Mit der weltweiten Coronavirus-Krise scheint eine Form des übertriebenen Individualismus überholt, gegen die auch Papst Franziskus in seiner neuen Enzyklika "Fratelli Tutti" kritisch anschreibt.

Die Liebe – ausgedrückte Kostbarkeit des Menschen als Geschöpf Gottes in seiner Beziehung zu anderen Menschen – steht dabei im Mittelpunkt. Dazu kommen viele andere Punkte, die ein "gutes Leben" ausmachen – und die einen moralischen Nenner brauchen. Sex zum Beispiel.

Darum geht es Bernhard Meuser in seinem Buch "Freie Liebe" – das trotz seines Untertitels über weit mehr geht als "nur" eine "neue" Sexualmoral.

Der Autor – unter anderem für den "YouCat" bekannter Publizist und Verleger – hat in seiner Jugend selbst den Missbrauch durch einen homosexuellen Priester erlebt.

Schockiert über die halbherzige Aufarbeitung der Kirche, entschloss Meuser sich zu einer deutlichen Entgegnung. Dabei blieb er nicht bei unreflektierten Forderungen oder einfacher Kirchenkritik stehen: Meuser leistet das, was im Idealfall auch ein richtig angelegter "Synodaler Weg" würde leisten können, nämlich radikal nachdenken, zu den Wurzeln von Liebe und gutem Leben durchzudringen.

Die "christlichen Konfessionen kämpfen in Westeuropa gerade um ihr nacktes Überleben. Es ist nur zu verständlich, dass die letzten Christen zu ungewöhnlichen Maßnahmen greifen, um wenigstens den Kern ihrer Botschaft plausibel zu machen und damit über die Zeit zu retten. Eine beliebte Strategie ist jeweils die Verbilligung des Angebots, namentlich die Ent-Ethisierung des Evangeliums. In der Ethik geht es um gutes Handeln. Hier stoßen die Dinge hart an hart aufeinander; in der Ethik muss man sich entscheiden".

"Wie, wenn es ein Christentum gäbe, in dem mehr oder weniger alles erlaubt ist?"

Dabei prallen im Buch etwa Judith Butler – eine Vordenkerin der Gender-Ideologie – und der heilige Thomas von Aquin aufeinander. Und vermeintliche Vordenker der Theologie, wie der kürzlich verstorbene Priester Eberhard Schockenhoff, werden kritisch hinterfragt. Und die Bischöfe bekommen für den umstrittenen "Synodalen Weg" eine ehrliche Einordnung.

"Wo ist aber die 'neue Sexualmoral', die junge Leute kraftvoll dazu einlädt, den göttlichen Masterplan der Liebe zu verwirklichen?", fragt Meuser, und färt fort: "Dass die Schockenhoff-Vorlage dazu nicht ausreicht, dürfte deutlich geworden sein. Wir haben es im Kern mit einer postfaktischen und rechtfertigenden Moral zu tun, die – nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist – nach flexibleren Bewertungen sucht".

Für den Autor ist klar – und auch hier klingen Anliegen aus "Fratelli Tutti" an – dass es vielen Menschen am rechten "Werkzeug" für ein gutes Miteinander fehlt, und an einer vernünftigen Orientierung. Auf der Suche nach dem größtmöglichen persönlichen Glück des Einzelnen geriet die Welt der Liebe aus den Fugen. Sie funktioniert nicht, wenn jeder sein eigenes Ding macht, moniert Meuser.

So kann und soll aus der Krise ein Befreiungsschlag werden: Die Kirche hat Antworten darauf, wie Leben, Liebe und Sexualität gelingen, meint der Autor, und es ist Zeit, auf eine neue, tiefe und gründliche Weise über diesen vitalen Dreiklang nachzudenken – und es dennoch anhand eines Sonderfalls zu tun: des tiefen Absturzes der Katholischen Kirche und des Abschieds Europas vom "christlichen Abendland".

Bernhard Meuser, "Freie Liebe. Über neue Sexualmoral" ist bei Fontis erschienen und hat 432 Seiten.

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