Psychiater Raphael Bonelli kritisiert Tabuisierung des christlichen Glaubens

Raphael Bonelli
screenshot / YouTube / RPP Institut

In einem Interview mit dem katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ sprach der österreichische Psychiater und Bestsellerautor Raphael Bonelli über eine zunehmende Tabuisierung des gelebten Glaubens und warnte vor einer Verwässerung christlicher Überzeugungen.

Bonelli betonte zu Beginn, dass die echte Nachfolge Christi immer auch Widerstand mit sich bringe. Er sagte: „Wenn einer sein Christentum lebt und nirgends Schwierigkeiten hat deswegen, dann stimmt was nicht.“

Es gehöre zum Christsein, „dass man nicht jedem gefällt, obwohl man friedlich ist“. Christen dürften sich „nicht überall das Maul verbieten lassen“, sondern müssten deutlich sagen, was sie glauben.

Gerade in der aktuellen gesellschaftlichen Situation sieht Bonelli eine wachsende Bedrohung. „Ich sehe Christenverfolgung in Europa voraus“, erklärte er. Diese äußere sich noch nicht flächendeckend, lasse sich aber bereits an vielen Zeichen erkennen. Das Christentum habe sich stets unter Druck erneuert: „Die Verfolgung ist auch eine Chance für das Christentum, wo es sich dann auch neu reinigt.“

Entscheidend sei, dass die Kirche trotz aller Angriffe überdauere: „Diese Kirche geht nicht unter, und das hat sicher nicht damit zu tun, dass alle so gescheit sind oder so tapfer, sondern dass das eben eine Religion ist, die vom Heiligen Geist geführt wird.“

Besonders kritisch sieht Bonelli ein Christentum, das sich dem Zeitgeist anpasst. Er warnte vor einer Glaubenspraxis, die wesentliche Inhalte aufgibt, um gesellschaftlich anschlussfähig zu bleiben: „Das Christsein selber wird immer mehr tabuisert, aber ganz besonders dieses bedingungslose Christsein.“

Würden Christen nur noch das übernehmen, was sie sich „rauspicken“, dann sei das kein echter Glaube mehr. Ein solches Christentum gehe „zugrunde“.

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In klaren Worten sagte Bonelli: „Ein zahnloses Christentum ist toleriert – es wird nicht beklatscht, aber es wird toleriert. Aber wenn jemand den Glauben wirklich ernst nimmt, dann bekommt er heutzutage schon Schwierigkeiten.“

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Die umfassende Lehre des Christentums sei zunehmend selbst innerhalb der Kirche unerwünscht. Bonelli beklagte, dass selbst Priester und Bischöfe vor dem Zeitgeist „einknicken“, statt sich an der unveränderlichen Lehre zu orientieren.

Mit Blick auf geschichtliche Erfahrungen betonte Bonelli, dass die katholische Kirche in der Vergangenheit oft klar Stellung gegen totalitäre Ideologien bezogen habe. Er erinnerte an seine Großväter, die als Katholiken von Anfang an dem Nationalsozialismus ablehnend gegenüberstanden.

Auch in der Zeit der 68er hätten seine Eltern instinktiv erkannt, dass der neue Zeitgeist „nicht der Wahrheit entspricht“. Bonelli sagte: „Die christliche Lehre steht fest auf einem festen Fundament. […] Wenn sie ohnehin nur noch das sagt, was die Grüne Partei sagt, dann macht sich die Kirche ja selber überflüssig.“

Trotz aller Herausforderungen bleibt Bonelli überzeugt von der Kraft des Glaubens, insbesondere in Krisenzeiten. In der Rückschau auf die Corona-Pandemie bemerkte er, dass christliche Kritiker im Gegensatz zu vielen Nichtreligiösen „ihre Hoffnung und ihre Freude nicht verloren“ hätten.

Viele andere seien hingegen „verbittert geworden, verhärmt, depressiv, hoffnungslos“. Für ihn zeigt sich daran, dass der Glaube „einen Verweis auf eine Zukunft gibt, die dann doch irgendwie gelingen kann – auch wenn die Dinge schlecht stehen“.