US-Staatsanwältin zur Kirchenkrise: Diözesen haben Missbrauchsopfer im Stich gelassen

Kerzen (Referenzbild)
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Kardinal Blase Cupich von Chicago
Kardinal Blase Cupich von Chicago
CNA Archiv

Die Staatsanwaltschaft von Illinois hat einen Ermittlungsbericht über Fälle sexuellen Missbrauchs durch katholische Geistliche in den sechs Bistümern des Staates veröffentlicht.  

Man wolle einen "Überblick" über den "Stand der Ermittlungen" geben, die Generalstaatsanwältin Lisa Madigan im August aufgenommen hatte, so die Behörde. Auslöser der juristischen Untersuchungen war der Bericht der Pennsylvania Grand Jury, der tausende Fälle sexuellen Missbrauchs über einen Zeitraum von sieben Jahrzehnten dokumentierte, wie CNA Deutsch berichtete.

Der am 19. Dezember (Ortszeit) vorgelegte Bericht wirft nun den Diözesen von Illinois sowohl vor, Opfern von Missbrauch nicht geholfen als auch Missbrauchsvorwürfe nicht gemeldet zu haben. Gleichzeitig werden keine einzelnen Fälle von Fehlverhalten namentlich genannt, noch der volle Umfang und Ausmaß der gemeldeten Probleme ermittelt.

Über eine Hotline habe die Staatsanwaltschaft Hunderte von Anrufen erhalten, viele davon von Opfern sexuellen Missbrauchs, meldet die Behörde.

"In vielen Fällen wurde das Leben von Menschen zerstört", welche als Minderjährige von Priestern missbraucht wurden", so der Bericht der Staatsanwältin.

"Opfer berichteten über den Kampf gegen Alkoholismus, Drogenkonsum, psychische Krisen und Selbstmordversuche. Sie sprachen von gescheiterten Karrieren, zerbrochenen Ehen und angespannten Beziehungen zu Angehörigen, einschließlich ihrer eigenen Kinder".

Aber auch Opfer, die ein produktives Leben führen, "tragen immer noch die Bürde" des Missbrauchs, betont die Staatsanwaltschaft – und mehrere Opfer berichten, sich an die Bistümer gewendet zu haben.

"Die meisten teilten mit, dass die Diözese, an die sie sich wandten, es versäumt hat, gegen den Klerus vorzugehen, den sie des sexuellen Missbrauchs beschuldigt hatten", so der Bericht.

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"Aus ihrer Sicht versagt die katholische Kirche weiterhin bei der Bekämpfung des jahrzehntelangen sexuellen Missbrauchs durch Geistliche".

Madigans Bericht gibt nicht die genaue Zahl der Opfer an, die sich bei der Staatsanwaltschaft gemeldet haben. Als vorläufiger Zwischenbericht zieht er dennoch einige Schlüsse, darunter " dass die Diözesen von Illinois die Krise des sexuellen Missbrauchs von Geistlichen nicht allein lösen werden".

Mehr noch: "Es scheint, dass die Diözesen von Illinois (…) das offensichtlichste menschliche Bedürfnis als Folge dieser abscheulichen Misshandlungen aus den Augen verloren haben: die Heilung und Versöhnung der Überlebenden", so der Report von Generalstaatsanwältin Madigan.

Unklar ist, ob die Staatsanwaltschaft Verbrechen ermittelt hat, die nun strafrechtlich verfolgt werden.

In einer ersten Stellungnahme teilte die Erzdiözese Chicago am 19. Dezember mit, dass noch unklar sei, welche konkreten Konsequenzen sich aus dem Ermittlungsbericht ergeben würden.

Ein Sprecher der Erzdiözese betonte gegenüber CNA, dass jede Anschuldigung von klerikalem sexuellem Missbrauch, geprüft und gemeldet werde, auch wenn der beschuldigte Kleriker nicht mehr am Leben sei.

Chicagos Erzbischof, Kardinal Blase Cupich, sagte: "Ich möchte noch einmal das tiefe Bedauern der ganzen Kirche zum Ausdruck bringen, dass wir es versäumt haben, die Geißel des geistlichen sexuellen Missbrauchs anzugehen".

"Es ist der Mut der Überlebenden der Opfer, der das reinigende Licht auf dieses dunkle Kapitel der Kirchengeschichte geworfen hat."

Hintergrund: Kirchenkrise

Der Pennsylvania-Bericht, der die Ermittlungen in Illinois und anderen US-Staaten ausgelöst hat, gilt – neben dem immer noch offenen Fall McCarrick – als Schlüsselmoment der Kirchenkrise. Mit dieser werden Skandale um sexuelles Fehlverhalten und Missbrauch durch Geistliche sowie dessen Vertuschung in Argentinien, Australien, Chile, Honduras, Irland, Italien, Frankreich, Polen – sowie auch Deutschland – in Verbindung gebracht.

Übersetzt, redigiert und gekürzt aus dem englischen Original.

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