Sir Winston Churchill bezeichnete die Demokratie bekanntlich als die schlechteste aller Staatsformen, die aber besser sei als alle anderen. Sabine Demel, die die Professur für Kirchenrecht an der Universität Regensburg innehat, spricht sich in einem Beitrag für „mehr Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der Gläubigen in der Kirche“ aus – und wirft Skeptikern und Kritikern vor, das „Schreckgespenst eines Umbaus der Kirche in eine Demokratie“ zu beschwören.

Die Autorin meint, dass Strukturfragen in der Kirche oft als „zweitrangig“ bezeichnet und als „eher unwichtig“ abgetan würden: „Das ist unkatholisch – zumindest, wenn die Lehre des II. Vatikanischen Konzils über die Kirche als Sakrament zugrunde gelegt wird.“ Frau Professorin Demel zitiert dann aus einem Vortrag von Joseph Ratzinger über die zweite Sitzungsperiode des Konzils.

Was der Peritus von Kardinal Frings über das Konzil der Weltkirche ausführte, bezieht die Kirchenrechtlerin auf den „Synodalen Weg“, den der Regensburger Bischof Dr. Rudolf Voderholzer nüchtern und präzise als „kirchenrechtliches Nullum“ bezeichnet hat. Ein solches „Nullum“ mit einem Konzil zu vergleichen, ist bemerkenswert. Sabine Demel behauptet: „In diesem Sinne ist die Einrichtung und rechtliche Ausgestaltung eines Synodalen Rates, wie ihn das Forum I des Synodalen Weges vorschlägt, Realtheologie der gemeinsamen Verantwortung der Gläubigen und der Leitungsverantwortung der Bischöfe.“

Wer wissen möchte, was „Lumen gentium“ explizit über die hierarchische Verfassung der Kirche sagt, lese die Abschnitte 18-30 der für alle Katholiken verbindlich gültigen Dogmatischen Konstitution über die Kirche. Was davon abweicht, ist „unkatholisch“.

Parallelen oder Gemeinsamkeiten der Konstitution zu dem Text über Macht und Gewaltenteilung, den das Forum I vorgelegt hat, kann ich nicht erkennen. Insoweit ist nach meiner unmaßgeblichen Meinung der Text des „Synodalen Weges“ keine Fortschreibung des Konzils, sondern, im Gegenteil, eine Abwendung davon.

Im sogenannten „Grundtext“ wird unter anderem behauptet: „Im Zentrum des Problems steht die Art und Weise, wie Macht – Handlungsmacht, Deutungsmacht, Urteilsmacht – in der Kirche verstanden, begründet, übertragen und ausgeübt wird. Es haben sich eine Theologie der Kirche, eine Spiritualität des Gehorsams und eine Praxis des Amtes entwickelt, die diese Macht einseitig an die Weihe bindet und sie für sakrosankt erklärt. So ist sie von Kritik abgeschirmt, von Kontrolle abgekoppelt und von Teilung abgehoben. … Diese Faktoren begründen, verursachen und fördern den Missbrauch von Macht, der den Sendungsauftrag der Kirche verdunkelt. Gerade weil diese Verdunkelung bis in den institutionellen Kern der Kirche hineinreicht, betrifft sie auch das verkündete und gelebte Gottesbild und damit den innersten Punkt jeder Evangelisierung. Anspruch und Wirklichkeit der Kirche müssen wieder stärker übereinstimmen.“

Passagen wie diese sollen ernsthaft die Stiftung Jesu Christi, also die Kirche, im Sinne des Zweiten Vaticanums beschreiben und der Lehre des Konzils entsprechen?

In „Lumen gentium“ wird in Abschnitt 18 dargelegt: „Um Gottes Volk zu weiden und immerfort zu mehren, hat Christus der Herr in seiner Kirche verschiedene Dienstämter eingesetzt, die auf das Wohl des ganzen Leibes ausgerichtet sind. Denn die Amtsträger, die mit heiliger Vollmacht ausgestattet sind, stehen im Dienste ihrer Brüder, damit alle, die zum Volke Gottes gehören und sich daher der wahren Würde eines Christen erfreuen, in freier und geordneter Weise sich auf das nämliche Ziel hin ausstrecken und so zum Heile gelangen. Diese Heilige Synode setzt den Weg des ersten Vatikanischen Konzils fort und lehrt und erklärt feierlich mit ihm, daß der ewige Hirt Jesus Christus die heilige Kirche gebaut hat, indem er die Apostel sandte wie er selbst gesandt war vom Vater (vgl. Joh 20,21). Er wollte, daß deren Nachfolger, das heißt die Bischöfe, in seiner Kirche bis zur Vollendung der Weltzeit Hirten sein sollten.“

Wer wissen möchte, was die Kirche des Herrn ausmacht, lese gründlich die Konstitutionen des Ersten und Zweiten Vatikanischen Konzils – diese sind zweifelsfrei katholisch. Auch säkular gedacht mutet es zudem verwunderlich an, wenn demokratisch nicht legitimierte, also vom Volk Gottes nicht gewählte Personen und Gruppen, wie das „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ oder auch Mitglieder des „Synodalen Weges“, nun graduell oder leidenschaftlich als Fürsprecher der Demokratie und laikalen Mitbestimmung in der Kirche auftreten.

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