Passau - Donnerstag, 31. Dezember 2020, 11:07 Uhr.
Der Passauer Bischof Stefan Oster SDB hat sich in einer Predigt zum Thema Homosexualität geäußert und auch die Debatte um ein mögliches "drittes Geschlecht" angeschnitten. Oster hielt seine Predigt am vergangenen Sonntag, dem Festtag der Heiligen Familie. Der vollständige Text ist mittlerweile auf der Homepage des Hirten online abrufbar.
Oster sagte, dass das Bild der Heiligen Familie um Jesus, Maria und Josef für viele Menschen in der heutigen Zeit nicht mehr zeitgemäß sei. Sehr viele Familien seien "längst nicht mehr fromm" und das klassische Bild von Mama, Papa, Kind oder Kindern gebe es immer weniger, dafür Patchwork-Familien, Alleinerziehende, Singles sowie schwule und lesbische Paare, mit und ohne Kinder. All dieses andere sei in den Augen der Gesellschaft "inzwischen ebenso normal", so Oster.
Der Bischof führte weiter aus, dass es "eine einflussreiche Gender-Bewegung" gebe, "die uns verstehen lassen will, dass es längst nicht mehr nur Männer und Frauen gibt". Zuletzt habe auch das Verfassungsgericht die Möglichkeit bestätigt, sich im Geburtenregister weder als männlich noch als weiblich, sondern als "divers" eintragen zu lassen.
Auch deswegen gelte das überlieferte Bild einer traditionellen Familie heute vielen als "überholt", konstatierte Oster. Er beklagte, dass Katholiken oft als "fundamentalistisch" oder "reaktionär" bezeichnet würden, wenn sie am "klassischen" Familienbegriff festhalten. Oster wörtlich:
"Viele erfahren, dass sie ins Abseits geraten, wenn sie einfach nur an ihrem katholischen Glauben festhalten wollen – mit dem auch vom Glauben her gewohnten und uns überlieferten Blick auf Familie. Nicht wenige von uns fühlen sich mit diesem Blick inzwischen auch politisch eher heimatlos. Weil sie erleben, wie das, was von ihnen als gewohnt oder normal empfunden wird, inzwischen von solchen politischen Kräften vereinnahmt wird, die andererseits nicht automatisch mit christlicher Menschenfreundlichkeit gegenüber jedem Menschen glänzen. Viele Gläubige fühlen sich dann im Dilemma, weil sie im politischen Diskurs schnell in eine Ecke gestellt werden, in der sie sich selber gar nicht sehen."
Oster: Es gibt kein "drittes Geschlecht"
Es sei eine "ganz einfach einzusehende Tatsache", dass jeder lebende Mensch aus der geschlechtlichen Begegnung zwischen einem Mann und einer Frau hervorgegangen ist, erklärte Oster. Deshalb sei jeder von Grund auf "Teil des Normalen, Teil des Konzeptes: Mama, Papa Kind". Selbst Kinder, die beispielsweise durch künstliche Befruchtung im Labor entstanden, benötigten immer noch zwei Formen von Geschlechtszellen, nämlich Samenzellen, die von einem Mann hervorgebracht werden, und Eizellen, die von einer Frau kommen. Der Bischof wörtlich:
"Soweit ich informiert bin, gibt es damit biologisch nur diese zwei Geschlechter, Männer und Frauen. Und dort, wo es tatsächlich so genannte Intersexualität gibt, dort hat die Natur die Variante eines Menschen hervorgebracht, dem etwas fehlt, nämlich die klare Zugehörigkeit zu einem der beiden Geschlechter. Und damit fehlt so einem Menschen fast immer auch die Fähigkeit sich fortzupflanzen. All das liegt wohl einfach daran, dass auch unsere Schöpfung nicht vorhersehbar fehlerlos wirkt."
So wie jeder Mensch sei auch auch die ganze Schöpfung "nicht mehr ganz heil", weshalb es durchaus immer wieder zu "Abweichungen von normalen Prozessen" kommen könne, "die uns fragend zurücklassen". Es gebe seltene Fälle, in denen Menschen bei der Geburt "keine klare Zuordnung zu einem der beiden Geschlechter" haben. Dennoch sei diese Abweichung kein "eigenes drittes Geschlecht", betonte Oster, "sondern es sind Menschen, denen schlicht diese Zuordnung zu einem der beiden Geschlechter fehlt. Und selbstverständlich bedeutet das keinerlei Beeinträchtigung ihrer Würde als Menschen und ihrer Personrechte."
Transsexualität als "oft leidvoller" Prozess
In seiner Predigt warb der Bischof auch darum, mit Einfühlungsvermögen jenen Menschen zu begegnen, die sich als "Transpersonen" fühlen. Diese Personen sind zwar biologisch klar als männlich oder weiblich aufgewachsen, fühlen sich aber in dieser "geschlechtlichen Identität" falsch. Die Prozesse, die hinter einer solchen Entwicklung und Entscheidung stünden, seien "sehr komplex, sehr individuell, oft auch leidvoll", so Oster, weshalb er nicht vorschnell urteilen wolle:
"Und weil ich nur ganz geringe persönliche Erfahrung mit solchen Menschen habe, kann und will ich hier nicht urteilen. Was ich aber aus der Sicht des Glaubens und der natürlichen Prozesse zu bedenken geben möchte, ist folgendes: Ich habe noch von keinem Fall gehört, dass durch Operation oder Hormontherapien, wirklich eine ganze Umwandlung des Geschlechtes stattgefunden hätte. Also so, dass vormals eine biologisch weibliche Person, die eine Gebärmutter hat und Eizellen produziert hat, nun ein Mann würde, der nun Samenzellen produziert – und umgekehrt. Das heißt, auch eine äußere Angleichung an das neue, gewünschte Geschlecht, etwa durch Operation wird im Grunde immer mit der Schwierigkeit belegt bleiben, dass das nie vollständig gelingen kann. Und dass es daher in einer gewissen Weise auch unvollständig bleiben muss. Was das dann aber für die Ausgangsfrage – Bin ich richtig in meinem Körper? – bleibend bedeutet, das kann ich bestenfalls erahnen."
Bischof Oster: "Ausleben der homosexuellen Neigung ist Sünde"
Menschen, die homosexuell empfinden, haben diese Neigung "normalerweise nicht gewählt", so Oster weiter. Er wiederholte, dass nicht die Neigung selbst, "aber das Ausleben dieser Neigung im sexuellen Akt nicht richtig ist, dass es Sünde ist". Dass das schwer zu verstehen sei, könne er nachempfinden, so der Hirte.
"Ich kenne aber auch Menschen, die obgleich sie homosexuell empfinden, in sich spüren, dass die Kirche mit ihrer Lehre trotzdem recht hat. Sie spüren, dass bei diesem Akt für sie etwas nicht passt. Und sie bemühen sich deshalb um ein Leben in Enthaltsamkeit – und gleichzeitig um die intensive geistliche Verbindung mit Christus." Andere Homosexuelle könnten dies aber teilweise nicht verstehen, manche seien von der Lehre der Kirche deshalb "schlicht überfordert".
Doch Gott habe für jeden Menschen, ob er schwul, lesbisch, trans-, inter- oder einfach heterosexuell sei, "Pläne des Heils und will dessen Heil", unterstrich Oster. Jeder sei "erlösungsbedürftig". Deshalb sei es wichtig, den Menschen, die Probleme mit der Lehre der Kirche haben, dennoch aufmerksam zu begegnen. Oster wörtlich:
"Ich halte sie [die Lehre der Kirche] für wahr und glaube, dass das was ich oben als das Normale benannt habe, dass sich das auch in unserer Schöpfungsordnung eingezeichnet findet, die normale Familie von Mann, Frau und Kind(ern). Aber ich glaube auch, dass wir die Größe und Komplexität der Fragen und Probleme, denen wir heute in unserer Kultur begegnen, schon lange nicht mehr einfach ganz schnell auf die Seite wischen können. Und schon gar nicht können wir auf die Schnelle sagen: 'Sünde, Todsünde – mit dir will ich nichts zu tun haben!' Das wäre zu schnell, zu einfach, zu verletzend. Ich glaube und halte dafür, dass wir in der Begegnung mit Menschen, die über diese Dinge anders denken und anders leben als der Katechismus oder die Bibel sagen, zunächst einmal Hörende sein müssen, Offene, Mitgehende, Annehmende, Menschen, die verstehen wollen – im besten Fall wirklich Liebende."
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Die Wahrheit seit nicht zuerst eine Lehre, betonte Oster, "sondern zuerst eine lebendige, göttliche Person ist, die aus Liebe zu allen Menschen Mensch geworden ist, für sie gestorben ist, vor allem für die Sünder, für uns Sünder". Von den Gläubigen erwarte er deshalb, "so gut es geht allen Menschen Weggefährten zu sein, wenn sie es wollen, was auch immer sie über unsere Lehre denken". Das Evangelium sei schließlich eine Einladung in die "große Gottesfamilie aller Kinder des einen Vaters", erklärte Oster. "Denn die Wahrheit der Kirche siegt letztlich nur als Liebe."
Die komplette Predigt als Video:
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