Vatikanstadt, 05 Februar, 2019 / 9:40 PM
Der Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils im nun unterzeichneten Abkommen über Brüderlichkeit, der Umgang des Papstes mit Islamismus und Christenverfolgung, aber auch sexuelle Gewalt gegen Ordensfrauen und die Kirchenkrise waren diesmal Themen: Auf dem Rückflug von Abu Dhabi hat Papst Franziskus am heutigen 5. Februar gegenüber Journalisten zu einer Reihe von Fragen Stellung bezogen.
CNA Deutsch dokumentiert den vollen Wortlaut der "fliegenden Pressekonferenz" mit einer eigenen Übersetzung in die deutsche Sprache - nicht künstlich und verfälschend geglättet, sondern möglichst nah am Original.
Alessandro Gisotti, kommissarischer Leiter der Pressestelle des Heiligen Stuhls: Ich wünsche Ihnen allen einen guten Tag. Wir Journalisten verwenden häufig das Adjektiv "historisch", und manchmal heißt es, wir würden es zu oft verwenden. Vielleicht haben wir es für diese Reise zurecht verwendet, und viele haben den Begriff in verschiedenen Sprachen benutzt. Wahrlich eine kurze Reise, aber mit einem wirklich langfristigen Ausblick, und herzlichen Glückwunsch an Sie alle, auf dass die Früchte und die Samen dieser Tage von langer Dauer sein werden. Offensichtlich eine Reise, wie heute vor ein paar Stunden zu sehen war, eine Begegnung mit Menschen... aus vielen [verschiedenen] Bevölkerungsgruppen. Die Organisatoren sagen, dass etwa 100 Nationalitäten anwesend waren. Und dann gestern dieses [gemeinsame] Dokument, wirklich außergewöhnlich, wertvoll.
Eine Überraschung war das, denke ich mir, eine dieser Überraschungen, die den Kollegen aufgrund ihrer Bedeutung Freude bereitet. Ich weiß nicht, Heiliger Vater, ob Sie vor den Fragen ein paar Worte sagen wollen?
Papst Franziskus: Zuerst einmal, hallo, danke für ihre Begleitung. Es war eine sehr kurze Reise, aber für mich eine tolle Erfahrung. Ich denke, dass jede Reise historisch ist, auch ein jeder unserer Tage, die Geschichte eines jeden Tages zu schreiben... [Da ist] keine Geschichte gering, jede Geschichte ist groß, und selbst wenn sie für schlecht befunden wird, kann die verborgene Würde immer auftauchen. Vielen Dank für Ihre Mitarbeit.
Gisotti: Ok, lassen Sie uns mit den Fragen beginnen. Wie immer fangen wir mit den Journalisten der lokalen Presse an. Dieses Dokument, das voller Informationen ist, wirft wirklich viele Überlegungen auf. Der erste, der dem Heiligen Vater eine Frage stellt, ist Barham von "Sky News Arabia".
Sargon Hurmez Barham (Sky News Arabia): Eure Heiligkeit, was wird das Ergebnis dieser Reise sein und was waren Ihre Eindrücke vom Land, von den Vereinigten Arabischen Emiraten?
Papst Franziskus: Ich erlebte ein modernes Land. Die Stadt beeindruckte mich, sogar die Sauberkeit der Stadt, auch kleine Kuriositäten wie [was] sie tun, um die Blumen in dieser Wüste zu bewässern? Aber [es ist] auch ein modernes Land, das so viele Völker willkommen heißt, die hierher kommen, und ein Land, das in die Zukunft blickt, zum Beispiel was die Bildung von Kindern betrifft, sie werden stets mit Blick auf die Zukunft ausgebildet. Das haben sie mir gesagt. Dann fiel mir etwas auf: Das Problem des Wassers. Sie denken in naher Zukunft darüber nach, Wasser aus dem Meer zu nehmen, es trinkbar zu machen und sogar das Wasser in der Luftfeuchtigkeit, aus der Feuchtigkeit, das trinkbar zu machen... [man ist] immer auf der Suche nach neuen Wegen und ich hörte sogar von jemandem, dass es eines Tages an Erdöl mangeln wird: "Wir bereiten uns auf diesen Tag vor [das Versiegen des Erdöls als zentraler Wirtschaftsfaktor des Landes], bereits heute, damit man etwas zun kann". Dies ist ein Land, das in die Zukunft blickt.
[HINWEIS der Redaktion: Im folgenden Abschnitt spricht Papst Franziskus mehrfach wörtlich von "Islamismus". Gemeint ist offenbar der Islam; CNA Deutsch übersetzt auch hier so nahe wie möglich am Original und verwendet daher den Begriff, den der Pontifex wörtlich in seiner Antwort verwendet hat.]
Dann schien es mir ein offenes Land [zu sein], kein verschlossenes, nicht einmal die Religiosität des Islamismus, es ist ein offener Islamismus, kein abweisender, sondern einer des Dialogs, ein brüderlicher und friedlicher Islamismus. Was dies betrifft, betonen sie die Erziehung zum Frieden, das wird als Pflicht empfunden, obwohl es einige Probleme mit einigen Kriegen in der Region gibt, aber das habe ich nicht gehört… Dann war für mich das Treffen mit den Ältesten sehr bewegend. Die Ältesten des Islamismus, das ist eine tiefgreifende Sache, sie kamen von praktisch überall, von verschiedenen Kulturen. Das zeigt jedoch die Offenheit dieses Landes für einen bestimmten regionalen, universellen, religiösen Dialog. Dann war ich auch von der interreligiösen Konferenz beeindruckt, dies ist eine starke Kultur-Veranstaltung. Und ich habe auch in meiner Rede erwähnt, dass sie hier, im vergangenen Jahr, [eine Konferenz] zum Schutz von Kindern abhielten, aber was die Medien, das Internet betrifft... solche Dinge... weil Kinderpornographie heute eine Industrie mit viel Geld ist, und sie machen Profit mit Kindern, und dieses Land hat das realisiert und [diese Konferenz abgehalten]. [Das sind] positive Dinge. Sicherlich gibt es Probleme, negative Dinge, aber bei einer Reise von weniger als drei Tagen sieht man diese Dinge nicht. Und wenn man etwas sieht, schaut man weg. Danke für die Gastfreundschaft.
Gisotti: Nun wird Nour Salman von der "Emirates News Agency" eine Frage stellen.
Nour Salman (Emirates News Agency): Heiliger Vater, vielen Dank für Ihr Wirken. Die Frage, die ich Ihnen stellen möchte: Nachdem nun die Erklärung von Abu Dhabi über Brüderlichkeit unterzeichnet worden ist – was denken Sie über die Ankündigung von Prinz Mohammed, eine Kirche des Heiligen Franziskus neben einer Moschee des Imam Al Tayyeb zu bauen?
Papst Franziskus: Das Dokument wurde mit viel Nachdenken und auch Gebet vorbereitet; der Groß-Imam und sein Team sowie ich mit meinem. Wir haben viel gebetet, um dieses Dokument erstellen zu können, denn für mich gibt es in diesem Augenblick eine einzige große Gefahr: Zerstörung, Krieg und Hass zwischen uns. Und wenn wir Gläubigen nicht in der Lage sind, einander eine Hand zu reichen, uns gegenseitig zu umarmen und sogar [gemeinsam zu] beten, wird unser Glaube besiegt werden. Dieses Dokument ist aus dem Glauben an Gott geboren, der der Vater von allem und der Vater des Friedens ist, und der jede Zerstörung, jeden Terrorismus verurteilt. Der erste Terrorismus in der Geschichte ist der von Kain. Es ist ein Dokument, das über fast ein Jahr lang entwickelt, hin und her geschickt wurde. Es blieb ein wenig vertraulich, um zu reifen, um das Kind nicht vorzeitig zur Welt zu bringen, damit es reif sein konnte.
Gisotti: Heiliger Vater, vor der nächsten Frage gibt es eine Hommage des Journalisten von "Al Ittihad". In der Zwischenzeit bitte ich Jörg Seisselberg, sich vorzubereiten. Nun wird Ihnen Jörg Seisselberg von der "ARD" eine Frage stellen.
Jörg Seisselberg (ARD): Heiliger Vater, diese Reise war voller Begegnungen, Gefühle und Bilder. Ich erinnere mich an die Bilder Ihrer Ankunft, den militärischen Ehrenempfang und die Militärflugzeuge, die am Himmel die Farben des Vatikans zeichneten. Ich frage mich: Was hat das mit Papst Franziskus zu tun, mit Papst Franziskus, der mit der Botschaft des Friedens kommt? Was halten Sie davon? Was haben Sie in diesen Momenten empfunden?
Dazu auch zu Ihrem Aufruf zum Frieden im Jemen: Welche Reaktionen bei Ihren Treffen weckten die Hoffnung darauf, dass diese Botschaft angekommen ist, dass im Jemen Schritte in Richtung Frieden unternommen werden?
(Die Geschichte geht unten weiter)
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Papst Franziskus: Ich danke Ihnen. Ich habe alle Gesten des Willkommens als Gesten des guten Willens interpretiert; jeder macht sie entsprechend seiner eigenen Kultur. Was habe ich hier vorgefunden? Einen derart großartigen Empfang, den sie auf sich nahmen, kleine und große Dinge, weil sie das Gefühl hatten, dass der Besuch des Papstes etwas Gutes war. Jemand sprach auch einen Segen... weiß Gott... Nun, sie wollten, dass ich mich willkommen fühle.
Über das Problem der Kriege. Sie haben einen angesprochen. Ich weiß, dass es schwierig ist, nach zwei Tagen eine Meinung abzugeben, und ich habe mit ein paar Leuten über das Thema gesprochen. Ich möchte sagen, dass ich auf guten Willen gestoßen bin, was die Aufnahme von Friedensprozessen betrifft. Das habe ich hier vorgefunden. Ein gemeinsamer Nenner mit denen, mit denen ich über Kriegssituationen gesprochen habe. Sie erwähnten den Jemen: Ich bin auf guten Willen gestoßen, Friedensprozesse zu initiieren.
Gisotti: Nun wird Domenico Agasso von "La Stampa" eine Frage stellen. Es ist seine zweite Papstreise, aber es ist die erste Gelegenheit, eine Frage in einer Pressekonferenz während des Fluges stellen zu können. Bitte.
Domenico Agasso (La Stampa): Heiliger Vater, nach der historischen Unterzeichnung des Dokuments über die Brüderlichkeit gestern, was könnten aus Ihrer Sicht die Folgen für die islamische Welt sein? Besonders wenn man an die Konflikte im Jemen und in Syrien denkt... Und was sogar unter Katholiken die Folgen sein werden, wenn man bedenkt, dass es einen Teil der Katholiken gibt, die Ihnen vorwerfen, Sie würden sich von Muslimen ausnutzen lassen.
Papst Franziskus: Aber nicht nur die Muslime... Sie werfen mir vor, dass ich mich von allen ausnutzen lasse, auch von Journalisten, das ist Teil des Jobs. Aber ich möchte eine Sache sagen. Das betone ich deutlich. Aus katholischer Sicht weicht das Dokument nicht einen Millimeter vom Zweiten Vatikanischen Konzil ab, das sogar mehrmals erwähnt wird. Das Dokument wurde im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils verfasst. Ich wollte, bevor ich die Entscheidung traf, es für gut heißen und unterschreiben, zumindest von meiner Seite, [deshalb] ließ ich einige Theologen das Dokument lesen und sogar offiziell vom Theologen des Päpstlichen Hauses, das ist ein Dominikaner [Anm.d.R.: Pater Wojciech Giertych], und in der schönen Tradition der Dominikaner, nicht auf Hexenjagd zu gehen, sondern zu sehen, wo das Richtige ist... und er genehmigte es.
Wenn jemand sich schlecht fühlt, dann verstehe ich das, es ist keine alltägliche Sache… [es ist] kein Schritt zurück. Es ist ein Schritt nach vorne. Aber der Schritt nach vorn, der nach 50 Jahren kommt, vom Konzil, der entwickelt werden muss. Die Historiker sagen, dass ein Komzil 100 Jahre braucht, um in der Kirche Fuß zu fassen. Wir sind auf halbem Weg. Und das zieht sogar meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich werde Ihnen sagen, dass ich einen Satz gesehen habe, aber diesen Satz weiß ich nicht, ob er sicher ist, aber es ist ein Satz des Konzils… Er hat sogar mich überrascht... Auch in der islamischen Welt gibt es unterschiedliche Meinungen, es gibt einige radikalere als andere. Gestern gab es im Ältestenrat auch mindestens einen Schiiten, und das gab eine sehr große Universalität, und er sprach gut. Es wird geben - ich weiß es nicht gut -, aber es wird Diskrepanzen geben, aber es ist ein Prozess und Prozesse reifen wie Blumen, wie Früchte.
Gisotti: Danke, Heiliger Vater. Kommen wir nun zur frankophonen Gruppe. Mathilde Imberty von Radio France.
Mathilde Imberty (Radio France): Guten Tag, Heiliger Vater. Sie haben gerade den Besuch der Emiraten beendet und reisen sehr bald nach Marokko. Wir scheinen zu verstehen, dass Sie sich entschieden haben, mit sehr bestimmten Gesprächspartnern des Islam zu sprechen. Ist es eine bewusste Entscheidung? Das gestern unterzeichnete historische Dokument hat sehr ehrgeizige Bildungsziele. Kann es aus Ihrer Sicht die muslimischen Gläubigen wirklich erreichen? Danke.
Papst Franziskus: Ich weiß und ich habe von einigen Muslimen gehört, dass es an Universitäten, zumindest an der Azhar, studiert werden muss, sowie an Schulen. Es muss studiert werden, nicht aufgezwungen... studiert! Ich beantworte zuerst das Ende Ihrer Frage.
Die zeitliche Nähe dieser beiden Reisen ist ein bisschen ein Zufall, weil ich nach Marrakesch wollte [zum UN-Migrationsgipfel, der vom 10. bis 11. September stattfand, Anm.d.R.], doch es gab protokollarische Probleme und ich konnte nicht zu einer internationalen Begegnung gehen, ohne vorher einen Besuch im Land gemacht zu haben, aber ich hatte keine Zeit. Und deshalb haben wir den Besuch verschoben, und das fiel damit zusammen. Und es sollte der Staatssekretär nach Marrakesch reisen. Es ist eine Frage der Diplomatie und auch der Bildung, aber es war keine geplante Sache. In Marokko trete ich in die Fußstapfen des heiligen Johannes Paul II., der dorthin gegangen ist. Er war der Erste, der ging. Es wird eine schöne Reise. Dann gibt es [weitere] Einladungen aus anderen muslimischen Ländern, aber dieses Jahr ist dafür keine Zeit. Wir werden nächstes Jahr sehen. Ich oder ein anderer Petrus werden gehen.
Gisotti: Gut, nun, vielleicht können wir das schaffen, Maria Sagrario Ruiz vom Radio Nacional Espana. Ok, danke.
Maria Sagrario Ruiz (Radio Nacional Espana): Guten Abend, ich habe eine Frage auf Spanisch. Die vatikanische Diplomatie hat eine stolze Geschichte und praktiziert eine Diplomatie der kleinen Schritte in Konfliktgebieten, und wie können wir uns nicht konkret an 1978 erinnern, als Johannes Paul II. mit seiner Vermittlung einen Krieg zwischen Ihrem Land, Argentinien und Chile vermeiden half. Wir haben gestern erfahren, dass Nicolas Maduro - und wir kommen also zu Venezuela - einen Brief mit der Bitte um Hilfe bei der Wiederaufnahme des Dialogs geschickt hat. Es gibt Staatssekretär Parolin, der das Land perfekt kennt. Und nun sind alle Augen auf Sie gerichtet, auf Papst Franziskus und den Vatikan. Was macht der Vatikan, was meinen Sie? Sind Sie bereit zu vermitteln, wenn Sie gefragt werden, zu welchem Zeitpunkt, zu welcher Zeit?
Papst Franziskus: Ich danke Ihnen. Die Vermittlung zwischen Argentinien und Chile war wirklich ein mutiger Akt des Heiligen Johannes Paul II., der einen Krieg abwendete, der im Begriff war, auszubrechen. Aber es gibt kleine Schritte, der letzte ist die Schlichtung. Da gibt es behutsame erste oder erleichternde Schritte, aber nicht nur vom Vatikan, sondern in aller Diplomatie; Nähe zueinander, um die Möglichkeit zum Dialog zu schaffen. Dies geschieht in der Diplomatie. Ich glaube, dass sie vom Staatssekretariat aus in der Lage sein werden, alle verschiedenen Schritte, die unternommen werden können, gut zu erklären. Ich wusste vor der Reise, dass ein Brief von Maduro per Diplomatenpost angekommen war. Den Brief habe ich noch nicht gelesen. Wir werden sehen, was getan werden kann. Aber damit wir den letzten Schritt, die Schlichtung, machen können, braucht es den Willen beider Parteien. Wenn beide Parteien darum bitten... das war bei Argentinien und Chile der Fall.
Der Heilige Stuhl in Venezuela war in der Zeit des Dialogs mit Ihrem Landsmann Rodriguez Zapatero zugegen, ein erstes Treffen mit Monsignore Tscherrig zunächst, und dann mit Monsignore Celli... und dort wurde eine Maus geboren, nichts... Rauch!
Nun, ich weiß nicht, ich werde mir diesen Brief ansehen und sehen, was getan werden kann. Aber Voraussetzung ist, dass beide Parteien darum bitten. Wir sind immer bereit. Dasselbe gilt, wenn Menschen zum Pfarrer gehen, weil es ein Problem zwischen Mann und Frau gibt... einer geht und der andere kommt oder kommt nicht? Er will oder will nicht gehen? Beide Parteien werden immer gebraucht. Das ist das Geheimnis. Und für die Länder ist dies eine Bedingung, die sie erfüllen müssen, bevor sie um eine Erleichterung oder Anwesenheit eines Erlösers oder einer Vermittlung bitten. Immer beide Parteien. Ich danke dir! Und ich werde nach Spanien gehen, gell [Papst Franziskus bezieht sich auf ein Gespräch, das er mit Ruiz über einen möglichen Spanienbesuch führte, Anm.d.R.]
Gisotti: Danke. Nicole nähert sich. Nicole Winfield von "Associated Press" wird jetzt ihre Frage stellen.
Nicole Winfield, (Associated Press): Heiliger Vater, letzte Woche veröffentlichte die Frauenbeilage des "Osservatore Romano" einen Artikel, in dem der sexuelle Missbrauch geweihter Frauen in der Kirche verurteilt wurde. Erwachsene Frauen, Schwestern, vom Klerus. Vor einigen Monaten hat auch die Union der Generaloberen, USG, dieses Problem öffentlich angeprangert. Wir wissen, dass die kommende Sitzung im Vatikan über den Missbrauch von Minderjährigen stattfinden wird, aber wäre es vorstellbar, dass der Heilige Stuhl etwas unternimmt, um dieses Problem anzupacken, vielleicht mit einem Dokument, Leitlinien usw.?
Papst Franziskus: Ich werde auf diese Frage antworten, aber ich ziehe es vor, [erst Fragen über] die Reise zu beantworten, und dann werde ich zuerst auf Ihre antworten. Ist es so in Ordnung?
Gisotti: Also, während Nicole hier bleibt, kommen wir zu Angelina Condé von "Rome Reports".
Angelina Condé (Rome Reports): Guten Abend Heiliger Vater, im Namen der spanischen Gruppe werde ich Ihnen die Frage auf Spanisch stellen, ich denke, das ist für Sie in Ordnung. Sie hatten ein Treffen mit dem Ältestenrat. Was können Sie uns dazu sagen, welche Themen haben Sie angesprochen, und sind Sie mit dem Eindruck nach Rom zurückgekehrt, dass Ihre Botschaft von deren Vertreter aufgenommen wurde?
Papst Franziskus: Die Ältesten sind wirklich weise. Der Groß-Imam sprach zuerst, dann sprach jeder von ihnen, beginnend mit dem Ältesten, der ja Spanisch sprach, weil er aus Mauretanien kam und es dort gelernt hat. Vom Älteren, eh, 80 Jahre alt, bis hin zu den Jüngsten, der Sekretär des Ältestenrates ist. Er sprach ein wenig, sagte aber alles in einem Video: Das Besondere an ihm ist, dass er ein Kommunikator ist. Das gefiel mir, es war eine schöne Sache.
Sie sprachen… sie begannen... Das Schlüsselwort ist "Weisheit". Dann "Treue". Dann betonten sie eine Lebensweise, in der diese Weisheit wächst und die Treue stark wird – und von dort aus entsteht die Freundschaft zwischen den Menschen. Sie waren anders, ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Einer war Schiit, andere vertraten unterschiedliche Nuancen... Dann ist Weisheit und Treue der wichtige Weg zur Schaffung von Frieden, denn Frieden ist ein Werk der Weisheit und Treue; menschliche Treue zwischen Menschen und all diesem. Bei mir blieb der Eindruck, inmitten wahrer Weiser zu sein, und das ist eine Garantie dafür, dass der Groß-Imam diesen Rat erhält.
Sie sind zufrieden, nehme ich an?
Angelina Condé: Ja. Sehr zufrieden. Ich danke Ihnen.
Gisotti: Hier ist Cristiana Caricato. Cristiana... Da sind wir. Der Heilige Vater sagte, dass er Fragen zu der Reise beantwortet. Der Heilige Vater sagte, man solle sich an die Reise halten und dann....
Papst Franziskus: Noch Fragen zum Flug? Da ist eine!
Gisotti: Wir haben Sofia Barbarani von "The National", die eine sehr wichtige Zeitung für Abu Dhabi ist und in diesen Tagen... Sofia Barbarani, "The National", Abu Dhabi.
Sofia Barbarani (The National): Guten Abend! Die Frage, die wir Ihnen im Namen der Zeitungsgruppe aus Abu Dhabi stellen wollten, war: Heute hat Ihnen ein kleines Mädchen einen Brief gebracht, sie ist zu Ihnen gelaufen, als Sie im Auto waren. Wir würden gerne wissen, ob Sie den Brief schon gelesen haben und ob Sie wussten, was...
Papst Franziskus: Noch nicht. Die Briefe sind da, sie organisieren sie für mich zum anschließenden Lesen.
Barbarani: Können Sie uns sagen, welchen Eindruck das auf Sie hinterlassen hat, als Sie sahen, wie dieses kleine Mädchen auf Sie zukam, dieses kleine Mädchen, das aus der Menge herauskam?
Papst Franziskus: Sie ist ein tapferes Mädchen! Aber sie wurde aufgehalten.... Lasst sie zu mir kommen, aber das kleine Mädchen hat eine Zukunft. Sie hat eine Zukunft, und ich wage zu sagen, armer Ehemann. Sie hat eine Zukunft, aber sie ist mutig, das gefiel mir! Es braucht Mut, das zu tun, und dann folgte ihr eine andere, es waren zwei, sie sah die eine und fasste Mut.
Gisotti: Es gibt noch andere Fragen von der Reise: Ines San Martin und Franca Giansoldati. Wenn Sie sehr schnell sind…
Papst Franziskus: Vielleicht gibt es noch andere Fragen, die sich nicht auf die Reise beziehen, es gibt eine...
Gisotti: Eine Buchung... Franca, setzen Sie sich, bitte... kurz, bitte.
Franca Giansoldati (Il Messaggero): Eure Heiligkeit, Imam Al-Tayyeb verurteilte Islamophobie, betonte Islamophobie, die Angst vor dem Islam... Warum haben wir nichts über Christianophobie oder über die Verfolgung von Christen gehört?
Papst Franziskus: In der Tat habe ich über die Verfolgung von Christen gesprochen, nicht in diesem Moment, aber ich spreche auch häufig darüber, auch während dieser Reise habe ich darüber gesprochen, ich erinnere mich nicht wo, aber ich habe darüber gesprochen. Ich weiß nicht, ich denke, dass es in dem Dokument mehr um Einheit und Freundschaft ging, und ich habe das unterstrichen... aber jetzt fällt mir ein, dass auch das Dokument Gewalt verurteilt und einige Gruppen, die sich selbst islamisch nennen (die Ältesten sagen, dass es kein Islamismus ist), Christen verfolgen. Ich erinnere mich an diesen Vater auf Lesbos mit drei Kindern, der 30 Jahre alt war und weinte: "Ich bin [Muslim], meine Frau war Christin. Die IS-Terroristen kamen, sie sahen das Kreuz und sagten zu ihr, bekehre Dich, und dann schnitten sie ihr vor mir die Kehle durch." Das ist unser tägliches Brot von terroristischen Gruppen, nicht nur Christen, sondern auch von der Zerstörung der Person. Das Dokument war in diesem Sinne scharf verurteilend.
Gisotti: Ines San Martin, immer auf dem Flug dabei. Ines San Martin, "Crux".
Inés San Martín (Crux): Heiliger Vater. Eine Frage bezog sich auf das, was mein Kollege gerade gefragt hat, da wir nicht die Zeit hatten, das zu regeln. Wie ich Ihnen auf der letzten Reise bereits sagte, habe ich den neuen Erzbischof von Mosul im Irak interviewt. Er sagt immer, dass sie auf dich warten. Er bestreitet auch, dass die Bischöfe darüber streiten, sie warten nur auf dich. Sie haben über die Religionsfreiheit gesprochen und gesagt, dass sie über die Kultfreiheit hinausgeht. Können Sie dieses Thema erklären? Wir kommen aus einem Land zurück, das für seine Toleranz bekannt ist, aber viele Katholiken, die heute im Stadion waren, haben heute, seit sie zum ersten Mal in den VAE angekommen sind, die Möglichkeit, ihren Glauben und ihre Überzeugung zu zeigen. Gibt es also etwas, das sich über den heutigen Tag hinaus tatsächlich verändert hat?
Papst Franziskus: Prozesse haben einen Anfang, oder? Man kann etwas zubereiten und macht es und das war's. Es gibt etwas davor und etwas danach. Ich denke, die Religionsfreiheit ist im Gange, immer mehr, immer nach vorne. Ich war beeindruckt von einem Gespräch, das ich mit einem 13-jährigen Kind in Rom führte, bevor ich ging. (...) Er hat mir gesagt: "Heiligkeit, ich möchte sagen, dass ich ein Atheist bin. Was soll ich als Atheist tun, um ein Mann des Friedens zu werden?" Ich sagte ihm: "Tu, was du fühlst", dann sprach ich noch ein wenig mehr mit ihm, aber ich mochte den Mut dieses Jungen. Er ist ein Atheist, aber er sucht nach dem Guten.
Dieser Weg ist auch ein Prozess, ein Prozess, den wir respektieren und begleiten sollten. Alle Prozesse für immer zu begleiten, alle, egal welche Farbe sie haben, von jeder Farbe. Ich denke, das sind die Schritte vorwärts.
Gisotti: Hier, Heiliger Vater, wir haben wenig Zeit... aber es steht noch eine Antwort aus.
[Papst Franziskus antwortet nun auf die oben gestellte Frage nach dem Missbrauch von Ordensfrauern durch Geistliche.]
Papst Franziskus: Es ist wahr, es ist ein Problem. Der Missbrauch von Frauen ist ein Problem. Ich wage zu sagen, dass die Menschheit noch nicht gereift ist. Die Frau wird als "zweite Klasse" bezeichnet. Fangen wir hier an: Es ist ein kulturelles Problem. Dann kommt man zum Frauenmord. Es gibt Länder, in denen die Misshandlung von Frauen den Punkt des Femizids erreicht und bevor wir zu Ihrer konkreten Frage kommen, eine Kuriosität, die sie mir gesagt haben, aber Sie überprüfen, ob es wahr ist oder nicht: Mir wurde gesagt, dass der Beginn der Geschichte des Damenschmucks in einem antiken Land, ich weiß nicht, im Osten stattfand, wo es das Gesetz gab, die Frau zu vertreiben, abzulehnen. Wenn der Mann - ich weiß nicht, ob es wahr ist oder nicht - zu ihr sagte, "verschwinde", in diesem Moment mit dem, was sie trug, musste sie gehen, ohne etwas zu nehmen. Und dort begannen sie, Juwelen aus Gold und Edelsteinen herzustellen, um etwas zum Überleben zu haben. Ich weiß nicht, ob es wahr ist oder nicht, aber es ist interessant. Recherchieren Sie.
Es ist wahr, in der Kirche gab es Geistliche, die das getan haben. In einigen Zivilisationen ein wenig mehr als in anderen. Es ist nicht eine Sache, die alle getan haben. Es gab Priester und auch Bischöfe, die das getan haben. Und ich glaube, dass es [immer] noch vorgehen könnte. Es ist keine Sache, die von dem Moment an, in der man sie bemerkt, beendet ist. Die Sache geht so vorwärts. Wir haben lange daran gearbeitet. Wir haben einige Kleriker suspendiert, sie dafür weggeschickt und auch - ich weiß nicht, ob der Prozess abgeschlossen ist - einige Frauengemeinden aufgelöst, die damit sehr beschäftigt waren, eine Korruption. Ich kann nicht sagen: bei mir zu Hause.... Es ist wahr! Muss noch mehr getan werden? Ja. Haben wir den Willen? Ja.
Aber es ist ein Weg, der aus der Ferne gekommen ist. Papst Benedikt hatte den Mut, eine Frauengemeinde aufzulösen, die ein bestimmtes Problem hatte, weil diese Versklavung von Frauen, auch sexuelle Versklavung, durch Geistliche oder durch den Gründer eingeführt worden war. Manchmal nimmt der Gründer die Freiheit, entäußert die Freiheit der Schwestern, dazu kann es kommen.
Über Papst Benedikt möchte ich betonen, dass er ein Mann ist, der den Mut hatte, viele Dinge zu diesem Thema zu tun. Es gibt eine Anekdote: Er hatte alle Papiere, alle Dokumente, über eine religiöse Organisation, die sogar sexuelle und wirtschaftliche Korruption enthielt. Er ging dorthin, es gab Gitter, er konnte nicht ankommen. Am Ende berief der Papst mit dem Willen, die Wahrheit zu sehen, ein Treffen ein und Joseph Ratzinger verließ es mit der Ordnermappe und all seinen Papieren. Als er zurückkam, sagte er zu seiner Sekretärin: Leg es ins Archiv, die andere Partei gewann. Wir dürfen uns dadurch nicht skandalisieren lassen. Es handelt sich um Schritte in einem Prozess. Aber als er Papst wurde, war das erste, was er sagte, Folgendes: Bring mir das aus dem Archiv und er begann. Die Folklore über Papst Benedikt lässt ihn so gut erscheinen - er ist gut, ein Stück Brot ist schlechter als er - aber schwach, aber es gibt nichts Schwaches [in ihm]. Er ist ein starker Mann, ein konsequenter Mann... und er begann damit, und da in dieser Kongregation gab es dieses Problem, das Sie erwähnen. Betet, dass wir vorankommen können. Ich will vorwärts gehen. Es gibt Fälle, ja. Aber überall, außer in einigen vorzugsweise neuen Gemeinden, und in einigen Regionen mehr als in anderen. Ja. Und das... Wir arbeiten daran.
Edward Pentin begleitete den Papst im Flugzeug. In Rom trugen Hanna Brockhaus, JD Flynn, Andrea Gagliarducci, Courtney Grogan, Alan Holdren sowie Rachel Lanz sowie in Peru Walter Sanchez Silva zur Berichterstattung bei.
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