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Widerstand gegen "Nein" des Vatikan: Segnungsfeiern bei "Aktionstag" in deutschen Kirchen

Eine Regenbogenflagge über dem Altar der Jugendkirche in Würzburg am 10. Mai 2021

Obwohl die Glaubenskongregation die Frage, ob die Kirche homosexuelle Lebensgeschmeinschaften segnen kann, mit einem eindeutigen "Nein" beantwortet hat, haben am 10. Mai eine Reihe von Priestern und Seelsorgern in ganz Deutschland Segnungszeremonien auch und gerade für gleichgeschlechtliche Paare durchgeführt. 

Die Organisatoren des Protesttages riefen unter dem Hashtag "#liebegewinnt" zu "Segnungsgottesdiensten für Liebende" auf. 

Im März 2021 hatte der Vatikan ein Schreiben veröffentlicht, das der Segnung gleichgeschlechtlicher Verbindungen eine definitive Absage erteilt hatte (CNA Deutsch hat berichtet). 

Als Reaktion darauf protestierten deutschsprachige Theologen und riefen zur bundesweiten Protestaktion am 10. Mai aus. In rund 80 Städten veranstalteten Aktivisten "Segnungszeremonien" für Paare. Auch in Zürich (Schweiz) fand die Aktion Anklang, in einem Pavillion auf dem Platzspitz am Rande der Altstadt konnten Paare auf einer "Regenbogenbank" Platz nehmen und an einem Segensritual teilnehmen, in dem - nach Angaben der Veranstalter - "Gottes Segen für Liebende aller Art fließen kann".

Einer der Initiatoren, Pfarrer Carsten Leinhäuser (Bistum Speyer), bot Interessierten im Vorfeld ein "Segenskit" an, damit Paare über den von ihm angebotenen Livestream zuhause an der "Segnung" teilnehmen können.

Wie viele Segnungen haben tatsächlich stattgefunden?

Zur Anzahl der Segnungen, die vorgenommen wurden, gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine verlässlichen Zahlen. 

In Würzburg - aber auch in anderen Städten wie Aachen, Berlin, Frankfurt, Mainz oder Köln - fanden zeitgleich mehrere Gottesdienste statt. In der Augustinerkirche unweit des Würzburger Doms versammelten sich fast 130 Teilnehmer, während zeitgleich knapp 40 Personen der Zeremonie in der Jugendkirche beiwohnten.

Gegenüber CNA Deutsch berichteten Beobachter aus Köln, München und Würzburg, dass sich vielerorts eine "überschaubare Anzahl" an der Aktion beteiligten.

Ein Teilnehmer berichtete aus Köln, dass in der Kapelle der dortigen Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) insgesamt sechs Paare gesegnet wurden und insgesamt 23 Leute anwesend waren.

Vielerorts wurde am Ende des Gottesdienstes ein allgemeiner Segen gespendet, der jedoch ausdrücklich auch die homosexuellen Paare und ihre Beziehungen mit einschloss. Teilweise wurden Einzelsegnungen angeboten im Anschluss an die Zeremonie.

In der Frankfurter Liebfrauenkirche, die zum Bistum Limburg gehört, standen nach Angaben der Veranstalter "Am Ende der Messe (...) Kapuziner allen Paaren für persönlichen Segen zur Verfügung". Auch in der Würzburger Augustinerkirche wurden alle Paare - ausdrücklich auch die gleichgeschlechtlichen - eingeladen, nach dem Gottesdienst sich den Einzelsegen "abzuholen".

Mit-Initiator: "Die Kirche hat nicht die Vollmacht Segen zu verwehren"

Die liturgische Gestaltung war von Ort zu Ort unterschiedlich. Ein Teilnehmer, der in Köln der Segnungsfeier beiwohnte, berichtete gegenüber CNA Deutsch, dass die Zeremonie mehr einer "politischen Veranstaltung" glich. Die Veranstaltung sei von einer Pastoralreferentin in liturgischen Gewändern geleitet worden, sie habe ihren kirchlichen Dienst aber bereits quittiert, teilte sie mit.

Nach einigen politischen Statements sei aus dem Evangelium vorgelesen worden, gefolgt von einer Ansprache. "Da war kein Ritus, keine Liturigie, insgesamt doch eine traurige Stimmung", so der Teilnehmer gegenüber CNA Deutsch. Schließlich wurde noch das religionskritische Lied "Imagine" von John Lennon gespielt.

In der Würzburger Jugendkirche sprach eine der Mitinitiatoren über die "Wut und Trauer", die seit Eintreffen des Vatikan-Schreibens herrsche. Im Altarraum war derweil eine stilisierte "Klagemauer" aufgebaut, die Teilnehmer wurden aufgerufen, "alles, was einen verärgert" hat, aufzuschreiben und dort abzulegen. 

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Die Kirche soll sich nicht anmaßen zu definieren, was Liebe ist, so die Initiatorin weiter. "Liebe ist keine Sünde, von Grund auf sind wir alle gesegnet, daran knüpfen wir an."

Zeitgleich betonte einige hundert Meter entfernt in der Augustinerkirche der Priester, dass Gottes Segen "allen Menschen" gehöre. "Wir können doch gar nicht anders als segnen", so der Priester weiter, wenn man auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften segne, dann folge man nur seinem Gewissen. Es gehe nicht darum, ein "kirchlich normiertes" Leben zu führen, "sondern unser eigenes".

Der Würzburger Studentenpfarrer Burkard Hose bestätigte in seiner Ansprache während der Segnungsfeier, dass man in der Vergangenheit viele Menschen "im Heimlichen" gesegnet habe. "Wir werden dies auch weiterhin tun", kündigte der Geistliche an. Wörtlich sagte der Priester am 10. Mai:

"Die Kirche hat nicht die Vollmacht, Segen zu verwehren."

Dennoch sei der heutige Aktionstag aus seiner Sicht "keine Protestaktion", auch wenn Christsein generell "nie unpolitsch" sei. "Wo sich Menschen lieben, ist längst Segen", so Hose weiter. Auch eine heterosexuelle, glückliche Ehe werde deswegen "nicht weniger glücklich", wenn nun auch homosexuelle Paare gesegnet werden, denn: "Niemand verliert, wenn Liebe gewinnt."

Kritik von Laien

Die Laien-Initiative "Maria 1.0 - Maria braucht kein Update!" hatte am Wochenende die Bischöfe Deutschlands dazu aufgerufen, die Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu unterbinden.

"Die geplanten Segnungsfeiern sind eine gezielte Provokation in Richtung von Papst Franziskus und sollten daher von den Priestern unterlassen werden", so Clara Steinbrecher, Leiterin der Initiative, in einer Mitteilung am Samstag.

Die Einheit mit Rom müsse unbedingt gewahrt bleiben. "Vielmehr rufen wir die Bischöfe und Priester dazu auf, Menschen in allen Lebenssituationen pastoral und mitfühlend zu begleiten", so Maria 1.0 weiter.

Kritik übte auch die Jugend-Initiative des Mediennetzwerkes "Pontifex". In einer am heutigen Vormittag veröffentlichten Pressemitteilung warnte die Initiative vor dem "Beschreiten eines nationalen Sonderweges".

Mit der bundesweiten Protestaktion verletzen die beteiligten Amtsträger das Volk Gottes, heißt es in der Mitteilung weiter. Das Attribut "Römisch-Katholisch" sei kein "schmückendes Beiwerk", sondern der "Kern unserer Identität", der nun durch die "klerikalistischen Alleingänge" der Protestbewegung beschädigt würde.

Gleichzeitig verteidigte die Initiative "Pontifex" das Vatikan-Schreiben. Wörtlich:

"Die Aussagen der Glaubenskongregation geben die Lehre der Kirche wieder. Diese Lehre abzulehnen gefährdet jedoch die Einheit und die Katholizität. Diese Einheit mit dem Heiligen Vater ist seit 2.000 Jahren Garant des Glaubens und des Fortbestands der Katholischen Kirche."

Beobachter warnten bereits im Vorfeld vor schismatischen Tendenzen und einer möglichen Abspaltung der Kirche in Deutschland von der Weltkirche weiter vorangetrieben werde. Inwieweit der Vatikan auf den heutigen Aktionstag reagiert, ist noch unklar. 

Innerkirchliche Kritik an der Aktion

Diözesane Medien in Deutschland berichteten bereits am vergangenen Freitag von einer Veranstaltung am 7. Mai in der deutschen Stadt Geldern, bei der zwei katholische Priester Segnungen von 35 Paaren durchführten, während der Altar mit einer Regenbogenfahne der LGBT-Bewegung "geschmückt" war.

Helmut Hoping, Professor für Dogmatische Theologie an der Universität Freiburg, sagte gegenüber CNA Deutsch, dass einige der Priester, die Segnungen durchführten, "auch offen dafür eintreten, das Sakrament der Ehe mittelfristig für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen".

Der Theologe sprach auch von "schismatischen Tendenzen" in der Kirche in Deutschland und stellte fest, dass "in mehreren Bereichen der kirchlichen Lehre und Disziplin die Gemeinschaft mit dem Papst gekappt wird, etwa wenn Priester gegen das klare Nein der Glaubenskongregation zu Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare verstoßen, das mit Billigung des Papstes veröffentlicht wurde, und wenn Bischöfe im Vorfeld erklären, dass sie dies großzügig dulden oder solche Segnungen für theologisch möglich und seelsorgerisch notwendig erklären".

Gero Weishaupt, Diözesanrichter im Erzbistum Köln und Dozent für Kirchenrecht, sagte diese Woche gegenüber CNA Deutsch, dass der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, "Kardinal [Gerhard Ludwig] Müller und andere namhafte Bischöfe und Theologen im In- und Ausland seit langem vor einem von Deutschland ausgehenden Schisma in der Kirche warnen. Und man kann sich fragen, ob sie nicht schon latent verwirklicht ist."

CNA Deutsch berichtete, dass der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck in einem Interview im vergangenen Monat sagte, er werde "einen Priester in seinem Bistum nicht suspendieren oder andere kirchliche Strafen gegen ihn verhängen", wenn der Kleriker gleichgeschlechtliche Paare segne.

Das Bistum Essen organisierte auch eine Veranstaltung, in der erklärt wurde, dass gleichgeschlechtliche Segnungen eine Frage des "nicht ob, sondern wie" seien.

Bischöfe im Vorfeld der Aktionen uneins

Mehrere deutsche Bischöfe haben sich bereits für Segnungen homosexueller Partnerschaften ausgesprochen, darunter Overbeck, der Bischofskonferenzvorsitzende Georg Bätzing (Limburg), Helmut Dieser (Aachen), Reinhard Marx (München und Freising), Franz-Josef Bode (Osnabrück), Peter Kohlgraf (Mainz) und Heinrich Timmerevers (Dresden-Meißen).

Andere Bischöfe haben das Eingreifen des Vatikans begrüßt. Dazu gehören Rainer Maria Woelki (Köln), Stephan Burger (Freiburg), Ulrich Neymeyr (Erfurt), Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Wolfgang Ipolt (Görlitz), Stefan Oster (Passau) und Rudolf Voderholzer (Regensburg).

Bischof Bätzing hatte bereits vor dem heutigen Aktionstag in einem Interview bekräftigt, dass deutsche Kirchenvertreter "eng mit Rom und dem Heiligen Vater verbunden" sind – trotz der Spannungen über die Frage der Segnung homosexueller Verbindungen, der Spendung der heiligen Kommunion an Protestanten sowie dem "Synodalen Weg". Dabei hatte Bätzing auch den Brief des Papstes an die Katholiken in Deutschland als bestärkend bezeichnet.

Papst Franziskus hatte in diesem Schreiben – hier der volle Wortlaut – mit deutlichen Worten vor einer Zerstückelung des Volkes Gottes angesichts des "Synodalen Wegs" gewarnt.

Der Päpstliche Nuntius wies zudem die deutschen Bischöfe darauf hin, dass dieses Schreiben eine Intervention von historischer Bedeutung war. Mittlerweile hat der Vatikan mit einer Reihe dramatischer Interventionen erklärt, dass der von Kardinal Reinhard Marx wiederholt als "verbindlich" beschriebene Prozess kirchenrechtlich unverbindlich ist, wie CNA Deutsch ausführlich berichtete

Bischof Bätzing, der sich bereits früher für die kirchliche Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften eingesetzt und ausgesprochen hat, sagte vergangenen Monat, dass die Protest-Veranstaltung "nicht hilfreich" sei. In Bätzings Bistum fanden mehrere der Segnungsfeiern am heutigen Montag statt. 

In Deutschland und in anderen Teilen der Weltkirche gebe es - so Bätzing am 28. April - "seit längerem Diskussionen, in welcher Weise die kirchliche Sexualmoral, auch hinsichtlich der Homosexualität, mit tragfähigen Argumenten weiterentwickelt werden kann – auf der Basis grundlegender Wahrheiten des Glaubens und der Moral, der fortschreitenden theologischen Reflexion und ebenso in Offenheit für neuere Ergebnisse der Humanwissenschaften und der Lebenssituationen heutiger Menschen". Dazu gehöre auch eine "angemessene Erörterung" der Frage nach Segnungsgottesdiensten.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz betonte, der "Synodale Weg" sei "in der gegenwärtigen Situation ein zentraler Ort, das Thema gelingender Beziehungen in einer umfassenden Weise zu diskutieren".

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