Rom - Montag, 3. August 2020, 19:51 Uhr.
Pater Josef Kentenich, der verstorbene Gründer der Schönstatt-Bewegung, ist vor seinem Tod offenbar nicht vom Vatikan rehabilitiert worden. Diesen Umstand beleuchtet ein Brief des früheren Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI.
Die Historikerin Alexandra von Teuffenbach berichtet mehreren Medien zufolge über einen auf das Jahr 1982 datierten Brief des damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, der an den Generalrektor der Pallottiner gerichtet ist. Darin schreibt Ratzinger, dass "keine der früheren Entscheidungen des Heiligen Offiziums, die die Lehre, Tätigkeit und Person P. Kentenichs betreffen, annulliert" worden seien. Man habe lediglich nicht darauf bestanden, dass Pater Kentenich zurück in die USA müsse, wo er "ohne Erlaubnis der Kongregation, sondern auf Grund eines fehlinterpretierten Telegrammes" sein Exil unterbrochen habe und nach Rom gekommen sei.
Weiter schreibt der spätere Papst in dem von "katholisch.de" veröffentlichten Brief, dass die Glaubenskongregation "nicht der Meinung" sei, "dass die Beanstandungen, die der Apostolische Visitator seinerzeit an Lehre und Tätigkeit P. Kentenichs machte, ein bedauerlicher Irrtum gewesen seien und auf falschen Informationen beruhten".
Pater Josef Kentenich hatte in der Zwischenzeit den Pallottiner-Orden verlassen und wurde nach seiner Rückkehr im Bistum Münster inkardiniert. Dazu schreibt Ratzinger:
"Die Glaubenskongregation gab ihre Zustimmung, als die Religiosenkongregation P. Kentenich von den in der Gesellschaft der Pallottiner gemachten Versprechen dispensierte und ihm die / Erlaubnis gab, in der Diözese Münster inkardiniert zu werden, aber unter der Bedingung, dass P. Kentenich nicht in das Säkularinstitut der Schönstattpriester eintreten und nicht die Leitung des Schönstattwerkes übernehmen dürfe."
Schönstatt und die Frage der Rehabilitation
Dieses Schriftstück widerspricht einer Einschätzung, dass Pater Josef Kentenich nach seiner zeitweiligen Verbannung in die USA vom Vatikan wieder rehabilitiert worden sei. Der Postulator des Seligsprechungsverfahrens, Pater Angel Strada, hatte eingeräumt, dass es kein offizielles Schriftstück, in dem der Schönstatt-Gründer rehabilitiert wird, gebe.
Seiner Ansicht nach sei dies jedoch nicht ungewöhnlich. Die Praxis, solche Dokumente zu erstellen, gebe es nicht. Strada führte in einem Interview auf der deutschen Homepage der Schönstatt-Bewegung das Beispiel an, dass der Theologe Henri de Lubac SJ nach den Sanktionen gegen ihn damals ebenfalls kein Aufhebungsdokument erhielt, sondern seine Rehabilitierung der Tatsache entnahm, dass er später zum Konzilstheologen ernannt wurde. Deshalb könne man auch darauf schließen, dass Kentenich vom Vatikan rehabilitiert sei, so Strada weiter. Als Kentenich nach Rom zurückgekehrt sei, habe er mit Wissen des Heiligen Offiziums "alle Sachen" gemacht, die ihm vorher verboten waren: Zum Beispiel habe er wieder die geistliche Leitung der Marienschwestern und der Schönstatt-Bewegung übernommen. Auch der Papst habe ihn am 22. Dezember 1965 zur Audienz empfangen.
Trier kündigt Historiker-Kommission an
Das für das Seligsprechungsverfahren zuständige Bistum Trier hatte bereits Mitte Juli die Gründung einer Historiker-Kommission angekündigt. Diese soll nun alle zugänglichen Dokumente der vatikanischen Archive sammeln, "die in irgendeiner Weise dieses Seligsprechungsverfahren betreffen". Am Ende werde die Kommission unter Einbeziehung des Ergebnisses der vorausgegangenen Kommission "einen Bericht erstellen, in dem auch eine Aussage gemacht wird über die Persönlichkeit und die Spiritualität von P. Josef Kentenich, so wie sie sich in den gesammelten Dokumenten darstellen", so das Bistum.
Die Historikerin Alexandra von Teuffenbach hatte im – vor wenigen Monaten geöffneten – Archiv aus der Zeit von Papst Pius XII. Dokumente untersucht und berichtet, diese würden den Schönstatt-Gründer schwer belasten. Neben "eines hochgradig manipulativen, die Schwestern in ihrer Gewissensfreiheit planmäßig behindernden" Verhalten des Gründers – bis hin zu erzwungenem Beichtverhalten und Hörigkeitsritualen – soll es auch zu mindestens einem dokumentierten Fall von sexuellen Missbrauch gekommen sein, so die Wissenschaftlerin mit Verweis auf die Angaben eines damaligen Visitators (CNA Deutsch berichtete).
Anfang Juli hatte Pater Juan Pablo Catoggio, Vorsitzender des Generalpräsidiums der Schönstatt-Bewegung, in einer Stellungnahme Pater Kentenich verteidigt: "Wir weisen den Vorwurf, Josef Kentenich habe sich des sexuellen Missbrauchs an Mitgliedern des Instituts der Schönstätter Marienschwestern schuldig gemacht, mit Entschiedenheit zurück", hieß es in der offiziellen Stellungnahme. Die Vorwürfe seien bekannt und ausgeräumt.
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Nach Angaben des ehemaligen Postulators der Seligsprechung P. Josef Kentenichs gebe es "keine einzige Spur von sexuellem Missbrauch" in den bisher geprüften Akten. https://t.co/749y4onYuI via @CNAdeutsch
— Rudolf Gehrig (@RudolfGehrig) July 17, 2020
"Wir weisen den Vorwurf, Josef Kentenich habe sich des sexuellen Missbrauchs an Mitgliedern des Instituts der Schönstätter Marienschwestern schuldig gemacht, mit Entschiedenheit zurück" https://t.co/pu4513FoMi #Schoenstatt #Schönstatt #Missbrauch
— CNA Deutsch (@CNAdeutsch) July 3, 2020
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Missbrauchsverdacht gegen Pater Kentenich: Vorwürfe gegen Gründer der Schönstatt-Bewegung https://t.co/qqMMAh0eLi
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