Macron fordert Muslime auf, einem "politischen Islam" abzuschwören

Seit dem 14. Mai 2017 der Präsident Frankreichs: Emmanuel Jean-Michel Frédéric Macron
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Nach mehreren islamistischen Anschlägen in Frankreich in diesem Jahr hat Präsident Emmanuel Macron die muslimischen Führer des Landes aufgefordert, eine "Charta der republikanischen Werte" zu unterzeichnen, in der sie einer Ablehnung des Islam als politische Bewegung zustimmen.

Der BBC zufolge ist Macrons vorgeschlagene "Charta" Teil einer weitreichenden Regierungsstrategie zur Eindämmung ausländischen Einflusses und zur Verhinderung von Gewalt und Bedrohungen durch islamische Extremisten.

Macron hat seit seiner Wahl 2017 die Unterstützung für eine säkulare Regierung betont und den, wie er es nennt, "islamistischen Separatismus" kritisiert, der die Muslime der Nation zur Integration in die französische Gesellschaft ermutigt. Als Teil der Gesetzgebung, die Macron zur Bekämpfung des Extremismus eingeführt hat, soll auch die Schulpflicht verschärft werden, meldet die "Catholic News Agency", die amerikanische Partneragentur von CNA Deutsch.

Die Charta wird unter anderem festlegen, dass der Islam eine Religion und keine politische Bewegung ist, berichtet die BBC.

Die Mitglieder des französischen Rates muslimischen Glaubens haben sich im November darauf geeinigt, einen nationalen Rat der Imame zu bilden, und dieser CFCM wird sich diese Woche mit Macron treffen, um die vorgeschlagene Charta zu erörtern. Der CFCM wird mit der Akkreditierung der Imame im Land beauftragt werden.

In Frankreich lebt – mit offiziellen Schätzungen zufolge rund 5 Millionen Personen – die größte muslimische Minderheit Westeuropas, noch vor den muslimischen Gemeinden in Deutschland und Großbritannien.

Die Debatte über die Charta und die darin enthaltenen "französischen Werte" wird nach mindestens drei islamistisch motivierten Terroranschlägen im Jahr 2020 geführt.

Mitte Oktober enthauptete ein muslimischer Migrant aus Tschetschenien den Lehrer Samuel Paty, nachdem Paty seiner Klasse eine Mohammed-Karikatur gezeigt hatte.

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Augenzeugen berichteten, dass der Mörder, Abdoullakh Abouyedovich Anzorov, "Allahu akbar" – arabisch für "Gott ist groß" – rief, als er Paty in der Nähe der Mittelschule, an der er unterrichtete, auf offener Straße ermordete. Der Islamist wurde kurz nach dem Mord von der Polizei erschossen.

Öffentliche Schulen in Frankreich hielten zu Ehren von Paty am 2. November eine Schweigeminute ab, und in einigen Klassenzimmern fanden Diskussionen über die Meinungsfreiheit statt.

Diese Schul-Diskussionen über das Recht auf freie Meinungsäußerung führten zur polizeilichen Untersuchung von mindestens 17 Minderjährigen, von denen auch einer katholischen Glaubens ist, berichtete die "New York Times".

Nach Angaben des Justizministeriums wurden 14 Minderjährige auf Polizeistationen verhört oder in Gewahrsam genommen. Einige ihrer Familien wurden zu ihren religiösen Praktiken befragt.

Ein 16-Jähriger wurde in der Nähe von Marseille verhaftet, weil er während der Schweigeminute weiterhin über Kopfhörer etwas anhörte.

Ein weiterer islamischer Angreifer tötete am 29. Oktober drei Menschen in Notre-Dame von Nizza. Die Polizei entwaffnete per Beinschuss den Täter, Brahim Aouissaoui. Der Islamist war Ende September auf der italienischen Insel Lampedusa gelandet und zuerst nach Italien und später Frankreich gereist.

Weitere Anschläge fanden am 29. Oktober in Frankreich statt. In Montfavet, in der Nähe von Avignon, drohte ein Mann mit einer Handfeuerwaffe und wurde zwei Stunden nach dem Angriff von Nizza von der Polizei getötet. Der Radiosender Europe 1 sagte, der Mann rief ebenfalls "Allahu Akbar", bevor ihn die Sicherheitskräfte neutralisierten.

Mohammed Moussaoui, Präsident der CFCM, verurteilte den islamischen Terror und forderte die französischen Muslime auf, ihre Feierlichkeiten für Mawlid, den 29. Oktober, an dem Mohammeds Geburtstag gefeiert wird, "als Zeichen der Trauer und der Solidarität mit den Opfern und ihren Angehörigen" abzusagen.

Nach den Anschlägen führte Macron ein umfassendes Anti-Radikalisierungsgesetz ein, das am 9. Dezember im französischen Kabinett debattiert werden soll. 

Zu den weiteren Bestimmungen des Gesetzes gehören strengere Strafen für diejenigen, die Amtsträger aus religiösen Gründen einschüchtern; die Ausweitung der nationalen Identifikationsnummern – die die meisten Schüler in Frankreich bereits haben; ein Verbot der Weitergabe persönlicher Informationen, die es Personen, die einer Person schaden wollen, ermöglicht, diese zu finden – eine Praxis, die als "Doxxing" bekannt ist.

Das Konzept der laïcité – des französischen Laizismus – ist seit 1905 fester Bestandteil der Rechtssprechung in Frankreich. Zu dieser Zeit etablierte die Dritte Republik offiziell den staatlichen Säkularismus und löste damit eine Welle des Antikatholizismus aus, die das Ende der staatlichen Finanzierung religiöser Schulen, Änderung des Eherechts und die Abschaffung von Militärseelsorgern mit sich führte. 

Der "französische Laizismus" als gesellschaftliche wie politische Ideologie wurde im Laufe der Jahre weiterentwickelt und gilt nun sowohl für Privatpersonen als auch für die Regierung. In den letzten Jahrzehnten führte dies unter anderem zur Debatte über ein Verbot bestimmter Bekleidungen in der Öffentlichkeit, etwa für muslimische Vollverschleierungen.

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