Papst Franziskus: "Mangel an Subsidiarität hat sich wie ein Virus ausgebreitet"

Papst Franziskus spricht bei der Generalaudienz am 23. September 2020.
Pablo Esparza / EWTN News

Wie können, wie sollen Katholiken auf die gegenwärtige schwere Krise reagieren? "Jeder von uns ist aufgerufen, seinen Teil der Verantwortung zu übernehmen. Wir müssen nicht nur als Einzelne antworten, sondern auch aus unserer eigenen Gruppe, aus unserer Rolle in der Gesellschaft, aus unseren Prinzipien und, wenn wir Gläubige sind, aus unserem Glauben an Gott". Das hat Papst Franziskus in der heutigen Generalaudienz im Hof von San Damaso im Vatikan vorgeschlagen.

"Es scheint, dass das Wetter nicht so gut ist, aber ich sage trotzdem guten Morgen", sagt der Papst dann mit Blick auf das schlechte Wetter in Rom am 23. September. Im Innenhof reihten sich vor ihm bunte Schirme hinter den gelb-weißen des Vatikans in einen – trotz Regens – farbenfrohen Reihen. 

Das Schlüsselwort in der heutigen Katechese war die Subsidiarität. Der Pontifex knüpfte damit an seine Überlegungen zur Solidarität und Wege in der Krisen von Kirche und Gesellschaft an, auch und gerade angesichts der Pandemie und ihrer Konsequenzen.

"Bestimmte gesellschaftliche Gruppen sind nicht in der Lage, einen Beitrag zu leisten, weil sie wirtschaftlich oder politisch erstickt werden. In einigen Gesellschaften sind viele Menschen nicht frei, ihren Glauben und ihre Werte zum Ausdruck zu bringen", prangerte der Papst an.

Franziskus erklärte weiter: "Einerseits, und besonders in Zeiten des Wandels, wenn Einzelpersonen, Familien, kleine Vereinigungen oder lokale Gemeinden nicht in der Lage sind, ihre primären Ziele zu erreichen, dann ist es richtig, dass die höchsten Ebenen der gesellschaftlichen Körperschaft, wie der Staat, eingreifen, um die für das Vorankommen notwendigen Mittel bereitzustellen. Beispielsweise befanden und befinden sich viele Menschen, Familien und Unternehmen aufgrund des Coronavirus-Lockdowns in ernsthaften Schwierigkeiten, so dass öffentliche Einrichtungen versuchen, mit geeigneten Maßnahmen zu helfen."

"Auf der anderen Seite aber müssen die Führungspersonen der Gesellschaft die mittleren oder kleineren Ebenen respektieren und fördern", so der Papst weiter, "denn der Beitrag von Einzelpersonen, Familien, Vereinigungen, Unternehmen, allen zwischengeschalteten Stellen und sogar der Kirchen ist entscheidend. Diese, mit ihren eigenen kulturellen, religiösen, wirtschaftlichen oder bürgerlichen Möglichkeiten, revitalisieren und stärken den sozialen Körper".

Nur so funktioniert das Prinzip der Subsidiarität, betonte der Pontifex am 23. September.

"Heute hat sich diese Missachtung des Subsidiaritätsprinzips wie ein Virus verbreitet", so Franziskus. "Wir hören mehr auf die großen Finanzkonzerne als auf die Menschen oder diejenigen, die die reale Wirtschaft bewegen. Multinationalen Unternehmen wird mehr Gehör geschenkt als sozialen Bewegungen. Wir hören mehr auf die Mächtigen als auf die Schwachen, und dies ist nicht der Weg, den Jesus uns gelehrt hat".

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"Wirklicher Wandel ist das, was jeder tut. Alle zusammen. Alle in der Gemeinschaft. Wenn sie es nicht alle tun, wird das Ergebnis negativ sein. Um aus einer Krise besser hervorzugehen, muss das Subsidiaritätsprinzip umgesetzt werden, wobei die Autonomie und das Initiativvermögen aller, insbesondere der letzten, respektiert werden müssen. Dieser Weg der Solidarität braucht Subsidiarität. Es gibt keine echte Solidarität ohne soziale Teilhabe, ohne den Beitrag der zwischengeschalteten Organe: Familien, Vereinigungen, Genossenschaften, Kleinunternehmen, Ausdruck der Zivilgesellschaft", kommentierte der Papst.

"Wie schön ist es zum Beispiel, die Arbeit der Freiwilligen in der Krise zu sehen, die wohlhabenden Freiwilligen, die armen Freiwilligen, alle zusammen auszusteigen, das ist das Prinzip der Subsidiarität. Wir lernen, groß zu träumen, wir haben keine Angst".

Der Papst schloss mit den Worten: "Lasst uns nicht versuchen, die Vergangenheit zu rekonstruieren, neue Dinge erwarten uns".

"Lasst uns eine Zukunft aufbauen, in der die lokale und die globale Dimension sich gegenseitig bereichern".

"Bald werde ich eine Glocke namens 'Die Stimme der Ungeborenen' segnen, die von der Stiftung 'Ja zum Leben' in Auftrag gegeben wurde. Sie wird die Veranstaltungen begleiten, die den Wert des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod in Erinnerung rufen sollen. Ihre Stimme wird das Gewissen der Gesetzgeber und aller Menschen guten Willens in Polen und in der Welt wecken", sagte der Papst im Gruß an die polnischsprachigen Pilger.

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