphis stattfand sowie die Ergebnisse dieser Untersuchung einen gewissen Zusammenhang mit der Entlassung von Bischof Holley hatten".

Ein hochrangiger Vertreter der Erzdiözese Washington informierte CNA, dass Holley damals weder ein enger Berater von Wuerl noch ein Mitglied des inneren Kreises des Kardinals war.

Eine andere, mit dem Fall eng vertraute Quelle sagte jedoch, dass Holley während seiner zweijährigen Amtszeit dreimal Wuerl eingeladen habe, in der Diözese Memphis zu sprechen.

Die Apostolische Visitation

Holley sagte gegenüber CNA, dass die Apostolische Visitation seiner Diözese im Juni unnötig gewesen sei, und ihr Zweck unklar.

Man habe ihm gesagt, dass der Besuch "nur dazu da sei, mir bei der Verwaltung der Diözese zu helfen. Ich brauchte aber keine Hilfe."

Der Bischof sagte weiter, dass er, nachdem er als Bischof in Memphis eingesetzt worden war, auf den "Mangel an früherer Leitung, der hier herrschte" aufmerksam wurde.

"Ich habe Dinge in Ordnung gebracht, die hier völlig durcheinander waren", sagte er mit Blick auf die Verwaltung, Personal und kirchenrechtliche Arbeit.

Holley, der Afroamerikaner ist, sagte, aus "Rassismus" hätten "einige Priester" Widerstand geleistet. Einer von ihnen war laut Holley ein langjähriger Mitarbeiter von Wuerl.

Darauf hingewiesen, dass sein Vorgänger - Bischof Terry Steib - auch Afroamerikaner war, sagte Holley, dass sich "Vorurteile und Rassismus" in der Diözese erst bemerkbar gemacht hätten, als er begann, die notwendigen Veränderungen vorzunehmen.

Lokale Medien berichteten, dass mehrere Diözesanpriester Bedenken anmeldeten, nachdem Holley Geistliche versetzt hatte. Umstritten war auch dessen Schließung eines Netzwerks katholischer Schulen, die sein Vorgänger gegründet hatte.

Holley wurde auch für seine Ernennung von Machado zum Generalvikar und Kanzler kritisiert.

Machado war bis 2016 Mitglied der Gesellschaft Unserer Lieben Frau von der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, einer Priestergesellschaft mit Sitz in Corpus Christi, Texas. Er wurde kurz nach Holleys Antritt offiziell in die Diözese Memphis versetzt – ohne die übliche Probezeit in solchen Inkardinationsverfahren.

"Machado ist nicht und war nicht das Problem", sagte Holley zu CNA. "Wenn ich ihn so lange kenne, warum sollte ich ihn nicht einäschern?"

Machado, der behauptet, als Kind Visionen von der Seligen Jungfrau Maria gehabt zu haben, hat sich einen internationalen Ruf als Exorzist und Redner erworben. Im Jahr 2016 gab die Diözese Corpus Christi jedoch eine Warnung heraus, in der sie darauf hinwies, dass Machado "Exorzismen ohne die Erlaubnis des örtlichen Bürgers durchgeführt hat".

Holley erklärte CNA, dass er eine langjährige Beziehung zu Machado hat und brachte ihn in die Diözese, weil er seine Hilfe brauchte. Er verfügte nicht über genügend Personal, um die administrativen Bedürfnisse der Diözese zu erfüllen, und er glaubte, dass Machado helfen könnte.

Machado trat am 29. Juni, kurz nach Abschluss der Visitation in der Diözese Memphis, von seinen Ämtern zurück. Er konzentriere sich auf den Abschluss seines Studiums des Kirchenrechts und vor Kurzem verwitwete Mutter, hieß es dazu in einer Mitteilung Holleys.

Vorwürfe des Fehlverhaltens

Nach der Ankündigung des Rücktritts von Holley tauchten Berichte auf: Der Bischof sei in der Vergangenheit des sexuellen Fehlverhaltens bezichtigt worden.

Was offenbar dahinter steckt: Im Jahr 2009 veröffentlichte ein ehemaliger Seminarist einen Blogbeitrag, in dem er behauptete, dass 1986 Holley, der damals Diakon war, "all die gruseligen Raubtiertricks nutzte, um mich dazu zu bringen, ihm sexuell nachzugeben", am Washingtoner Theological College.

CNA versuchte, den ehemaligen Seminaristen zu kontaktieren, konnte ihn aber nicht erreichen.

Ein leitender Kirchenbeamter teilte CNA mit, dass die Beschwerde in diesem Sommer an den Apostolischen Nuntius weitergeleitet wurde und dass sie die Entscheidung des Vatikans, den Bischof zu entfernen, hätte beeinflussen können.

Holley sagte jedoch CNA, dass der Nuntius das Thema zu keinem Zeitpunkt bei ihm angesprochen habe.

Er erklärte CNA, dass er zwar nicht direkt zu der Anschuldigung Stellung nehmen konnte, aber er sei "besorgt", dass die Angelegenheit angesprochen werde, um seinen Charakter zu verleumden.

"Ich gehöre nicht zur Lavendel-Mafia", sagte Bischof Holley.

Mit Blick auf die Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens durch Erzbischof Theodore McCarrick und mehrere andere katholische Kirchenmänner fügte er hinzu: "Ich würde mich niemals an diesem Übel beteiligen".

Der Bischof fügte hinzu, dass er McCarrick nicht besonders nahestehe, unter dem er weniger als zwei Jahre lang als Weihbischof diente.

Quellen vor Ort bestätigen dies: Sie betonten gegenüber CNA, dass man in der Erzdiözese Washington der Meinung sei, McCarrick sei sogar gegen die Ernennung Holleys im Jahr 2004 gewesen und hätte einen anderen, lokalen Kandidaten bevorzugt.

"Ich konnte nichts anderes als sein Weihbischof", so Holley dazu. Er habe in den Jahren 2009 oder 2010 Wuerl, McCarrick und Bischof Barry Knestout, damals ein weiterer Weihbischof aus Washington, über die Anschuldigung des Seminaristen gegen seine Person informiert. Er sagte, er sei mit Wuerl "völlig transparent" über die Anschuldigung gewesen, und dass Wuerl ihm dafür gedankt habe, dass er sie gemeldet habe.

McCarrick, sagte er, sagte ihm, er solle sich "keine Sorgen machen." Die Angelegenheit wurde nicht noch einmal angesprochen, sagte er.

Der Sprecher von Wuerl sagte gegenüber CNA, dass "Kardinal Wuerl sich nicht an ein Gespräch mit Bischof Holley über eine Anschuldigung aus irgendeinem Zeitraum erinnert." Der Sprecher von Bischof Knestout beantwortete bislang keine Fragen von CNA.

McCarrick konnte nicht erreicht werden.

Offene Fragen wirft das kirchenrechtliche Verfahren auf, durch das Holley entfernt wurde.

Während Papst Franziskus 2016 Regeln festlegte, welche einen Bischof durch einen vatikanischen Prozess seines Amtes entheben können, ist nicht klar, ob dieser Prozess im Falle Holleys angewendet wurde oder ob die Kongregation für die Bischöfe eine Rolle spielte, in der Wuerl sitzt.

Holley sagte CNA, dass er vor seiner Amtsenthebung nicht mit Papst Franziskus gesprochen habe.

Unklar ist auch, wies nun weitergeht für den Bischof. Er sei sich nicht sicher, was er als Nächstes tun werde, so Holley. Er ist jetzt 63 Jahre alt, das normale Ruhestandsalter für Bischof ist 75.

"Hier ist Böses am Werk", sagte er. "Das ist ein geistiger Kampf." 

Übersetzt und redigiert aus dem englischen Original von AC Wimmer.

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