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20 Jahre EWTN in Deutschland - Das Interview

Die erste Begegnung von Martin Rothweiler und Mutter Angelica im Jahr 1999.
Martin Rothweiler, Geschäftsführer und Programmdirektor des katholischen Fernsehsenders EWTN.TV in Deutschland.

Der katholische Fernsehsender EWTN.TV feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen in Deutschland. Der Chefredakteur der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost", Oliver Maksan, sprach aus diesem Grund mit dem Programmdirektor von EWTN Deutschland, Martin Rothweiler.

CNA Deutsch – ein Angebot von EWTN News – veröffentlicht die ungekürzte Fassung des in der "Tagespost" publizierten Interviews.

Herr Rothweiler, EWTN wurde vor vierzig Jahren gegründet. In Deutschland ist der Sender seit genau 20 Jahren aktiv. Sie haben ihn hierzulande etabliert. Wie schwer war das im Rückblick?

Als ich im Juli 2000 mit dem Aufbau von EWTN.TV im Souterrain unseres Privathauses begann, konnte man den Sender in Deutschland technisch kaum empfangen, weil er nur über den Satelliten Hotbird zu sehen war. Und es gab noch kein deutsches Programm. Die erste deutschsprachige Sendung ging am 29. Oktober 2000 on air. Alles andere war in Englisch. Der Sender war hierzulande ja völlig unbekannt. Denkbar schlechte Bedingungen für den Aufbau eines katholischen Senders für das deutschsprachige Europa, der allein aus Spenden finanziert werden sollte, wie das übrigens weiterhin der Fall ist. Überall begegnete man vor allem Skepsis ob eines solchen Unterfangens. Die erste Beilage schaltete ich damals bei der "Tagespost" und fand so die ersten Zuschauer.

Es gab Momente, wo wir kurz vor dem Scheitern standen, weil einfach die nötigen Mittel nicht mehr zur Verfügung standen. Das war 2002, nach zwei Jahren der Fall. Da bin ich dann zum Arbeitsamt gegangen und habe erst einmal ehrenamtlich weiter gemacht. Gefühlte "kurz nach 12" kamen dann helfende Hände, die es ermöglicht haben, die Mission fortzusetzen. Es gab immer wieder schlaflose Nächte und neue Herausforderungen. Es war ja nicht so, als ob EWTN in den USA den Entschluss gefasst hätte, nach Deutschland zu gehen. Vielmehr war es eine Gruppe von Personen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die den Fernsehsender von Mutter Angelica in den USA entdeckt hatten und überzeugt waren, dass wir einen solchen katholischen Sender im deutschsprachigen Europa brauchen, darunter eine gute Freundin von mir, Mechthild Löhr. Sie rief mich eines Tages an und erzählte von dem Projekt, weil sie jemanden suchten, der bereit war, das Vorhaben in die Tat umzusetzen. Damit hat dann alles begonnen.

Hat Mutter Angelica am Aufbau des Senders Anteil genommen?

Ich bin Mutter Angelica zum ersten Mal im August 1999 begegnet. Die Wichtigkeit der Medien für Evangelisierung war mir bewusst. Aber ich wollte den Sender erst einmal kennenlernen, um zu sehen, worauf ich mich einlassen würde. Ich kannte ja weder den Sender noch Mutter Angelica und war skeptisch gegenüber amerikanischen religiösen Predigersendern.

Die Persönlichkeit dieser Ordensfrau hat mich zutiefst beeindruckt: bodenständig, humorvoll, mit großer Treue und Liebe zu Kirche, mit Christus offensichtlich in inniger Beziehung und mit einem enormen Vertrauen in die Vorsehung. Es war zwar ihre Vision, dass sich EWTN weltweit ausbreiten möge, als sie am 12. Dezember 1980, am Fest der Muttergottes von Guadalupe vor 40 Jahren EWTN gründete und den Sender der Guadalupe weihte. Aber sie hatte noch nicht daran gedacht, konkret in Deutschland zu beginnen. Am Ende unseres Gesprächs sagte sie dann zu einem Kollegen gewandt "I think, he can do it." ("Ich glaube, er kann’s machen.").

Auch wenn ich mich mit Rücksicht auf meine Familie nicht direkt dafür entschieden hatte, war dieser Augenblick letztlich der Impuls zu dem, was ich heute als meine Berufung ansehe. Ohne die Zustimmung meiner Frau hätte ich allerdings mit der Arbeit nicht beginnen können. Die Familie hat da unheimlich viel mitgetragen. Mutter Angelica hat sich natürlich interessiert, wie die Dinge in Deutschland liefen. Sie hat uns mit ihrem Humor und ihrem unbändigen kindlichen Gottvertrauen immer wieder ermutigt, uns von den Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen, sondern auf Gott zu vertrauen. Die Entwicklung von EWTN in den USA sei ja anfänglich auch nur sehr langsam vorangegangen. Rückschläge und Widerstände hatte sie ja auch zur Genüge selbst erlebt und erlitten.

Ihr Motto "Wenn Du nicht den Mut hast etwas Lächerliches zu tun, kann Gott auch nichts Wunderbares daraus machen"  ist für unser Team angesichts unserer eigenen Begrenztheiten immer wieder Ansporn mit Gottvertrauen weiterzumachen. Mutter Angelica hat einmal rückblickend gesagt: Das was EWTN auszeichnet, ist nicht so sehr, was wir getan haben, sondern wie wir es getan haben, nämlich mit Vertrauen in die göttliche Vorsehung. Rückblickend auf die Entwicklung von EWTN in den vergangenen 20 Jahren können wir da nur unendlich dankbar sein gegenüber Gott und der Großherzigkeit der Menschen, die durch ihre Spenden, Weitersagen und ihr Gebet, das alles erst möglich gemacht haben. Deshalb hat Mutter Angelica gerne von der EWTN-Familie gesprochen, ohne die es den Sender nicht gäbe.

Wenn ich von Mutter Angelica erzähle, kann ich das nicht tun, ohne den heiligen Papst Johannes Paul II. zu erwähnen. Die beiden haben sich gegenseitig äußerst geschätzt und waren kongeniale Partner, wenn es darum ging, die Medien für die Mission einzusetzen. Sein Aufruf, die Türen für Christus weit aufzureißen, war für mich an der Schwelle zum neuen Jahrtausend auch ein wesentlicher Grund, im Jahr 2000 mit der Arbeit für EWTN zu beginnen.

Gab es deutsche Bischöfe, die den Aufbau unterstützt haben? Oder stießen Sie eher auf Ablehnung?

Eine unmittelbare finanzielle Unterstützung haben wir nie erhalten. Wir erleben aber durchaus eine zunehmende Wertschätzung unserer Arbeit. Es gibt auch konkrete projektbezogene Kooperationen, wie etwa bei den Übertragungen von Heiligen Messen aus dem Kölner Dom, bei der Samstagvorabendmesse aus Kevelaer im Bistum Münster oder bei Übertragungen wie von der "Adoratio" im Bistum Passau oder Eucharistiefeiern aus dem Bistum Rottenburg Stuttgart.

Beim Weltjugendtag in Panama hatte man uns beispielsweise seitens der deutschen Bischofskonferenz gebeten, Kooperationspartner zu sein, so dass unsere Live-Übertragungen übernommen wurden. Ich wünschte mir allerdings viel mehr Werbung seitens der Bischöfe für katholische Sender wie dem unsrigen. Denn wir erreichen Menschen, die sonst nicht mehr erreicht werden. Für viele sind wir eine große Hilfe, gerade auch für jene an der Peripherie in schweren Lebensumständen. Wir verstehen uns da als echte Unterstützung der Seelsorge vor Ort. Spätestens seit der Corona-Pandemie ist das ganz offenbar, wie wir am dankbaren Zuschauerecho sehen. 

In Deutschland hat die Kirche viel Senderaum im Fernsehen, zum Beispiel das Wort zum Sonntag. Aber auch Gottesdienste werden übertragen. Sehen Sie sich in Konkurrenz zu diesen Angeboten?

Wir sind keine Konkurrenz zu den Angeboten der kirchlichen Programme im öffentlich- rechtlichen Fernsehen oder bei den großen privaten Sendern. Da werden andere Zielgruppen erreicht, auch wenn es sicher Überschneidungen gibt. Wir können indes Vieles bieten, was diese Sender so nicht können. Denken Sie an die täglichen Heiligen Messen, die regelmäßigen Live-Übertragungen mit dem Papst, umfangreiche Berichterstattungen von Weltjugendtagen, Weltfamilientreffen, Bischofssynoden, Sendungen, die die Glaubenskenntnis vertiefen, Sendungen, die zu gemeinsamem Gebet aufrufen und vieles andere mehr. Wir reden viel davon, wie wichtig die Vielfalt ist. Da erweitern wir vor allem das Programmangebot im religiösen, kirchlichen Bereich. 

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Mutter Angelica richtete sich mit ihrer Gründung gegen eine von ihr als zu liberal empfundene US-Kirche. Sie hat sich sogar mit Kardinälen angelegt. Versuchen Sie auch, sich in innerkirchlichen Debatten wie etwa dem "Synodalen Weg" zu positionieren?

Mutter Angelica hat EWTN gegründet, um Christus zu den Menschen zu bringen. Sie wollte dass jeder Mensch erfährt, wie sehr Christus ihn liebt. Wie oft hat sie ihre Sendungen geendet mit den Worten: "Jesus loves you and I love you, too." (Jesus liebt Dich und ich liebe Dich auch). Sie wusste auch, wie viele Christus noch nicht kennen oder nicht wirklich wissen, was die Kirche über ihn lehrt und dass es letztlich bei all unserem missionarischen Tun um die Rettung von Seelen geht. Glaubensunterweisung, Glaubensaufklärung war so immer die Kernaufgabe von EWTN.

Wenn man bei EWTN einschaltet, sollen die Menschen wissen, dass sie sich darauf verlassen können, dass sich die Inhalte unserer Sendungen am Lehramt der katholischen Kirche orientieren und nicht an persönlichen Meinungen. Deshalb haben die Menschen auch Vertrauen in unseren Sender. Wir versuchen bei strittigen Themen deutlich zu machen, was die Katholische Kirche dazu sagt.

Wenn man pars pro toto das an der anhaltenden Debatte über das Frauenpriestertum festmachen will, dann erklären wir dazu etwa in einer Sendereihe über das sakramentale Priestertum "In persona Christi", was die Überlieferung dazu sagt und was etwa Johannes Paul II. im Apostolischen Schreiben "Ordinatio sacerdotalis" mit Blick auf die Heilige Schrift und die Tradition der Kirche erläutert und noch einmal unzweideutig erklärt hat, nämlich, "dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben." Dass das mit Wünschen von Teilnehmern des "Synodalen Weges" nicht übereinstimmt, dürfte klar sein.

Wer immer wieder formuliert, die Kirche sei nur noch nicht so weit, es sei für diesen Schritt nur zu früh, der steht im klaren Widerspruch zur bestehenden Lehre der Kirche. Wenn Klarstellungen ausbleiben, dann irritiert das viele Gläubige und der Prozess trägt dann zu weiterer Verunsicherung bei. Wir müssen als Kirche viel besser erklären, warum die Kirche lehrt, was sie lehrt. Das ist aus meiner persönlichen Erfahrung in der Vergangenheit weitestgehend ausgeblieben. Auch deshalb ist EWTN heute so wichtig.

Corona dürfte Ihre Zuschauerzahlen positiv beeinflusst haben, oder?

Wenn es eines Beweises bedurft hätte, wie wichtig das Medienapostolat von EWTN.TV ist, dann ist mit der Corona-Pandemie dieser Nachweis mehr als erbracht. In der Tat stand bei uns in den Wochen des ersten Lockdowns das Telefon nicht still und die Nachfrage nach unserem kostenfreien Programmheft stieg erheblich an, als öffentliche Gottesdienste untersagt waren. Wir haben unser Programm sofort umgestellt, täglich fünf Heilige Messen sowie Zeiten der Eucharistischen Anbetung ausgestrahlt. Zudem haben wir sechs Wochen lang mit einer wöchentlichen Call-in-Sendung, den Menschen die Möglichkeit gegeben, Fragen zu stellen und uns ihre Sorgen mitzuteilen, die dann von Geistlichen wie dem Kölner Weihbischof Ansgar Puff oder dem Diözesanjugendseelsorger Tobias Schwaderlapp beantwortet wurden. Die Resonanz war enorm. Eine Zuschauerin schrieb: "(…) Als ich ganz alleine war, haben Sie mir den 'direkten Draht' zu Gott weiter offengehalten."

Wen erreicht ein katholischer Sender? Nur die Bekehrten - oder auch Fernstehende?

Überwiegend, aber bei Weitem nicht nur, erreichen wir sicher Menschen, die im Glauben gestärkt werden wollen und diese Stärkung anderswo nicht erfahren, weder in der Familie noch in ihrer Pfarrei. Wir treffen mit unserem Programm auf Alleingelassene, Arme, Kranke, Menschen, die im wahrsten Sinne des Wortes an der Peripherie leben. Allein das ist schon ein wichtiger Dienst.

Ich habe nie verstanden, wenn Leute vorwurfsvoll meinten, wir erreichten ja nur die, die ohnehin schon glauben. Unsere Aufgabe ist es, das Wort Gottes so weit wie möglich auszusäen. Die eigentliche Arbeit muss dann Gott selbst tun. Und da erleben wir in der Tat Konversionen, Menschen die scheinbar zufällig durch Zappen auf unseren Sender stoßen. Das können Fernstehende sein oder auch Christen anderer Konfessionen. So hat erst jüngst eine evangelische Zuschauerin gesagt, dass sie dank EWTN erst verstanden habe, was wir Katholiken unter der Eucharistie verstehen, und sie sich nun stärker zur Heiligen Messe hingezogen fühle und mehr darüber erfahren möchte.

Wo soll EWTN in zehn Jahren stehen?

Zunächst wollen wir am kommenden Samstagabend, am 12. Dezember, um 18 Uhr im Altenberger Dom eine Dankmesse für 20 Jahre EWTN.TV in Deutschland feiern mit einem anschließenden Dankgottesdienst mit Orgelimprovisationen von Wolfgang Seifen. Wir werden das live im Fernsehen und online übertragen, damit die ganze EWTN Familie mitfeiern kann. Wir haben allen Grund, erst einmal zu danken.

Unser großer Wunsch ist es, in 10 Jahren in jedem TV-Haushalt im deutschsprachigen Europa präsent zu sein, was eine enorme finanzielle Anstrengung bedeutet. Aber warum soll nicht auch da ein Wunder geschehen? Zudem sind wir gerade in den letzten Vorbereitungen, um die komplette Sendeabwicklung von Köln aus zu machen, was uns erheblich mehr Programmflexibilität und Aktualität ermöglicht.

Dazu gehört dann auch die Realisierung eines virtuellen Studios, so dass wir auch bei begrenzten Räumlichkeiten unkompliziert zwischen verschiedenen Sendeformaten wechseln und kostengünstig produzieren können. Zur Vision gehören auch eigene Räumlichkeiten mit einer Kapelle oder Kirche, nach Möglichkeit mit einer geistlichen Gemeinschaft, die unser Medienapostolat mit ihrem Gebet rund um die Uhr unterstützt. Unsere Online-Präsenz und Mediathek soll eine umfangreiche Fundgrube sein für alle, die auf der Suche sind. Call-in-Sendungen und andere Formen des Dialogs sollen dann zu unserem regelmäßigen Programm gehören, wo Menschen Antworten auf ihre Fragen finden.

Insgesamt soll unser Programmangebot weiter an Vielfalt zunehmen, ein umfangreiches Kinderprogramm enthalten, aber auch Nachrichten und verstärkt Lebenszeugnisse und Dokumentationen. Bei allem werden wir weiterhin auf die Vorsehung vertrauen und darauf, dass die EWTN-Familie weiterwächst und wir viele großzügige Herzen finden, dies unsere Mission von EWTN unterstützen: eine wunderbare Möglichkeit, den Missionsauftrag, den Christus allen Christen mit auf den Weg gegeben hat, wahrzunehmen.

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