Kardinal Urosa zur Synode: Jesus verkünden ist die grundlegende Mission der Kirche

Venezolanischer Erzbischof warnt vor Synkretismus, betont: Jesus Christus ist auch der Retter der Indigenen

Amazonas-Ufer
Andrea Deak (CC0)

Er gilt Beobachtern als moderater Kardinal der Mitte – und als einer der erfahrensten Hirten der Region in Lateinamerika: Zum nahenden Ende der Amazonas-Synode hat sich Kardinal Jorge Urosa an die Teilnehmer des Treffens in Rom gewandt.

Dabei würdigt er die Beiträge zur Synode, aber erinnert deutlich an den eigentlichen Auftrag der Kirche: Die Verkündung der Botschaft von Jesus Christus.

"Selbstverständlich darf man die indigene Kulturen nicht geringschätzen! Aber man muss sie zu jener uralten göttlichen Weisheit führen, die im Alten Testament und vor allem durch Jesus Christus offenbart wurde."

Auch ein "amazonischer Ritus" müsse frei von Synkretismus sein, warnt Urosa – und das Schlussdokument dürfe keinen "Komplex" haben, was den Umgang mit Indigenen betrifft.

Kritische Worte hat der venezolanische Kardinal für den Umgang von Aktivisten mit Ritualen am Rand der Synode, einschließlich der als "Pachamama" bekannt gewordenen Holzfigur einer nackten schwangeren Frau, die auch in der Synodenhalle aufgestellt worden ist. Die Figure wurde wahlweise als "Symbol des Lebens", Muttergottes oder heidnisches Götzenbild bezeichnet – neben der inzestuösen "Pachamama"-Figur wurden auch andere "Göttinen" vorgeschlagen – und sorgt seit ihrem Auftauchen für Irritationen, zumal der Vatikan selbst nicht zu wissen scheint, worum es sich bei der Figur handelt.

CNA Deutsch dokumentiert den vollen Wortlaut mit freundlicher Genehmigung in einer eigenen Übersetzung von Susanne Finner / CNA Deutsch.

AMAZONASSYNODE

DIE GRUNDLEGENDE MISSION DER KIRCHE

JESUS, DEN RETTER MIT BEGEISTERUNG VERKÜNDIGEN

Kardinal Jorge Urosa Savino, emeritierter Erzbischof von Caracas,

20. Oktober 2019

Wir befinden uns bereits nahe dem Ende der Synode und die Berichte aus den verschiedenen Kleingruppen wurden bekanntgegeben. Sehr interessant und herausfordernd. Einige innovativ.

Natürlich muss man diese Vorschläge in der Endabstimmung berücksichtigen. Unabhängig davon, was dann geschehen kann, gibt es einen Schlüsselpunkt für die Neubelebung der Kirche in Amazionien, den ich in diesem Artikel herausstellen möchte.

Die Synode muss offen die grundlegende Mission der Kirche proklamieren, die die Verkündigung Jesu Christi als unserem Retter ist.

Und das sowohl für die indigenen Gemeinden in den Missionsvikariaten als auch für die Kirchen, die bereits als Erzdiözese und Diözese errichtet sind und für die ganze, universelle Kirche. Es handelt sich um die Notwendigkeit, die Evangelisierung zu stärken, die klare, explizite und offene Verkündigung Jesu als Weg, Wahrheit und Leben, in dem sich das Geheimnis des Menschen erhellt und alle menschliche Weisheit Sinn findet.

Dies wird klar zum Ausdruck gebracht im der Konstitution Gaudium et Spes unter den Nummern 10 und 22.

EVANGELISIEREN: DIE GRUNDLEGENDE MISSION DER KIRCHE

Die grundlegende Mission der Kirche ist zweifelsfrei, Jesus Christus zu verkündigen. Dieser Punkt wurde zu Recht von einer der Kleingruppen hervorgehoben. Und es ist sehr gut, dass sie darauf hingewiesen haben. Alle anderen Themen - Ökologie, Soziales, Kultur, ja sogar Pastoaral der Ämter und Organisation der Autorität in der Kirche – sind wichtig. Aber zweitrangig.

Was wirklich wichtig ist, ist dass die katholische Kirche in Amazonien, so wie in der ganzen Welt,in der Freude des Evangeliums ihren Glauben an Jesus, Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, König der König und Herr der Herren verkündet, wie uns auch Papst Franziskus auffordert. Er ist der Anfang und das Ende.

Wir erklärten in einer unserer vorherigen Betrachtungen zum Instrumentum Laboris, dass man, mit allem Respekt, nachforschen müsse, warum trotz aller selbstlosen, aufopfernden und konstanten Arbeit vieler Missionare, die protestanischen Kirchen gewachsen sind, während die Früchte unseres pastoralen Wirkens nicht die waren, die man sich erhofft. Viele indigenen Gemeinden schätzen die soziale Arbeit der katholischen Missionare, aber sie bevorzugen die protestantischen Kirchen.

Eine der Kleingruppen hat dies betont. Leider wurden im Instrumentum Laboris die Ursachen dieser harten Realität nicht untersucht. Man muss also die Verkündigung Jesu Christi unter den Indigenen verstärken. Und die Ureinwohner einladen, sich zu bekehren und taufen zu lassen, damit sie den unermesslichen Schatz empfangen, Kinder Gottes und Mitglieder der Kirche zu sein.

DAS EVANGELIUM INKULTURIEREN UND JESUS,  DER WEG, WAHRHEIT UND LEBEN IST, VERKÜNDIGEN

In der Tat: Wir müssen evangelisieren und das Evangelium Jesu Christi inkulturieren! Natürlich geht es nicht darum, den indigenen Völkern die europäische oder westliche Kultur zu bringen. Es geht darum, Christus als Retter und Erlöser, als Freund und Bruder, mit seinen Forderungen nach einer Änderung des Lebens in der Familie, im sozialen Zusammenleben, in der Wirtschaft, als Zurückweisung der Götzen und der Sklaverei unter den Kräfte der Natur, bekannt zu machen. Dass das Evangelium wirklich in die Kulturen eindringt. Das bedeutet, das Evangelium zu inkulturieren.

Und das setzt voraus, offen und ausdrücklich zu evangelisieren. Nicht nur ins Gespräch zu kommen und zu begleiten. Natürlich muss man auch das tun, aber man muss auch Jesus vorstellen und anbieten. Denken wir an den heiligen Paulus: "Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde" (1 Kor 9,16). Die Mission der Kirche ist, das Evangelium zu verkünden. Und wir wissen, dass Christus uns radikal verändert und einen neuen Menschen, eine neue Gemeinschaft, eine neue Familie schafft, die durch die sakramentale Gnade geheiligt wird.

Dies erfordert von uns, die wie in der Pastoral tätig sind, vor allem von den Bischöfen, Priestern und Ordensleuten, eine ständige persönliche und pastorale Bekehrung. Dass wir persönlich und auf lebendige Weise Jesus Christus als den Herrn der Schöpfung und der Geschichte, als guten Hirten, als Licht der Welt, als unseren Retter anerkennen. Und ihn so unseren Brüdern und Schwestern vorstellen. Selbstverständlich darf man die indigene Kulturen nicht geringschätzen! Aber man muss sie zu jener uralten göttlichen Weisheit führen, die im Alten Testament und vor allem durch Jesus Christus offenbart wurde. Wir müssen ihnen das Geschenk des neuen Lebens in Christus, das Licht der Gnade, die Hoffnung auf das ewige Leben schenken. Wir müssen sie von der Sklaverei der Natur befreien und ihnen die Herrschaft Gottes, des Vaters und seines Sohnes Christus, dem Antlitz seiner Barmherzigkeit, über die Schöpfung und über jeden von uns verkünden.

In diesem Sinne ist es notwendig, dass im Schlussdokument der Synode der Impuls zu einer offene Evangelisierung in Amazonien und auf der ganzen Welt geben wird, ohne den Komplex, dass wir die Ureinwohner überfahren mit der Parrhesie des Heiligen Geistes; natürlich respektvoll, aber ohne Angst. Nicht wie jemand, der um Entschuldigung bittet, weil er den Ureinwohnern Amazoniens den Schatz Christi bringt.

DER VORGESCHLAGENE AMAZONISCHEN RITUS

Auf dieser Linie muss man auch einen möglichen amazonisch-indigenen Ritus genau untersuchen, der in der Synode vorgeschlagen werden könnte. Natürlich müsste man ihn gut vorbereiten. Und es ist klar, dass dieser amazonische Ritus jegliche Art von eigenartigem und unangemessenem Synkretismus vermeiden muss. Man muss den Synkretismus vermeiden, wie er bei einem Ritual in den vatikanischen Gärten am 4. Oktober präsent war - auf einer riesengroßen Decke, geleitet von einer amazonischen Frau, mit unbekannten und zweideutigen Darstellungen.

Wir bedauern übrigens, dass - trotz zahlreicher Kritik - keiner der Organisatoren erklärt hat, worum es sich bei diesem Ritual handelte. Der Grund für die Kritik ist eben diese primitive und scheinbar heidnische Art der Zeremonie, und das Fehlen von deutlich katholischen Symbolen, Gesten und Gebeten bei den Handlungen, Tänzen und Verneigungen in diesem überraschenden Ritual.

Diese Art von Synkretismus sollte unbedingt vermieden werden. Die Liturgie oder der römisch-lateinische Ritus, insbesondere die Eucharistie, die nur Gott dargebracht wird, ist einfach, nüchtern, schlicht und für jene, die die richtige Einweisung erhalten, leicht zu verstehen. Ein möglicher Amazonas-Ritus muss die Heiligkeit der Eucharistie achten und die grundlegenden Elemente der Eucharistie bewahren, auch wenn einige andere Gesten eingeführt werden können, jedoch keine, die animistischen oder naturalistischen, nicht-katholischen Gesten ähneln.

SCHLUSSBEMERKUNG

Wir preisen den Herrn für die selbstlose und großmütige Arbeit, die in Amazonien geleistet wird, in den städtischen Gebieten und in den Wäldern, in den Erzdiözesen und in den Diözese, den Vikariate und Prälaturen, von Bischöfen, Missionaren, Priestern, Diakonen, Ordensleuten und Laien, die sich in den vielfältigen Tätigkeiten der Kirche engagieren.

Wir bitten Gott, den Schöpfer des Universums und unseren Vater, dass diese Synode mit Entschlossenheit und Klarheit die Evangelisierungsmission der Kirche in Amazonien und auf der ganzen Welt bekräftige. Und dass wir Katholiken, insbesondere die Priester und Ordensleute, mit Kraft in dieser Freude leben, das Evangelium Jesu Christi zu leben und zu verkündigen, des Einzigen, in dessen Namen wir das Heil und die Vergebund der Sünden finden (vgl. Apg 4, 12; GS 10).

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