Libanon: Diskussion über Treffen mit Papst Franziskus

Die orthodoxe Sankt-Georgs-Kathedrale und dahinter die Minarette der Mohammed-al-Amin-Moschee in Beirut
Wikimedia / Vladanr (CC BY-SA 3.0)

Im Libanon haben die Worte von Papst Franziskus beim Angelusgebet am Sonntag, 30. Mai, zunächst für Verwunderung, Hoffnungen und Erwartungen gesorgt, werfen aber auch einige Fragen auf.

Wie CNA Deutsch berichtete, hatte Papst Franziskus beim traditionellen Angelus vom Fenster des Apostolischen Palastes verkündet: „Am kommenden 1. Juli werde ich mich im Vatikan mit den Hauptverantwortlichen der christlichen Gemeinschaften im Libanon treffen, um einen Tag lang über die beunruhigende Situation des Landes sprechen und um gemeinsam für das Geschenk des Friedens und der Stabilität zu beten“.

Er vertraue "diese Gebetsintention der Fürsprache der Muttergottes an, die im Heiligtum von Harissa verehrt wird“, fuhr er fort. Schon jetzt sollten alle Menschen als Vorbereitung des Treffens im Vatikan für eine bessere Zukunft des Libanon beten, appellierte der Papst.

Unterdessen kämpft der Libanon seit langem mit einer systemische Krise, die die Existenz der libanesischen Gesellschaft zu untergraben scheint: Wie lokalen Quellen gegenüber der Agentur "Fides" betonen, weckt die Ankündigung des Papstes in verschiedenen kirchlichen Gruppen auch Fragen und Überlegungen im Hinblick auf den Umfang und die Tragweite des bevorstehenden vom Papst einberufenen Gipfels auf.

Zunächst frage man sich im Libanon, welche und wie viele „Vertreter der im Libanon anwesenden christlichen Gemeinschaften" an dem Treffen mit dem Papst am 1. Juli teilnehmen werden.

Die libanesischen Medien halten unterdessen die des maronitischen Patriarchen Béchara Boutros Raï, des syrisch-katholischen Patriarchen Ignace Youssif III. und des apostolisch-armenischen Patriarchen Aram I. sowie des melkitisch-griechisch-katholische Patriarchen Youssef Absi für wahrscheinlich. Auch der griechisch-orthodoxe Patriarch Yohanna X. Yazigi oder ein Vertreter könnte zusammen mit Pastor Joseph Kassab, dem Präsidenten des Obersten Rates der Evangelischen Gemeinden im Libanon und in Syrien, an dem Treffen teilnehmen.

Unwahrscheinlich, wenn nicht ausgeschlossen scheint hingegen die Teilnahme christlicher Politiker, so "Fides" weiter. Darüber hinaus bleibe abzuwarten, ob das Treffen Gelegenheit biete, allgemeine Überlegungen zum aktuellen Zustand des Landes und der libanesischen christlichen Gemeinschaften auszutauschen oder ob sich die Aufmerksamkeit des Gipfels auf bestimmte Punkte konzentriert.

Indirekte Auswirkungen auf den Inhalt des im Vatikan einberufenen Treffens könnte auch die Beendigung des politischen Stillstands im Libanon haben, der seit Oktober letzten Jahres den designierten Premierminister, den sunnitischen Saad Hariri, an der Bildung einer neuen Regierung hindert.

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Darüber hinaus könnte das Treffen die Gelegenheit bieten, den bereits von Papst Franziskus geäußerten Wunsch nach einem Besuch im Libanon genauer zu erörtern.

Der Libanon befindet sich seit Monaten in einer finanziellen und politischen Krise, zumal es den politischen Führern nicht gelungen ist, eine Regierung zu bilden, um Reformen nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut am 4. August umzusetzen. Die Explosion tötete fast 200 Menschen, verletzte 600 weitere und verursachte einen Schaden von über 4 Milliarden Dollar.

Schon vor der Explosion stand das Land unter starkem wirtschaftlichen Druck. Die Arbeitslosigkeit war in die Höhe geschossen und die Landeswährung hatte seit 2019 mindestens 80% ihres Wertes gegenüber dem US-Dollar verloren, berichtete AP.

Papst Franziskus traf den designierten Premierminister Saad Hariri am 22. April im Vatikan, wo der libanesische Führer auch mit dem vatikanischen Staatssekretär Kardinal Pietro Parolin und dem Sekretär für die Beziehungen zu den Staaten, Erzbischof Paul Gallagher, zusammentraf.

Saad Hariri wurde im vergangenen Oktober mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt, nachdem die bisherigen Regierungschefs Hassan Diab im August und Mustapha Adib im September zurückgetreten waren. Diese Entwicklung kam weniger als ein Jahr, nachdem Hariri selbst am 29. Oktober 2019 im Zuge von Massenprotesten als Premierminister zurückgetreten war.

Kardinal Bechara Boutros Rai, das Oberhaupt der maronitischen Katholiken im Libanon, hat die politischen Führer des Landes wiederholt aufgefordert, "die Logik der Partikularinteressen zu überwinden" und eine Regierung zur Rettung des Landes zu bilden.

Rai sagte im Februar, die internationale Gemeinschaft habe eine Verantwortung, den Zusammenbruch des Libanon zu verhindern.

Der Kardinal sagte, es gebe eine "große Kluft" zwischen den Menschen an der politischen Macht mit ihren "persönlichen Interessen und Berechnungen" und denen, die unter "Armut, Entbehrung und Hunger" leiden.

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Der Papst sagte am 8. März, er habe Kardinal Rai versprochen, den Libanon in Zukunft zu besuchen.

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