Nach Abstimmung über Abtreibung: Papst Franziskus trifft Präsidenten des EU-Parlaments

Papst Franziskus empfängt David Sassoli, Präsident des Europäischen Parlaments, am 25. Juni 2021
Vatican Media

Papst Franziskus traf sich am Samstag mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, zwei Tage nachdem das gesetzgebende Organ der EU einen "extremen" Bericht über Abtreibung gebilligt hatte.

Der Papst empfing David Sassoli am 26. Juni in einer Privataudienz im Vatikan.

Das Europäische Parlament stimmte zwei Tage vor der Audienz jedoch für einen Bericht, der Abtreibung als "wesentliche Gesundheitsfürsorge" beschreibt und versucht, eine Verweigerung von Abtreibung aus Gewissensgründen – etwa von Ärzten oder Hebammen – als "Verweigerung medizinischer Versorgung" neu zu definieren.

Ob der Papst und der Politiker über das vermeintliche "Recht" auf die Tötung ungeborener Kinder und Druck auf die Gewissensfreiheit von Ärzten und Pflegern sprachen, ist unklar. 

In einer Presseerklärung des Europäischen Parlaments heißt es stattdessen: "Im Mittelpunkt des Gesprächs mit dem Heiligen Vater stand die Notwendigkeit, die Schwächsten und Verletzlichsten zu schützen: Die Rechte der Menschen sind das Maß aller Dinge. Der europäische Aufschwung wird nur dann erfolgreich sein, wenn er eine Verringerung der Ungleichheiten bewirkt."

Sassoli, ein 65-jähriger italienischer Politiker, traf sich auch mit Kardinal Pietro Parolin, Staatssekretär des Vatikans, und Erzbischof Paul Gallagher, Sekretär für die Beziehungen zu den Staaten.

In der Pressemitteilung des Europäischen Parlaments heißt es, die drei Männer hätten über "die Situation im Mittelmeerraum, in Afrika, auf dem westlichen Balkan und im Beitrittsprozess sowie in der östlichen Nachbarschaft" gesprochen.

Das Statement fügte hinzu: "Besonderes Augenmerk wurde auf die europäischen Bemühungen gelegt, Impfstoffe in Ländern mit niedrigem Einkommen, insbesondere in Afrika, verfügbar zu machen."

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Aus katholischer Sicht ist die Tötung eines ungeborenen Lebens im Mutterleib kein Menschenrecht; vielmehr hat der ungeborene Mensch ebenso ein Recht auf Leben wie seine Mutter. 

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments, des gesetzgebenden Organs der EU, sind mehrheitlich anderer Meinung: Sie stimmten am 24. Juni mit 378 Ja-Stimmen und 42 Nein-Stimmen für die Annahme des Textes, der als Matić-Bericht bekannt ist, bei einer Sitzung in Brüssel.

Die Parlamentarier hatten zuvor zwei Versuche abgelehnt, den umstrittenen Bericht zu unterbinden.

Katholische Kirchenvertreter und Experten sowie Lebensrechtler hatten das Europäische Parlament aufgefordert, den Bericht abzulehnen, der von dem kroatischen Politiker Predrag Fred Matić eingebracht wurde.

Das Parlamentarische Netzwerk für kritische Fragen (PNCI) mit Sitz in Washington, D.C., bezeichnete den Matic-Bericht als "extrem" und "radikal".

Das Sekretariat der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union (COMECE) äußerte sich alarmiert über den Bericht und sagte, dass es "ethisch unhaltbar" sei, Abtreibung als "wesentliche" Gesundheitsdienstleistung einzustufen.

Zahlreiche Bischofskonferenzen und Experten verurteilten den Matic-Bericht und bedauerten dessen Annahme. 

In einem Interview mit Vatican News, versuchte Sassoli dagegen, die Bedeutung der Abstimmung herunterzuspielen: "Diese Resolution, die nicht bindend ist, weil sie kein gesetzlicher Akt ist, ist eine Empfehlung, um sicherzustellen, dass alle Länder in irgendeiner Weise eine ähnliche Gesetzgebung haben", behauptete der Politiker.

"Ich denke, es gibt ein bisschen Instrumentalisierung, die man beiseite lassen sollte. Wir haben gesehen, dass viele Länder sich unterschiedlich verhalten, und ich glaube, dass einige Erfahrungen wie die italienische auch für sie nützlich sein können", kommentierte er.

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