Gemeinschaft Totus Tuus: "Freuen uns auf Abschluss der Visitation"

Pfarrer Thomas Müller, Gründungsmitglied von Totus Tuus – Neuevangelisierung, im Interview mit CNA Deutsch über die Visitation im Bistum Münster

Pfarrer Thomas Müller
privat

Herr Pfarrer, seit drei Jahren findet im Bistum Münster eine Visitation der Gemeinschaft "Totus Tuus" statt. Zum Verständnis für die Größenordnung: Wie viele Mitglieder hat die Gemeinschaft heute, und wie viele waren es zu Beginn der Visitation?

Zu Beginn der Visitation war die Anzahl der Mitglieder bei 142, zurzeit gehören 135 Personen zur Gemeinschaft. Es haben einige Mitglieder im Laufe der letzten Jahre die Gemeinschaft Totus Tuus verlassen. Dabei gab es eine Reihe von Mitgliedern, die ausdrücklich mitgeteilt haben, dass sie die Gemeinschaft nicht im Zusammenhang mit der Visitation verlassen haben, sondern weil ihr geistlicher Weg sie in eine andere Richtung geführt hat.

Der ehemalige geistliche Beirat der Gemeinschaft, Weihbischof Christoph Hegge, soll schon vor Beginn der Visitation im Jahr 2017 von "Redeverboten", "Leistungsdruck" und "blindem Gehorsam" innerhalb der Gemeinschaft berichtet haben. Was ist Ihre Einschätzung dieser Bedenken?

In diesem Punkt ist es in der öffentlichen Berichterstattung zu einigen Unschärfen gekommen.

Wie meinen Sie das?

Als geistlicher Beirat war Weihbischof Christoph Hegge 2017 die erste Anlaufstelle für die Beschwerdeführer; er fasste lediglich deren Wahrnehmungen aus den Gesprächen zusammen. Im Juni 2019 bestätigte er auf Anfrage, dass es sich bei den von ihm gesammelten Kritikpunkten nicht um eine Wertung seinerseits handelt und auch nicht um Vorwürfe, die er Totus Tuus macht. 

Als Weihbischof Hegge den Mitgliedern des damaligen Leitungsteams die gesammelten und anonymisierten Kritikpunkte vorlegte, waren sie zutiefst schockiert und konnten den überwiegenden Teil der Anschuldigungen nicht nachvollziehen. Zahlreiche Aussagen ließen sich auch unserer Überzeugung nach eindeutig widerlegen. Als dann Bischof Genn eine Visitation veranlasste, um die Kritikpunkte zu prüfen, war es – und ist es auch heute noch – unser Ziel, mit Unterstützung des Bistums Münster einen Weg der Prüfung und Unterscheidung zu gehen, um einerseits die Punkte zu identifizieren, bei denen die Gemeinschaft Veränderung und Erneuerung braucht und andererseits haltlose Vorwürfe eindeutig zurückzuweisen.

Aussteiger haben unter anderem laut "Deutschlandfunk", Bistumsmedien und der "Herder Korrespondenz" weitere schwere Vorwürfe gegen "Totus Tuus" erhoben. Auch die Visitatoren wurden jedoch kritisiert, die Aussteiger nicht als Betroffene in den Blick genommen zu haben. Wie wird den Betroffenen geholfen? 

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Ihre Beobachtung kann ich bestätigen, dass der Umfang der von denselben Kritikern geäußerten Vorwürfe im Verlauf der Auseinandersetzung und mit dem Schritt in die Öffentlichkeit zunahm. Wir sind gegen darin enthaltene falsche Behauptungen erfolgreich gerichtlich vorgegangen. Die Herder Korrespondenz hat eine Unterlassungserklärung unterzeichnet und eine Gegendarstellung abgedruckt.

Auch nach Bekanntwerden der Beschwerden im Jahr 2017 haben wir mehrfach versucht, mit den Beschwerdeführern in Kontakt zu treten, um über die vorgetragene Kritik ins Gespräch zu kommen und Wege der Versöhnung zu suchen. Dieses Angebot wurde aber leider nicht angenommen.

Grundsätzlich muss ich sagen, dass es in diesem Konflikt auf beiden Seiten Betroffene gibt, die unter der Auseinandersetzung erheblich leiden. Daher plädiere ich dafür, alle Betroffenen in den Blick zu nehmen, wenn es um die Frage der Unterstützung geht. Welche Hilfe und Unterstützung von Seiten des Bistums Münster angeboten wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.

Am vergangenen Freitag hat Bischof Genn angekündigt, dass Ende 2020 die Visitation abgeschlossen sein wird. Noch seien "einige Fragen" zu klären? Was für Fragen sind das Ihrer Ansicht nach?

Ich freue mich über die Ankündigung von Bischof Genn, dass die Visitation voraussichtlich in diesem Jahr abgeschlossen werden soll. Im September 2018 erhielten wir von den Visitatoren Dr. Jochen Reidegeld und Sr. Birgitte Herrmann OSF den Zwischenbericht zur Visitation, mit dem der wesentliche Teil der Visitation "die Untersuchung" abgeschlossen war. Seit diesem Zeitpunkt geht die Gemeinschaft eigenverantwortlich und begleitet durch das Bistum Münster den Weg einer Erneuerung.

In drei großen Arbeitskreisen wurden in einem Zeitraum von 15 Monaten die im Zwischenbericht genannten Themenfelder "Verbindlichkeit und Freiheit", "Verständigung und Verständnis" sowie "Fürsorge und Eigenverantwortung" bearbeitet und die Ergebnisse den Visitatoren vorgelegt. Die Rückmeldung von Seiten der Visitatoren war positiv. Wie ich gehört habe, liegt deren Abschlussbericht Bischof Genn bereits vor. Die aktuelle Leitung der Gemeinschaft erarbeitet zurzeit auch neue Statuten. Ich gehe davon aus, dass sich darauf die Feststellung des Bischofs bezieht, dass noch Fragen zu klären sind.

Was erhoffen Sie sich vom Abschluss der Visitation? Wie geht es weiter? 

Vom Abschluss der Visitation erhoffe ich mir zwei Dinge: Klarheit und Frieden. Klarheit, welche Vorwürfe nach eingehender Prüfung und Untersuchung berechtigt sind und wie damit konkret umzugehen ist und welche Vorwürfe sich als unberechtigt erwiesen haben.

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Durch diese Klarheit hoffe ich, dass es auch mehr Frieden geben wird. Dafür bete ich, dass sich langfristig Möglichkeiten der Versöhnung in diesem Konflikt ergeben. Ich bin überzeugt, dass die Gemeinschaft den Weg der Erneuerung auch nach der Visitation konsequent weitergeht und ihr Charisma der Kirche dienend zur Verfügung stellt.

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