Der Prophet Sacharja spricht über die Endzeit – und der Frankfurter Neutestamentler Ansgar Wucherpfennig formuliert in nonchalanter Grundsätzlichkeit, wie in einem neuen Interview über die „Vielfalt beim Abendmahl“ deutlich wird: „Jeder Kochtopf ist heilig.“ Ein neues Buch über die Geschichte der Eucharistie hat er vorgelegt. Verbunden wird der von Professor Wucherpfenning benannte Passus mit Mt 21,12, also über die Vertreibung der Händler aus dem Tempel.

Bei Sacharja steht in 14,20-21: „An jenem Tag wird auf den Pferdeschellen stehen: Dem HERRN heilig; und die Kessel im Haus des HERRN werden wie die Opferschalen vor dem Altar gelten. So wird jeder Kessel in Jerusalem und Juda dem HERRN der Heerscharen heilig sein und alle, die opfern, werden kommen und welche von ihnen nehmen und darin kochen. Und kein Händler wird an jenem Tag mehr im Haus des HERRN der Heerscharen sein.“ 

Wucherpfennig verkürzt dies darauf, dass alle Kessel – oder Kochtöpfe – als Alltagsgegenstände heilig seien. In transformierten Liturgien haben die einen oder anderen von uns sicher auch schon einmal etwas vom „Becher mit Wein“ gehört, der zum „Kelch des Heiles“ geworden sei. Was lässig vorgetragen wird, kann gutgemeint und trotzdem sinnwidrig sein. 

Der KNA-Interviewer Michael Jacquemain stellt fest, dass Wucherpfennig die Eucharistie nicht als ein „einzigartiges Geschehen“ beschreibe – und der Jesuit widerspricht nicht, sondern nennt die heilige Eucharistie „eine Mahlfeier, die ihre Gestaltung jüdischen und hellenistischen Traditionen verdankt“, wenn auch mit einer hohen sozialen und symbolischen Bedeutung, die aber auch „andere Gruppierungen“ praktiziert hätten. So erklärt Professor Wucherpfennig: „Ich halte es deshalb für problematisch, dieses Mahl dogmatisch als absolut singulär zu überhöhen. Auch andere Gruppierungen kannten gemeinsame Mahlzeiten mit hoher sozialer und symbolischer Bedeutung. … Am wissenschaftlichen Befund kommt auch eine katholische Dogmatik nicht vorbei: Es gibt eine Vielfalt der Feiern, die sich nicht harmonisieren lässt. Der lehramtlichen Position geht es aber auch darum, in der Vielfalt ein theologisches Profil zu erkennen. Und die kann im Kern heißen: Die Eucharistie ist eine Dankfeier für die Gemeinschaft mit dem auferstandenen und gegenwärtigen Christus.“ Natürlich kann man so über die Eucharistie denken, wenn man sich von der Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte und damit auch vom Zweiten Vatikanischen Konzil abwenden will.

Der „Katechismus der katholischen Kirche“ erklärt in 1324-1327: „Die Eucharistie ist „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens" (LG 11). … „Die heiligste Eucharistie enthält ja das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fülle, Christus selbst, unser Osterlamm" (PO 5). … Die Eucharistie ist also der Inbegriff und die Summe unseres Glaubens.“ In Abschnitt 1368 lesen wir: „Die Eucharistie ist auch das Opfer der Kirche. Die Kirche, der Leib Christi, nimmt am Opfer ihres Hauptes teil. Mit ihm wird sie selbst ganz dargebracht. Sie vereinigt sich mit seiner Fürbitte beim Vater für alle Menschen. In der Eucharistie wird das Opfer Christi auch zum Opfer der Glieder seines Leibes. Das Leben der Gläubigen, ihr Lobpreis, ihr Leiden, ihr Gebet und ihre Arbeit werden mit denen Christi und mit seiner Ganzhingabe vereinigt und erhalten so einen neuen Wert. Das auf dem Altar gegenwärtige Opfer Christi gibt allen Generationen von Christen die Möglichkeit, mit seinem Opfer vereint zu sein.“

So erklärt der Katechismus – verständlich, vernünftig und römisch-katholisch – die heilige Eucharistie. Der Neutestamentler Ansgar Wucherpfennig hingegen bietet eine andere Deutung an: „Alle sollen beim Mahl Gottes Nähe erfahren und daraus ihr Leben gestalten. In der Frage der Form gibt es keine eindeutige Antwort. Wir wissen aus dem Neuen Testament, dass Jesus gerne Mahl gefeiert hat und das Mahl auch als Zeichen seiner Hingabe gedeutet hat. Er hat dazu aber niemandem Vorgaben diktiert.“

Diese relativistische Deutung mag einer bloß subjektiven exegetischen Konstruktion mit religions- und kulturvergleichenden Exkursen geschuldet sein, die dem Verfasser richtig, wichtig und zeitgemäß scheint. Mir scheint aber ganz im Gegenteil richtig zu sein, dass die Eucharistie von Christus nicht beiläufig praktiziert wurde, sondern bewusst eingesetzt ist, ganz so wie Er es wollte – und dass die anstößige Wahrheit des Glaubens auch alle modernen und postmodernen Deutungen überdauern wird. Eines Tages enden alle Fantasien. Darum dürfen wir in katholischer Gelassenheit auch getrost und voll Vorfreude beten und bekennen: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“ 

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