Redaktion - Freitag, 8. August 2025, 16:30 Uhr.
Die im April 2025 veröffentlichte Handreichung „Segen gibt der Liebe Kraft“ sorgt in der katholischen Kirche Deutschlands für tiefe Spannungen. Während einige Diözesen die von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) erarbeiteten Leitlinien umsetzen, lehnen andere sie unter Verweis auf das vatikanische Dokument Fiducia supplicans strikt ab.
Nach Recherchen von katholisch.de wenden mehr als die Hälfte der 27 deutschen Bistümer die Handreichung zumindest in Teilen an. Elf Diözesen – darunter Limburg, Osnabrück und Trier – haben die Leitlinien offiziell übernommen oder sich klar positiv geäußert. Andere, wie Essen, Rottenburg-Stuttgart, Dresden-Meißen und Hildesheim, unterstützen die Praxis ebenfalls.
Fünf Bistümer – Köln, Augsburg, Eichstätt, Passau und Regensburg – schließen die Umsetzung aus. Sie betonen, dass Fiducia supplicans vom Dezember 2023, das unter bestimmten Umständen auch Segnungen für Paare in „irregulären Situationen“ erlaubt, keine liturgischen oder ritualisierten Formen vorsieht. In Rom wurde ausdrücklich zwischen spontanen, pastoralen Segnungen und offiziellen kirchlichen Riten unterschieden.
Besonders deutlich äußerte sich Bischof Bertram Meier von Augsburg. Er nannte vier Punkte, in denen die deutsche Handreichung über Fiducia supplicans hinausgehe: eine andere Begründung für den Verzicht auf liturgische Formen, die konkrete Rede von „Segensfeiern“, ein erweiterter Kontext der Segnungen – etwa im Umfeld ziviler Trauungen – sowie das Fehlen klarer Abgrenzungen zu Eheschließungen.
Das Erzbistum Köln erklärte, die weltkirchlichen Bestimmungen seien bereits durch Fiducia supplicans ausreichend geregelt. Das Dikasterium für die Glaubenslehre habe im Nachgang betont, dass solche Segnungen „spontan und kurz“ sein sollen und keine liturgische Form haben dürften. „Hier geht die Handreichung nach unserer Einschätzung über die weltkirchlichen Regelungen hinaus“, so das Erzbistum.
Kritik der Initiative „Neuer Anfang“
Bereits am 24. April hatte die Initiative „Neuer Anfang“ eine Protestnote veröffentlicht. Darin wirft sie den Unterstützern der Handreichung vor, bewusst rituelle, geplante Segensfeiern zu legitimieren – im klaren Widerspruch zu Fiducia supplicans, das spontane und nicht rituell festgelegte Segnungen fordert.
So legitimiere „man in Deutschland die Schaffung neuer Rituale! Man ermutigt, Liturgien zu kreieren, gibt praktische Hinweise, insinuiert die Legitimität von kirchlichen Einladungen zu Gottesdiensten, usw“.
Dabei maße sich das vorliegende Dokument an, für „die Kirche“ zu sprechen.
„Es beruft sich auf Beschlüsse, die für niemanden verbindlich sind. Es entstellt, was die Kirche in Wahrheit lehrt. Es gibt sich menschenfreundlich, kleidet sich in ‚Gewänder des Heils‘, redet in scheinorthodoxen Sophismen und vereinnahmt den verstorbenen Papst für das Gegenteil seiner erklärten Absichten. Es nötigt auf subtile Weise,“ so die Initiative.
Scharfe Kritik von Kardinal Müller
Am 17. Juli veröffentlichte Kardinal Gerhard Ludwig Müller in der „Tagespost“ einen Gastbeitrag, in dem er die von mehreren deutschen Bistümern eingeführten Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare als „frommen Betrug“ bezeichnete.
Solche Riten seien nicht nur theologisch unwirksam, sondern führten die Gläubigen in die Irre – ähnlich wie der historische Ablasshandel, der die Christenheit gespalten habe.
Müller argumentierte, dass der kirchliche Segen als Bitte um helfende Gnade nicht zur Legitimierung von Lebensweisen eingesetzt werden dürfe, die dem christlichen Glauben widersprechen. Die Einführung von Segensriten für gleichgeschlechtliche Paare sei ein „fauler Kompromiss mit dem atheistischen Menschenbild“ und widerspreche dem biblischen Zeugnis ebenso wie der apostolischen Tradition.
Fiducia supplicans selbst bezeichnete der Kardinal als „in sich konfusen Text“, der in großen Teilen des katholischen und orthodoxen Episkopats auf entschiedenen Widerspruch gestoßen sei.
Weltweit war die Reaktion auf Fiducia supplicans gemischt. In vielen afrikanischen Ländern lehnten Bischofskonferenzen die darin beschriebenen Segnungen ab, da sie „Verwirrung stiften“ und kulturell nicht vermittelbar seien. Die mexikanische Bischofskonferenz hingegen sprach von einer Gelegenheit zu seelsorglicher Begleitung unter Wahrung der kirchlichen Lehre. In den Niederlanden und Spanien gab es klare Ablehnung, während in Teilen Lateinamerikas und Asiens eine vorsichtig positive Aufnahme erfolgte.





