La Paz, 19 August, 2023 / 9:11 AM
Der Provinzial der Gesellschaft Jesu in Bolivien, Pater Bernardo Mercado, hat erklärt, dass er, selbst wenn er "geistesgestört" wäre, nicht in den Jesuitenorden eingetreten wäre, wenn er die wahre Situation des Ordens in Sachen sexueller Gewalt und Päderastie gekannt hätte.
Der Obere des Ordens in Bolivien wurde von der Sonderkommission zur Untersuchung von Verbrechen sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Umfeld befragt, die unlängst von der bolivianischen Senatskammer eingesetzt wurde, berichtet das Medium ATB Digital.
Mit Blick auf die zahlreichen Jesuiten, die des sexuellen Missbrauchs beschuldigt werden, sagte Mercado: "Für mich persönlich waren sie einst große Missionare".
Der Jesuitenprovinzial zog einen Vergleich zu den Mitgliedern der Kommission: "Es ist, als hätte ich euch [Senatoren] als Kinder gesehen und wollte eines Tages so sein wie ihr".
"Zu keinem Zeitpunkt habe ich [die beteiligten Jesuiten] mit den Eigenschaften gesehen, die wir ihnen heute zuschreiben", sagte er mit Blick auf die Pädophilie.
"Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich nicht Jesuit geworden, selbst wenn ich verrückt gewesen wäre", sagte er.
Der Vorsitzende der Kommission, Senator Luis Adolfo Flores, fragte Mercado, ob er von den Missbrauchsfällen wisse, die die Jesuiten Alfonso Pedrajas, Carlos Vilamil Olea, Francesc Peris, Francisco Pifarré, Jorge Vila Despujol, Luis María Roma Padrosa, Antonio "Tuco" Gausset Capdevila und Luis Tó in anderen Ländern begangen hätten.
"Als Institution weiß ich nicht, ob sie aktenkundig waren", antwortete er.
Er sagte jedoch, dass er sie kenne und ein gutes Bild von ihnen habe, einschließlich des als "Padre Pica" bekannten Alfonso Pedrajas, dessen Fall weithin bekannt wurde, als die spanische Zeitung El País im April einen Bericht veröffentlichte, der die Existenz eines persönlichen Tagebuchs enthüllte, in dem der Priester mindestens 85 Vorfälle sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen während seines Dienstes in Bolivien aufzeichnete, neben seiner jahrelangen homosexuellen Beziehung und anderen Aspekten seines Lebens.
Nach diesem Bericht tauchten weitere Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs und Vertuschung auf, in die mehrere Jesuiten verwickelt waren.
"Um Gottes willen! Du erzählst mir die Geschichten und ich sage: Was erzählst du mir?", rief der Provinzial in Bezug auf Pedrajas aus. "Ich kannte ihn als alten, kranken Mann, der schon in seinen letzten Tagen war."
"Es ist offensichtlich, dass niemand ein Schild trägt, auf dem steht: 'Ich bin, was ich bin'", erklärte er und wies darauf hin, dass es nicht möglich sei, sich die Verbrechen vorzustellen, nur weil man die Person kannte.
Tatsächlich werden jedoch hochrangige Jesuiten beschuldigt, sehr wohl von den Verbrechen des Ordensbruders gewusst zu haben.
Obwohl der neue Provinizal nun einräumte, dass er nicht in den Jesuitenorden eingetreten wäre, wenn er das gewusst hätte, sagte Mercado, dass er an diesem Punkt in seinem Leben "etwas anderes tun kann; deshalb bin ich heute nicht in einer Krise und bin mir meiner Berufung sicher, weil ich weiß, dass ich am richtigen Ort bin, wo ich weiterhin all das Gute tun kann, das ich tun wollte".
Auf gerichtliche Anordnung hin weigerte sich die Provinzregierung, Einzelheiten über die Anzahl der Verfahren und Klagen von Opfern, die von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden, bekannt zu geben.
Mercado ist 42 Jahre alt und seit 11 Monaten Provinzial. Der Jesuit sagte, seine Ernennung habe ihn überrascht, da es sich um eine Beförderung handele, die normalerweise älteren Ordensmännern aufgrund ihrer Erfahrung zuteil werde.
(Die Geschichte geht unten weiter)
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Mitte Mai gab der Obere eine Erklärung zu den Missbrauchsfällen ab und räumte ein, dass die Gesellschaft Jesu in den vergangenen Jahren Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen durch Mitglieder der Gemeinschaft gemacht habe. Die Jesuiten hätten — so der Vorwurf — gezielt den Missbrauch von zahlreichen Kindern durch ihre Mitglieder vertuscht.
Zugleich ermutigte er seine Mitbrüder zur Zusammenarbeit mit der Justiz.
Mercado wurde von der Staatsanwaltschaft vorgeladen und musste Ende desselben Monats selbst als Angeklagter in Fällen von Pädophilie aussagen, die sich an der Schule Johannes XXIII. in Cochabamba, Bolivien, ereignet haben sollen.
Übersetzt und redigiert aus dem Original der CNA Deutsch-Schwesteragentur ACI Prensa.
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