Absage an Franziskus: Belgiens "Broeders van Liefde" weigern sich, Sterbehilfe zu stoppen

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Sie widersetzen sich dem Papst: Eigentlich hat Franziskus der Organisation der Brüder der Nächstenliebe noch bis Ende August Zeit gegeben, in ihren 15 psychiatrischen Zentren in Belgien nicht mehr Euthanasie verüben zu lassen. 

Nun scheint klar zu sein, dass die "Broeders van Liefde" der Aufforderung nicht Folge leisten: Bei einer Pressekonferenz bestätigte Verbandsvorsitzender Raf De Rycke, dass die Brüder weiterhin auch aktive Sterbehilfe an nicht sterbenskranken Psychiatrie-Patienten leisten werden.

In einem begleitenden Statement teilen die "Broeders" mit:

"In unseren Einrichtungen respektieren wir die Freiheit der Ärzte, Euthanasie zu verüben oder nicht, und die Freiheit anderen Pflegepersonals, dabei zu assistieren oder nicht. Diese Freiheit garantiert das Gesetz." 

Mit Blick auf die Aufforderung des Papstes, die Euthanasie zu unterbinden, sagte De Rycke, man sei der Meinung, die eigene Haltung sei vereinbar mit der Glaubenslehre der Kirche. Deshalb suche man den Dialog und Beratung, um die eigene Sichtweise zu kommunizieren.

Menschliches Leben "kein absoluter Wert" mehr

Wie der belgische "De Morgen" meldet, ist dem Löwener Professor für Pastoraltheologie Axel Liégeois zufolge das Leben zwar weiterhin ein fundamentaler Wert; doch der neuen "Vision" der Broeders zufolge sei es "kein absoluter" mehr. Dies rechtfertige die Anwendung von Euthanasie unter bestimmten Voraussetzungen: Das sei dann ein normaler medizinischer Vorgang - weil es ja in den Bereich einer "freien Entscheidung" des Arztes falle. 

Als weitere Rechtfertigung führt ein begleitendes Statement der "Broeders" ins Feld, man habe "Änderungen und Evolutionen innerhalb der Gesellschaft" stets Rechnung getragen und Elemente wie eine "deontologisierte Sicht und Ideologisierung, sowie Gewissensfreiheit" betrachtet.

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Deontologie ist ein philosophischer Fachbegriff, der eine relativistische Weltsicht ohne objektive Normen vertritt.

Der Generalobere des Ordens, René Stockman, ist nicht dieser Meinung: Er hat bereits im Vorfeld den eigenen Orden aufgefordert, die umstrittene Praxis, die auch der Katechismus der Katholischen Kirche explizit verbietet, zu stoppen. Eine weitere Bedingung aus Rom war, dass jeder Bruder dem Ordensoberen in einem gemeinsamen Schreiben zusage, der Glaubenslehre zuzustimmen und zu ihr zu stehen.

Bereits vor der heutigen Bekanntgabe hatte ein prominentes Vorstandsmitglied der Sicht des Ordensoberen ebenso wie der Anweisung aus Rom widersprochen: Herman van Rompuy, ehemaliger Präsident des Europäischen Rates und Ex-Ministerpräsident Belgiens, hatte auf Twitter mitgeteilt, dass aus seiner Sicht der Papst einem katholischen Orden gar nicht verbieten kann, in seinen 15 psychiatrischen Kliniken Euthanasie zu verüben. 

"Die Zeiten von 'Roma locuta, causa finita' sind lang vorbei", schrieb der belgische Politiker auf niederländisch in Antwort auf den Kirchenrechtsexperten Professor Kurt Martens auf Twitter, wo dieser die Namen der Mitglieder des Aufsichtsrats publizierte.

Professor Martens, Kirchenrechtler der Catholic University of America und selber belgischer Katholik, hatte damals bereits gegenüber CNA betont: 

"Letzten Endes bedarf es mutiger Menschen wie Bruder Stockman, die klare Grenzen ziehen und eine Auflösung oder Verwässerung der katholischen Lehre aufhalten. Dazu bedarf es jedoch der Courage, und es birgt Risiken. Diese Risiken muss man jedoch bereit sein, auf sich zu nehmen. Sonst wird man eine NGO wie der ganze Rest".

Unklar ist noch, wie der Papst auf diese Nachricht reagieren wird. Möglicherweise könnte dem Orden verboten werden, sich als katholisch zu bezeichnen. Den drei Ordensmitgliedern im Vorstand droht zudem der Ausschluss aus der Kirche.

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