Kontroverse um Institut Johannes Paul II: Benedikt trifft entlassenen Professor Melina

Papst emeritus Benedikt XVI mit Monsignore Livio Melina am 1. August 2019
Exklusiv für CNA - Mit freundl. Genehmigung

Papst emeritus Benedikt XVI. hat sich vergangene Woche mit Monsignore Livio Melina getroffen, dem entlassenen Professor des Institutes Johannes Paul II für Ehe und Familie – inmitten der Kontroverse über Änderungen an der Hochschule.

Benedikt habe ihn am 1. August zu sich eingeladen, so eine Quelle aus dem Umfeld Melinas gegenüber CNA.

Der emeritierte Papst "wollte Professor Monsignore Livio Melina zu einer Privataudienz empfangen. Nach einem längeren Gespräch über die jüngsten Vorkommnisse am Päpstlichen Institut Johannes Paul II spendete er ihm seinen Segen, drückte ihm seine persönliche Solidarität aus und versicherte ihm seine Nähe im Gebet".

Professor Melina, der von 2006 bis 2016 Präsident des Instituts war, wurde kürzlich entlassen, im Zuge der Inkraftsetzung neuer Statuten der Hochschule. Diese schafften unter anderem den Lehrstuhl für Fundamentalmoral ab, den Livio innehielt.

Papst Franziskus hatte im Jahr 2017 das Institut aufgelöst und gleichzeitig durch ein fast gleichnamiges Institut ersetzen lassen. Die Auflösung und Neugründung war Voraussetzung für neue Statuten, die auch eine sozialwissenschaftliche Ausweitung der theologischen Forschung ermöglichen sollten, gemäß der Vorstellungen des Papstes. Als "Magna Charta" des neuen Instituts bezeichnete der von Franziskus eingesetzte Großkanzler, Erzbischof Vincenzo Paglia, das Nachsynodale Schreiben Amoris Laetitia.

Nach der Veröffentlichung neuer Statuten meldeten Studenten, Alumni und der Lehrkörper schwere Bedenken an, und äußerten große Besorgnis überdie Entlassung mehrerer Professoren sowie über die Zukunft ihres eigenen Studiums am Institut.

Professoren des Instituts haben gegenüber CNA betont, dass sie nichts gegen den Wunsch des Papstes einzuwenden haben, die Mission oder den Ansatz der Schule zu erweitern. Doch die Verwalter, die mit der Umsetzung des Ziels betraut sind, hätten unfair gehandelt.

Papst emeritus Benedikt ist seit vielen Jahren mit der Arbeit des Institutes eng vertraut.

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Der Theologenpapst habe "die Arbeit von Msgr. Melina am Lehrstuhl für Fundamentalmoral immer aufmerksam verfolgt", so Pater Juan José Pérez-Soba, Professor für Pastoraltheologie und Direktor der internationalen Forschung für Moraltheologie am Institut, gegenüber CNA.

Professor Pérez-Soba erzählte CNA, dass der damalige Kardinal Joseph Ratzinger bereits 1998 Melinas Forschungsbeitrag zur Moraltheologie gewürdigt und empfohlen habe. Zudem nahm der spätere Papst im Jahr 2003 an einer Konferenz über die Enzyklika Veritatis Splendor teil. Diese war von Melinas Institutsdepartment organisiert worden.

"Auf dieser Konferenz hielt Kardinal Ratzinger einen später veröffentlichten Vortrag, in dem er die Erneuerung der Moraltheologie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil schilderte." Die Enzyklika Veritatis Splendor, so der spätere Papst, habe die Moraltheologie entfaltet, die das Konzil beschrieben habe.

Die Bedeutung, die auch und gerade Papst Benedikt dem Lehrstuhl für Fundamentaltheologie zusprach, rücke dessen Abschaffung sowie die Entlassung von Professor Melina in ein neues Licht, so Pérez-Soba.

Es entstehe der Eindruck, man wolle einen Paradigmenwechsel herbeiführen: Eine Abkehr von der objektiven Moral gemäß der Lehre, wie sie unter anderem in Veritatis Splendor entfaltet wird.

Denn so meine man offenbar, sich den Wunsch nach einer subjektivistischen Neudefinition der Sexualmoral erfüllen zu können, angefangen mit Humanae Vitae, so Pérez-Soba.

Der Professor ergänzte: Benedikt XVI habe bei mehreren Besuchen des Instituts während seines Pontifikates dessen Wichtigkeit betont.

Am 31. Juli sagte Pater José Granados, der Vizepräsident des Instituts, gegenüber CNA, dass "die Identität des Instituts ernsthaft bedrohtist".

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Der "Catholic Herald" meldete am 2. August, dass die verantwortlichen Verwalter des Instituts gegenüber einem Reporter gesagt hätten, man wolle sich zu den Vorwürfen und Bedenken äußern, aber bitte um einige Wochen Geduld, "um angemessene Antworten zu formulieren".

LINK-TIPP: Der volle Wortlaut des Briefs in deutscher Übersetzung wurde auf der Website der Studenten zu ihrem Appell veröffentlicht.

Übersetzt und redigiert aus dem englischen Original

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