Markant und eindeutig hat sich Prof. Thomas Sternberg (CDU) als Vorsitzender des ZdK zu Wort gemeldet und den – von Papst Franziskus ausdrücklich gutgeheißenen – Text der Glaubenskongregation vom 15. März 2021 vehement kritisiert: „Aus Rom kam wieder einmal ein Störfeuer: die Antwort auf ein »Dubium«, also eine Anfrage zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Sie traf uns plötzlich und unerwartet.“ Haben wir es mit „Störfeuern“ von Papst Franziskus und der Glaubenskongregation zu tun? 

In dem vielfach diskutierten Schreiben hat Kardinal Luis Ladaria, der Präfekt der Glaubenskongregation, die Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte bestätigt, nicht mehr, nicht weniger. Ausdrücklich gelobt hat der Regensburger Bischof Dr. Rudolf Voderholzer die vatikanische Erklärung: „Die Glaubenskongregation hat deutlich gemacht, dass die Kirche nicht die Vollmacht hat, gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen. Papst Franziskus hat die Veröffentlichung des Dokumentes und der begleitenden Erläuterungen gutgeheißen. Mit dem Papst und den Mitgliedern der Familiensynode von 2015 unterstreiche ich zugleich, dass jeder Mensch, unabhängig von seiner sexuellen Orientierung, in seiner Würde geachtet und mit Respekt aufgenommen werden soll und sorgsam zu vermeiden ist, ihn in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen.“ 

Dass die Bestätigung dessen, was gläubige Katholiken und Suchende im Katechismus nachlesen können, „plötzlich und unerwartet“ erscheint – wie Prof. Sternberg nun sagt –, zeigt einmal mehr nur, dass prominente Vertreter der Kirche und von Laienorganisationen hierzulande von der Lebens- und Lehrwirklichkeit des römischen Katholizismus weit entfernt sind. Die Lehre der katholischen Kirche ist mitnichten ein Geheimnis, sondern öffentlich bekannt. Natürlich sollte sie öfter verkündet werden. 

Zudem erklärt Sternberg: „Besonders die Begründungen erstaunen, wenn es um die Nähe von Segnung und Sakrament geht und empören, wenn sexuelle Akte außerhalb der Hinordnung auf Zeugung für sündhaft gehalten werden. Der Synodale Weg wird dadurch nicht eingeschränkt: Wenn es nur um die Bestätigung all dessen ginge, was in Katechismus und Verordnungen steht, brauchte es ja keine Reformdebatten, sondern nur eine Exegese, eine Vermittlung.“ 

Neue Äußerungen zur Moraltheologie bewegen sich – wie so oft in letzter Zeit aus dem Raum der Kirche und engagierter Christen vernommen – im weiten Raum der konzilswidrigen Gedanken (vgl. Gaudium et spes 47-50). Es ist immer wieder lohnend und nötig, an das Zweite Vatikanische Konzil und seine wegweisende Lehre zu erinnern. Zitiert sei zunächst eine Passage aus Abschnitt 47: 

„Das Wohl der Person sowie der menschlichen und christlichen Gesellschaft ist zuinnerst mit einem Wohlergehen der Ehe- und Familiengemeinschaft verbunden. Darum begrüßen die Christen zusammen mit allen, welche diese Gemeinschaft hochschätzen, aufrichtig all die verschiedenen Hilfen, mittels derer man heute in der Förderung dieser Gemeinschaft der Liebe und im Schutz des Lebens vorwärtskommt und Gatten und Eltern bei ihrer großen Aufgabe unterstützt werden. Die Christen hoffen von daher auf noch bessere Resultate und suchen dazu beizutragen. Jedoch nicht überall erscheint die Würde dieser Institution in gleicher Klarheit. Polygamie, um sich greifende Ehescheidung, sogenannte freie Liebe und andere Entartungen entstellen diese Würde. Darüber hinaus wird die eheliche Liebe öfters durch Egoismus, bloße Genußsucht und durch unerlaubte Praktiken gegen die Fruchtbarkeit der Ehe entweiht. … Darum will das Konzil durch besondere Hervorhebung bestimmter Hauptpunkte der kirchlichen Lehre die Christen und alle jene Menschen belehren und bestärken, die die ursprüngliche Würde der Ehe und ihren hohen und heiligen Wert zu schützen und zu fördern suchen.“ 

Im Weiteren heißt es in Abschnitt 50: „Ehe und eheliche Liebe sind ihrem Wesen nach auf die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft ausgerichtet. … In ihrer Aufgabe, menschliches Leben weiterzugeben und zu erziehen, die als die nur ihnen zukommende Sendung zu betrachten ist, wissen sich die Eheleute als mitwirkend mit der Liebe Gottes des Schöpfers und gleichsam als Interpreten dieser Liebe. Daher müssen sie in menschlicher und christlicher Verantwortlichkeit ihre Aufgabe erfüllen und in einer auf Gott hinhörenden Ehrfurcht durch gemeinsame Überlegung versuchen, sich ein sachgerechtes Urteil zu bilden. Hierbei müssen sie auf ihr eigenes Wohl wie auf das ihrer Kinder – der schon geborenen oder zu erwartenden – achten; sie müssen die materiellen und geistigen Verhältnisse der Zeit und ihres Lebens zu erkennen suchen und schließlich auch das Wohl der Gesamtfamilie, der weltlichen Gesellschaft und der Kirche berücksichtigen. Dieses Urteil müssen im Angesicht Gottes die Eheleute letztlich selbst fällen. In ihrem ganzen Verhalten seien sich die christlichen Gatten bewußt, daß sie nicht nach eigener Willkür vorgehen können; sie müssen sich vielmehr leiten lassen von einem Gewissen, das sich auszurichten hat am göttlichen Gesetz; sie müssen hören auf das Lehramt der Kirche, das dieses göttliche Gesetz im Licht des Evangeliums authentisch auslegt.“ 

Die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils ist eindeutig, verbindlich und gültig – und dass viele diese nicht teilen oder akzeptieren mögen, ist offensichtlich. Im Übrigen gibt es Segnungsfeiern für Verlobte, die auf das Sakrament der Ehe zugehen. Es gibt aber keine offiziellen Segnungsfeiern für gegengeschlechtlich bestehende außereheliche Lebenspartnerschaften oder für wiederverheiratet geschiedene Personen, die als Paar oder in einer staatlich anerkannten Ehe zusammenleben. Ja, Einzelpersonen können, dürfen und sollen gesegnet werden – und sie sind und bleiben wichtige Glieder der Kirche des Herrn. Wir alle können, dürfen und sollen auch für alle Menschen beten. Tun wir das auch? Und warum wirbt das Zentralkomitee der deutschen Katholiken nicht positiv für Ehe und Familie – und damit für das Zweite Vatikanische Konzil?

Nebenbei bemerkt: Ein weiteres Statement aus der Erklärung des ZdK-Präsidenten führt noch zu Fragezeichen. Wieder einmal geht es um den assistierten Suizid. Professor Sternberg erklärt: „Organisierte Suizidbeihilfe als Regelangebot darf es in katholischen Häusern – etwa in Senioren- und Pflegeheimen – nicht geben!“ Kein Regelangebot, immerhin – oder? Auch als Ausnahmeangebot wäre diese Suizidbeihilfe skandalös und gegen die Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte.   


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