Die Fastenzeit birgt die Gefahr einer ganz besonderen Versuchung: Den Blick auf das Diesseits und sich selbst zu verkürzen. Manchmal reicht der Blick nur noch bis zum eigenen Bauchnabel, oder auf die Kilogramm-Anzeige der Waage.

Mit neurotischer Nabelschau, auch wenn sie als Askese daherkommt, findet man aber weder zur Ruhe noch zu Gott – geschweige denn zu einem gottgefälligen Leben. Genau das schrieb Franziskus in seinem historischen Brief an die deutschen Katholiken zum Auftakt des umstrittenen "Synodalen Wegs". 

In der Fastenzeit – im ganzen Leben des Christen – geht es gerade nicht darum, sich einfach auf sich selbst zu konzentrieren, oder aus Befindlichkeiten eine "Offenbarung" zu basteln. Im Gegenteil: "Lasst uns nicht müde werden, das Böse in unserem Leben auszurotten", ermutig uns Papst Franziskus in seiner Fastenbotschaft des Jahres.

Ob als Person oder Gesellschaft: Eine verkürzte Sicht, die nur das Diesseits kennt, ja, allein aus diesem sogar eine übernatürliche Ordnung abzuleiten behauptet, führt letztlich in eine provinzielle Miefigkeit statt katholischer Weite – und macht sich anfällig für ideologische Versuchungen und "Sachzwänge" aller Art.

So wird aus echtem christlichen Fasten ein gut gemeintes, aber letztlich verkürztes "Verzichten" – für die eigene Taille, Moralinwerte oder Schlimmeres. Wenn dabei sogar auf die körperliche Realität des Hungers "verzichtet" wird, dann wird aus der Fastenzeit eine unheilvolle Ego-Zeit.

Wer sich gerne mal stolz überhöht, statt die Bußzeit zu leben (und wer kennt das nicht?) – für den ist die Fastenzeit eine Chance: Die enorme Weite des katholischen Blicks macht frei. Sie schaut weder auf den Nabel noch den Gürtel noch das eigene Vermögen, sondern zu Gott und folgt Jesus Christus nach. Das betonte Franziskus bereits eindringlich in einer weiteren Fastenbotschaft.

Im Jahr 2022 heißt es dazu von Papst Franziskus: "Lasst uns nicht müde werden, im Sakrament der Buße und Versöhnung um Vergebung zu bitten, in dem Wissen, dass Gott nie müde wird, uns zu vergeben. Werden wir nicht müde, gegen die Begierlichkeit zu kämpfen, jene Schwäche, die zur Selbstsucht und zu jedem Übel führt und im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Wege gefunden hat, um den Menschen in die Sünde zu stürzen." 

Wer nicht mehr die Beichte nutzt, der verfängt sich schnell in gefährlicher Hybris, warnt bekanntlich der Pontifex immer wieder.

Diese Hybris hat häretische Konsequenzen: Der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Luis Ladaria SJ, nennt diese "Pelagianismus".

Vor dieser Versuchung haben weitere Päpste immer wieder gewarnt. Benedikt XVI. brachte es in seiner Botschaft zur Fastenzeit 2006 mit der ihm eigenen Eleganz auf den Punkt:

"Wir können unsere Augen nicht verschließen vor den Irrtümern, die im Laufe der Geschichte von vielen begangen worden sind, die sich Jünger Jesu nannten. Von schweren Problemen bedrängt haben sie nicht selten gedacht, man müsse zuerst die Erde verbessern und dann an den Himmel denken."

Es gab immer wieder die Versuchung, so Benedikt warnend – viele Jahre vor jedem "synodalen Prozess" – angesichts drückender Zwänge zu meinen, man müsse zuerst die äußeren Strukturen verändern.

"Für manche wandelte sich so das Christentum in Moralismus, und der Glauben wurde durch das Tun ersetzt. Zurecht bemerkte mein Vorgänger ehrwürdigen Gedenkens, Johannes Paul II.: 'Die Versuchung heute besteht darin, das Christentum auf eine rein menschliche Weisheit zu reduzieren, gleichsam als Lehre des guten Lebens. In einer stark säkularisierten Welt ist 'nach und nach eine Säkularisierung des Heiles' eingetreten, für die man gewiss zugunsten des Menschen kämpft, aber eines Menschen, der halbiert und allein auf die horizontale Dimension beschränkt ist. Wir unsererseits wissen, dass Jesus gekommen ist, um das umfassende Heil zu bringen'".

Gerade zu diesem "ganzheitlichen Heil möchte uns die Fastenzeit führen angesichts des Sieges Christi über alles Böse, das den Menschen unterdrückt", erklärte Benedikt.

"In der Hinwendung zum göttlichen Lehrer, in der Bekehrung zu Ihm, in der Erfahrung seiner Barmherzigkeit durch das Sakrament der Versöhnung werden wir eines 'Blickes' inne, der uns in der Tiefe anschaut und prüft; er kann der großen Zahl und jedem einzelnen von uns wieder aufhelfen. Er lässt allen, die sich nicht in Skepsis verschließen, neu Vertrauen und einen Schimmer der ewigen Seligkeit aufleuchten. Selbst wenn der Hass zu herrschen scheint, so lässt es der Herr doch bereits in unserem Äon nicht an hellen Zeugnissen seiner Liebe fehlen. Maria, 'der lebendigen Quelle der Hoffnung' (Dante Alighieri, Paradiso, XXXIII, 12), vertraue ich unseren Weg durch die Fastenzeit an, auf dass sie uns zu ihrem Sohn führe. Ihr vertraue ich besonders die vielen an, die noch heute Armut erleiden und nach Hilfe, Halt und Verständnis rufen."

Trauen wir uns, die Demut zu haben, in dieser Fastenzeit nicht einfach auf uns selbst zu vertrauen oder uns in diesseitigen Ideologien zu verlieren – sondern den Blick zu heben auf die Ewigkeit, aus der wir kommen, und zu der wir zurückkehren werden. 

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