Wien - Montag, 19. Februar 2024, 11:15 Uhr.
Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn OP hat die deutschen Bischöfe nach dem Einschreiten mehrerer vatikanischer Dikasterien gegen den Synodalen Ausschuss, der die Verstetigung des Synodalen Wegs in Form eines Synodalen Rats vorbereiten soll, dazu ermutigt, die Einheit mit dem Papst zu wahren.
„Die wiederholten Aufforderungen des Papstes sind nicht einfach Gesprächsbeiträge in einer Diskussion über Synodalität, es geht bei diesen Stellungnahmen – und vor allem im jetzt publik gewordenen Brief an die deutschen Bischöfe – um das volle Gewicht des Bischofsamtes cum et sub Petro“, betonte Schönborn. „Deshalb müssen sich die deutschen Bischöfe ernsthaft fragen, ob sie wirklich aus der Communio mit und unter dem Papst ausscheren oder sie nicht vielmehr loyal annehmen wollen. Die Weigerung, einzulenken, wäre obstinatio – klares Anzeichen eines Schismas, das niemand wollen kann.“
Am Samstag wurde bekannt, dass Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin sowie die Kardinäle Víctor Manuel Fernández vom Dikasterium für die Glaubenslehre und Robert Francis Prevost OSA vom Dikasterium für die Bischöfe einen Brief an die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) gerichtet hatten, der von Papst Franziskus „approbiert“ worden sei. Dem Brief zufolge stünde eine Verabschiedung der Satzung für den Synodalen Ausschuss, wie sie bei der DBK-Vollversammlung in dieser Woche hätte vorgenommen werden sollen, „im Widerspruch zu der im besonderen Auftrag des Heiligen Vaters ergangenen Weisung des Heiligen Stuhls“.
Die DBK hatte in Reaktion auf den Brief die Verabschiedung der Satzung für den Synodalen Ausschuss noch am Samstag von der Tagesordnung der Frühjahrs-Vollversammlung genommen. Das ZdK hatte als – neben den Bischöfen – zweiter Träger des Ausschusses die Satzung bereits im vergangenen Jahr verabschiedet.
Mit seinen Einlassungen – ob persönlich oder über die zuständigen Dikasterien – nehme Papst Franziskus „seine Kernaufgabe wahr, die Einheit im Glauben zu wahren“, sagte Schönborn im Gespräch mit „Communio“ am Montag. „Die kritische Begleitung des Synodalen Weges ist beim Papst von Anfang an aus der Sorge um den Glauben getragen gewesen. Die wachsenden Spannungen sind nicht Ausdruck eines Konflikts ‚Rom gegen Deutschland‘, es geht vielmehr um das Grundverständnis von Kirche.“
„Die erste Aufgabe des Papstes ist es ja, den Glauben der Kirche zu lehren und zu schützen“, betonte der Kardinal. „Die Sorge, die der Papst und seine Mitarbeiter in den römischen Dikasterien immer wieder geäußert haben, ist primär eine Sorge um das rechte Kirchenverständnis. Und dabei geht es nicht um die Macht der römischen Zentrale gegen die Macht der Ortskirchen, sondern um die Einheit im Glauben, die zu wahren der primäre Dienst des Petrusamtes ist.“
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Inhaltlich stellte Schönborn mit Blick auf den Synodalen Weg und seine Beschlüsse fest, das „völlige Fehlen des Themas Evangelisierung“ lasse ihn „nach dem Kirchenbild fragen, das hier zum Ausdruck kommt. Es entsteht der Eindruck, dass die Anliegen des Papstes einfach nicht aufgegriffen werden.“
Die Einführung synodaler Gremien mit Entscheidungsbefugnis, wie es der Synodale Rat als Verstetigung des Synodalen Wegs sein soll, sei problematisch: „Das Bischofsamt steht in der Kontinuität der apostolischen Verkündigung und ist mit einer Vollmacht ausgestattet, die mit dem Weihesakrament gegeben ist. Deshalb kann es nicht angehen, dass gemischt besetzte Gremien und deren Mehrheitsvoten über das künftige Geschick der Kirche bestimmen. Das ist Aufgabe der Bischöfe als sakramental bevollmächtigter Zeugen des Glaubens.“
„Als Bischof mit langjähriger Erfahrung ist mir freilich bewusst, dass die sakramentale Indienstnahme etwas kulturell Widerständiges ist, hier ragt eine Dimension in das Tagesgeschäft herein, die nicht abgeleitet werden kann von den heute gesellschaftlich bestehenden politischen Machtverhältnissen“, führte der Kardinal aus.
Schönborn kritisierte auch den Partner der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) bei der Einrichtung des Synodalen Ausschusses, der in einen Synodalen Rat münden soll, nämlich das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Es sei „daran erinnert, dass die Positionen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken nicht einfach der Ausdruck des Glaubens des Volkes Gottes sind. Papst Franziskus hat immer wieder an die Lehre des Konzils von der Unfehlbarkeit des Volkes Gottes in Glaubenssachen erinnert. Die Frage nach der Bestimmung, was sensus fidei inhaltlich ist, lässt sich nicht univok beantworten, der Glaubenssinn des Volkes Gottes ist demoskopisch nicht erhebbar.“
Nun gelte: „Nach meinem Eindruck ist der Papst, sind die römischen Dikasterien den deutschen Bischöfen äußerst weit entgegengekommen. Es ist deshalb auch umgekehrt von den deutschen Bischöfen ein Entgegenkommen zu erwarten – und die deutschen Bischöfe sollten auch vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken erwarten dürfen, den Bogen nicht zu überspannen.“
Die deutschen Bischöfe kommen am Montagnachmittag zur Frühjahrs-Vollversammlung der DBK in Augsburg zusammen. Es wird erwartet, dass der DBK-Vorsitzende Bischof Georg Bätzing sich um 14:30 Uhr vor Pressevertretern auch zum Schreiben aus dem Vatikan sowie zur Zukunft des Synodalen Ausschusses äußert.